Dieser Artikel hat sich sozusagen erledigt. Die Organisation des Medientreffpunktes Mitteldeutschland hat nämlich eine fehlerbehaftete Pressemitteilung verschickt, wie Roman Schmelter in den Kommentaren erläutert.
Normale Unternehmen unternehmen nichts, ohne eine Erfolgskontrolle einzuführen. Logisch, sie müssen ja sinnvoll mit ihrem Geld hantieren. Das unterscheidet sie von ARD und MDR. Denn die naive Tappsigkeit, mit der diese mit Geld um sich werfen ist schon bemerkenswert. Beim Medientreffpunkt Mitteldeutschland dilettierten Roman Schmelter, verantwortlich für die Tagesschau-Iphone App, und Georg Maas, Leiter der Hauptabteilung Neue Medien des MDR lustig vor sich hin:
„Zwar werde in seinem Unternehmen schon jetzt eifrig Marktforschung betrieben, aber die Zugriffe zu messen, sei teuer und aufwendig. Keine Rolle spielen diese Überlegungen bei den Öffentlich-Rechlichen, wie Georg Maas betonte. Der Leiter der Hauptabteilung Neue Medien beim MDR bekannte, dass die Zugriffszahlen und der Umfang der Nutzung der vom MDR angebotenen Apps ein „schwarzes Loch“ seien. Auch wenn die Werbeindustrie bei den MDR-Angeboten keine Rolle spielten, sei es schon wichtig, Zahlen über die Nutzung zu bekommen, da man ja nicht „ins Blaue hinein“ produzieren wolle. Über die Zahlen der Tagesschau-App macht sich Schmelter hingegen keine Sorgen. Obwohl keine genauen Zahlen über den Zugriff vorlägen, wisse er allein durch die Downloads der Tagesschau-App, dass sich diese einer großen Beliebtheit erfreue.“
Unglaublich. Erfolgskontrolle ist bei einer App teuer? Ähm… nein? Wenn man sie direkt einbaut nichtmal ansatzweise, das sollte im Preis mit drin sein. Die Tagesschau kennt keine Nutzungszahlen? Gehts noch? Heißt das möglicherweise, dass sie nicht einmal ein Tracking-Tool auf ihrer Homepage einsetzt?
Jedes normale Unternehmen muss Erfolgskontrollen installieren. Das Instrumentarium ist dabei reichhaltig und in Sachen Preis vielfältig. Jedes Unternehmen muss das tun. Nur öffentlich-rechtliche Sende-Anstalten nicht. Die dürfen das Geld der Bürger munter verbrennen ohne sich zur Rechenschaft ziehen zu lassen.
(Gefunden bei Turi2)
Kommentare
Christian 4. Mai 2011 um 7:54
Na ja, aber dass die öffentlich-rechtlichen nicht nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben arbeiten müssen, ist ja an sich nicht neu und bietet – zumindest in Theorie – ja auch die Chance auf eine Berichterstattung unabhängig von finanziellen Interessen.
Insofern finde ich es nicht so dramatisch, wenn entsprechende Zahlen nicht erhoben werden – im Gegenteil: wenn diese Daten in der Tat nicht benötigt werden – eben weil ja keine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit vorliegt – dann sollte man diese Daten auch nicht pro forma erheben nach dem Motto „man kann ja nie wissen“.
Die Begründung ist sicherlich haarsträubend, aber in der Sache sehe ich hier nicht das Problem. Man kann trefflich darüber streiten, ob öffentlich-rechtliche Medien nicht auch eine gewisse Budgetverantwortung an den Tag legen sollten – aber wenn Daten nicht erhoben werden, die man auch nicht braucht, kann ich darin an sich kein Problem entdecken.
Stefan 4. Mai 2011 um 8:15
Hallo Thomas, in deinem Blogeintrag schreibst Du unter anderem:
„Die Tagesschau kennt keine Nutzungszahlen? Gehts noch? Heißt das möglicherweise, dass sie nicht einmal ein Tracking-Tool auf ihrer Homepage einsetzt?“
Warum stellst Du diese Fragen nur Dir selbst und nicht denjenigen, die sie Dir (vielleicht) beantworten würden?
Thomas Knüwer [Mobile] 4. Mai 2011 um 8:18
Keine Sorge – kommt noch.
Nils 4. Mai 2011 um 8:47
Da reicht doch ein Blick in den Quellcode von tagesschau.de, um direkt zu sehen, dass sie eine Tracking-Lösung von Comscore einsetzen. Grundsätzlich gebe ich auch Christian (Kommentar 1) recht, zuviel Statistik kann auch schaden. Ein Unternehmen, was gemäß Auftrag nicht auf eine betriebswirtschaftliche Arbeitsweise angewiesen ist, kann gerne darauf verzichten, wenn es denn dazu führt, dass Inhalte und Themen unabhängig und nach journalistischem Feingefühl ausgewählt werden. Viele kommerzielle Unternehmen berichten doch heute nur noch das, was den meisten Traffic bringt.
Apple, RIM, Ubitexx. — mobilbranche.de 4. Mai 2011 um 9:13
[…] von Apps. Private Medienunternehmen versuchen eher, eine neue Geldquelle aufzutun. presseportal.de, indiskretionehrensache.de […]
Dirk Roebers 4. Mai 2011 um 9:24
Hallo Thomas,
und Du bist ganz sicher, dass Du das auch wirklich möchtest? Bei diesem Umgang mit der Thematik seitens ARD / MDR nenne ich das wahrlich echt tapfer. Schließlich muss man mit dem Schlimmsten rechnen. Mir fallen da spontan eine ganze Reihe an Möglichkeiten ein. :-))
Olli 4. Mai 2011 um 9:30
Ist das nicht ähnlich der Einschaltquotenmessung, die praktisch irrelevant ist, da nur bestimmte Personengruppen in die Messung aufgenommen werden können, oder der der Umfragen, die im Radiobereich gemacht werden, um mögliche Hörergewohnheiten zu erörtern.
Die bedienen sich doch generell Methoden, um möglichst wenig zu zeigen, aber das was gezeigt wird, muss gut aussehen…
Florian Stöhr 4. Mai 2011 um 9:32
Wenn das alles so stimmt bin ich gerade ein wenig sprachlos.
Es geht hier ja nicht nur um betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte, es geht auch um den Schatz zu wissen, was die Nutzer überhaupt wollen. Das zeichnet messbare Webangebote ja gerade im Vergleich zum Fernsehen aus, man wählt Themen nicht nur aus dem Bauch heraus und produziert vielleicht nur für sich, sondern kann sein Gefühl „was interessant ist“ beim Konsumenten verifizieren.
Michael 4. Mai 2011 um 9:42
@Christian: Danke für die zutreffenden Gegenargumente!
@Thomas: Eine solch differenzierte Argumentation hätte ich mir auch im eigentlichen Artikel gewünscht. Stattdessen wimmelt es dort von Phrasen wie „Gehts noch“! Ein derart einseitiges und blindes Bashing der öffentlich-rechtlichen Anstalten erinnert stark an den Chor der Verlage und Privatsender.
tim 4. Mai 2011 um 11:19
Zur Tracking auf tagesschau.de:
Bei mir zeigt Ghostery die Verwendung (bzw. das erfolgte Blocken) von „INFOnline“ an. Ich zitiere mal von deren Internetseite:
„INFOnline ist der Anbieter von Internet Audience Measurement Services in Deutschland. Als Service-Dienstleister von AGOF und IVW stellen wir dem Online-Werbemarkt die Leistungswerte zur Nutzung des Mediums Internet zur Verfügung. Mit den auf dieser Basis ermittelten Web-Reichweiten können Online-Angebote erfolgreich effizient vermarktet werden.“
Also so ganz blind fliegen sie nicht … ;o)
Stefan Bielau 4. Mai 2011 um 11:22
Als Moderator des Panels möchte ich zwei Punkte ergänzen, die im Kontext der Pressemitteilung, das Thema sicherlich etwas ausführlich beleuchten:
– Mobile Analytics: durch den Vertrieb der ARD/MDR-Apps via Apple´s App Store und den Android Market haben beide Vertreter jederzeit Zugriff auf standardisierte und rudimentäre Messzahlen zur Performance. Hierbei handelt es sich um absolute Download-Zahlen, Verteilung der Downloads auf Länder, OS-Versionen bzw. einzelne Handymodelle. Diese sind eine erste Indikation für Performance („Erfolg“). Bei beiden Anstalten werden allerdings darüber hinaus keine weiteren Analytics-Tools eingesetzt, um z.B. Userbindung, -verhalten etc. zu messen. Aus meiner Sicht ist dies eher auf die Unsicherheit bzgl. datenschutzrelevanter Themen in beiden Häusern zurückzuführen, als auf Unwillen oder Kostenargumentation. Die Anbieter solcher Tools sind zahlreich, die Auswahl fällt schwer und teilweise haben Anbieter wie z.B. Flurry in der Vergangenheit in Bezug auf Datensicherheit und -verwendung eher unglückliche Schritte gemacht. Insofern gibt es wohl eher Unerfahrenheit bei ARD/MDR in Bezug auf „welches System stimmt mit dem eigenen Anspruch an höchstmöglichen Datenschutz und den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags überein?“. Hier könnten aus meiner Sicht die Entwickler (ARD lässt z.B. von Cellular entwickeln) Vorreiter sein und Empfehlungen aussprechen.
– Bei beiden Vertretern war deutlich zu spüren, dass in der Weiterentwicklung der Apps (Tagesschau-App erhält neuen Content, die des MDR aggregiert künftig die einzelnen Apps unter einer) sehr stark User-Feedback via Email und Kommentierung in der App Stores, die Auswertung von Fokus-Gruppen und der persönliche Anspruch von Roman Schmelter und Georg Maas, eine am User orientierte App zur Verfügung zu stellen, eingeflossen sind.
Roman Schmelter 4. Mai 2011 um 12:42
Lieber Herr Knüwer,
es freut mich, dass Sie die Pressemitteilung zur gestrigen Podiumsdiskussion gelesen haben.
Bedauerlicherweise ist diese Pressemitteilung nicht korrekt und wurde bereits korrigiert.
Denn es ist falsch, dass wir die Zugriffszahlen über die App nicht messen können. Selbstverständlich können wir das und ich habe gestern auch erläutert, wie wir dies machen. Die Zugriffe über die App dürfen nicht einfach zu den IVW geprüften PIs von tagesschau.de drauf gerechnet werden. Deswegen hat unsere Medienforschung ein Tool erstellt, dass die Zugriffe erfasst.
Es tut mir leid, dass Sie hier einem journalistischen Fehler aufgesessen sind. Sollten Sie weitere Fragen zur Tagesschau App haben. mailen Sie mir einfach.
Mit freundlichen Grüßen
Roman Schmelter
GEZ-Zahler 4. Mai 2011 um 12:46
Das mit der Datenschutzkeule wollte ich auch schreiben. Praktisch alles ist verboten wenn man nicht viel Geld für Juristen zur Klärung offener Rechtsfragen auf dem Gerichtswege übrig hat und User-Tracking ist ein Minenfeld.
Bei heise die rss-Links enthalten ‚…/from-atom10‘ ‚from-atom25‘ u.ä. Hinweise. Sowas ginge in den Apps natürlich schon durch Anhängen von z.b. „?iphone“ am Iphone oder „?ipad-reload“ wenn man es auf einem ipad1 oder ipad2 nochmal dieselbe Meldung anschaut die man vor 10 Minuten schon angeschaut hatte. Das Apps cachen sollten um die Tapeflat nicht aufzufressen, sollte klar sein. Freiwillig kann man sich in der App auch eine ID würfeln lassen die man jederzeit abschalten bzw. neu würfeln lassen kann. Dann erkennt man nicht einzelne aber typische Kundengruppen wie Landes-Politik, Regionales Wetter und Lokalnachrichten, Promi-Meldungen, Verkaufs-Offene Sonntage, Bundespolitik, Urlauber+Reisende die was unternehmen wollen usw.
Eigentlich sollten alle GEZ-Projekte als Open-Source entwickelt werden, damit nicht jede Landesanstalt extra bezahlen muss. BBC macht es vor. Neues Geld sollte dann in Weiterentwicklungen oder Anpassungen bzw. Schulungen fliessen. Davon sollten ruhig auch die Privat-Radios und kleinen Privat-TV-Sender profitieren dürfen.
Das Leute keine Lust haben, für jedes Zeitschriften-Abo und jeden Sender eine eigene App zu lernen, ist vielen Verantwortlichen auch egal. Interoperabilität und Standards wären wichtiger. Werbung kann man in den Videos immer noch einbauen. Echte Journalisten schreiben auch Sendungstitel+Urheber+Datum+ReferenzNr. usw. an den Anfang+Ende von Video-Berichten. Da wird auch noch Platz für ein Senderlogo als proper credit übrig sein.
Die “schwarze Loch”-Apps des MDR — CARTA 4. Mai 2011 um 16:07
[…] Mehr hier. […]
Thomas Knüwer 4. Mai 2011 um 16:52
@Roman Schmelter: Danke für den Hinweis. Ich habe es oben eingebaut.
Stefan 4. Mai 2011 um 17:18
Lieber thomas, genau aus diesem grund empfiehlt es sich, die direkt betroffenen VOR der veröffentlichung anzufragen. Aber dann hätte es mit dem ard-bashing natürlich nicht geklappt. Ich find es schade, dass dein ör-gemecker immer so holzhammermäßig daher kommt. Dabei gäbe es genügend anlass zu konstruktiver kritik.
Robin 4. Mai 2011 um 17:25
Wieso hat sich der Text erledigt – das Thema Georg Maas / „schwarzes Loch“ bleibt doch, oder habe ich da etwas nicht verstanden?
Thomas Knüwer 4. Mai 2011 um 17:36
@Stefan: Es handelte sich hier um die offizielle Pressemitteilung des Veranstalters. Wenn Du in diesem Fall unbedingt nachrecherchieren möchtest, bitte. Aber dann würde das in der Tiefe bedeuten, Du musst in die Buchführung eines Unternehmens gucken um der Pressemitteilung über Bilanzzahlen zu glauben.