Auf eines kann die deutsche Medienwelt sicher wetten: Versucht ein US-Sender hier zu Lande Fuß zu fassen – landet er elegant wie ein Otti Fischer vom 10-Meter-Brett auf dem Bauch. Das hält NBC nicht davon ab, es nochmal zu versuchen.
Es gab mal eine Zeit, da ich jeden Wochentag am Abend NBC eingeschaltet habe. Giga gabs damals noch nicht und NBC bescherte den deutschen Kabel-TV-Empfängern noch bevor ihre Debilität mit Shopping- und Spielkanälen zu neuen Höhen gezüchtet wurde, Billigfilme und TV-Prediger. Aber eben auch die Latenight-Shows von Jay Leno und Conan O’Brian – unsynchronisiert.
Doch billig funktioniert eben, ganz billig nicht und deshalb begrub NBC seine internationalen Pläne und übertrug seinen Kabelplatz an Giga, jenes Garagen-Internet-Fernsehen, das zwar nicht hoch qualitativ aber irgendwie sympathisch ist.
Das aber läuft wohl doch nicht mehr so toll. Und NBC ist von einem typisch amerikanischen Management-Virus geplagt: Niederlagen werden nach zwei Jahren aus dem Gedächtnis getilgt. Und so meldet heute der Mediendienst „Kress“ (im geschlossenen Bereich:
„NBC Universal startet am 29. September in Deutschland den ersten Free-TV-Sender außerhalb der USA. Bei Erfolg könnte der Sender mit Sitz in München Vorbild für andere Länder sein. Er ersetzt das bisherige NBC Giga und konzentriert sich auf US-Spielfilme und Serien wie „Magnum“ und „Quincy“. Die kommen zunächst nur aus dem eigenen Haus, später will NBC aber auch von anderen Studios zukaufen. Auch Eigenproduktionen sind geplant… NBC Giga wird auf ein Fenster am Nachmittag zurückgestutzt. Details über das Programm und den Namen des Senders will NBC auf einer Pressekonferenz am 11. August in Hamburg verkünden.“
Einerseits würde ich ja darauf tippen, dass auch dieses Projekt mit Volldampf an der Wand landet. Denn bisher hat kein US-TV-Manager begriffen, was deutsche Zuschauer wollen. Disney und ABC probierten es gemeinsam mit RTL, Haim Saban hat Pro Sieben auch nicht gerade gut getan… Immer wieder übersehen sie, dass durch die Öffentlich-Rechtlichen Sender und den freien Zugang zu Programmen eine andere Basis vorhanden ist als in den USA: Dort müssen von Kabelgesellschaften oder Satellitenanbietern erstmal Senderpakete abonniert werden. Und in Sachen Werbeunterbrechung sind die Amerikaner halt trainierter als die Germanen.
Andererseits – ich sehe eine Marktlücke: Serien und Filme im Original. In meinem Bekanntenkreis steigt die Zahl derjenigen, die Filme lieber unsynchronisiert sehen. Auch Premiere bietet seit Monaten Neueinkäufe mit mehreren Sprachvarianten an. Auch bei Medienrauschen gab es kürzlich eine Diskussion darüber, wie US-Sender in Deutschland zu empfangen sind. Ergebnis: gar nicht.
Vielleicht hat NBC diese Lücke ja entdeckt…
Kommentare
manuel 20. Juli 2005 um 10:41
oh ja – unsyncronisiertes us-tv wäre sehr schön! bei den übersetzungen und synchronisationen ins deutsche geht bei vielen serien und vor allen filmen einiges verlohren! das aber merkt man wirklich erst, wenn man das deutsche und das englische original gesehen hat… eine alternative zum us-tv wäre evtl. noch uk-tv – was aber in deutschland sehr schwer und nur teuer zu bekommen ist (man braucht dafür nämlich eine rechnungsadresse in uk)…
Heiko Hebig 20. Juli 2005 um 11:46
Die Vertriebspraxis der Rechteinhaber, Senderechte für Länder bzw. Sprachregionen zu vertreiben, steht leider dem Wunsch der Konsumenten, Original-TV unsynchronisiert zu sehen, im Wege.