Man stelle sich vor, gewählte Politiker produzierten nicht bei Sabine Christiansen heiße Luft, sondern sprächen unterhaltsam und verständlich über ihre Arbeit bei Harald Schmidt -ohne Herumalbern aber mit einem Schuss Ironie. Unvorstellbar? Nicht in den USA. Selten habe ich mich so über mich selbst getäuscht wie in Sachen Ipod. Denn eigentlich wollte ich ja nie einen. Einen Walkman hatte ich damals, als alle einen hatten, aber selbst im Schulbus zwischen Senden und Lüdinghausen habe ich lieber mit anderen Leuten geredet als mich per Kopfhörer abgeschottet. OK, manchmal habe ich auch Hausarbeiten nachgeholt. Gelegentlich. Ist halt mal vorgekommen.
Nun aber habe ich seit dem Frühjahr doch einen Ipod. Und der musst auch in Urlaub, inklusive Anschlusskabel für die Stereoanlage. Gefüllt war er nicht nur mit Musik, sondern auch mit Podcasts. Die fand ich vor einem Jahr ja noch gähnend langweilig. Mehr und mehr entdecke ich aber welche, die ich nicht mehr missen möchte. Die meisten allerdings sind in englischer Sprache.
So auch die Aufzeichnung von Bill Mahers TV-Sendung „Real Time“. Bill Maher ist Comedian und Talk-Show-Moderator und einer der seine Meinung so deutlich sagt, dass er dafür auch schon mal abgesetzt wurde. Dass die Sendung, bei der ich ihn das erste Mal sah „Politically Incorrect“ heiß, war eine pure Untertreibung.
„Real Time“ ist eben auch in voller Länge als Podcast zu hören. Was zunächst mal medienwirtschaftlich interessant ist, schließlich läuft die Sendung bei HBO – einem Pay-TV. Noch spannender: die Gäste. Denn bei der Sendung, die ich hörte, sprach Maher mit Benjamin Netanyahu, dem ehemaligen israelischen Premierminister. Und das in einer bemerkenswerten Mischung aus Respekt und Angstlosigkeit, frei von Anbiederung.
Und Maher ist nicht der einzige, der Politiker lockt. Gerade sehe ich bei der Buzzmachine, dass Pakistans Präsident Pervez Musharraf bei Jon Stewarts bitterböser Nachrichtensendung „The Daily Show“ sein wird. Die übrigens gibts bei CNN am Wochenende.
Als ich das gerade las, musste ich an den gestrigen Abend denken. Da war ein glänzend aufgelegter Helmut Schmidt bei Beckmann zu Gast. Und der verstand es geschickt, Tiefe im Gespräch gar nicht erst aufkommen zu lassen, indem er auf platteste Art und Weise versuchte, dem Ex-Kanzler Reiseberichte zu entlocken.
Vielleicht stände es ja besser um das Verhältnis von Bürgern und Politikern, gäbe es TV-Persönlichkeiten, die Politiker so direkt und kompetent befragten wie Bill Maher. Und Politiker, die sich aus ihrem Christiansen-TV-Ghetto heraus wagten.
Kommentare
Thomas Knüwer 26. September 2006 um 14:38
Sehr elegante Art zu sagen: Mann, Knüwer, kennst Du die Seite nicht?
Und ich kannte sie bisher nicht. Und sie ist gut. Danke für den Hinweis!
Phil 27. September 2006 um 9:41
Ich kannte beide nicht, bei YouTube habe ich mir allerdings jetzt die Daily Show angesehen, sie ist göttlich.
Bill Mahers Podcast kann man leider nur über iTunes laden, ich glaube ich muss mir doch noch einen iPod anschaffen, mit einem „normalen“ Mp3 Player hat man ja schlechte Karten momentan.
Sein Interview mit Netanyahu kann man sich aber als Video auf der Seite anschauen und der Talk ist wirklich erfrischend klar. Sowas fehlt in Deutschland, sehr sehr schade.