Skip to main content

Es wird Zeit. Greifen wir zu den Waffen. Richten wir sie gegen die Schmarotzer des Internet. Hubert Burda hat es schon richtig geschrieben in jenem Beitrag für die „FAZ“:

„…wer die Leistung anderer kommerziell nutzt, muss dafür bezahlen. Dieses ökonomische Grundprinzip muss auch im digitalen Zeitalter mit seiner „Link-Ökonomie“ gelten. Sonst sehen wir der schleichenden Enteignung der Inhalte-Produzenten tatenlos zu.“

Und nun ist da wieder so eine Web-Zecke. Einer, der wie Google News, ohne zu fragen einfach Teile von Artikeln veröffentlicht. Es ist ein Google News für Wirtschafts- und Börsennachrichten – und seit heute online. Verklagt sie, teert sie, federt sie, und dann treibt sie durch Digitalien! Kappt ihre Internet-Verbindungen und werft sie ins Gefängnis, die Macher von Finanzen 100. Und dann fangen wir erst richtig an.

Finanzen100 sammelt Schlagzeilen und Artikelauszüge quer durch das Internet, auch Handelsblatt.com ist dabei – gefragt wurde die Online-Redaktion aber nicht. Und daneben: Anzeigen. Finanzen100 platziert Anzeigen neben das Werk anderer Autoren – im Gegensatz zu Google News.

Also: nieder mit Finanzen 100 – so wie es Hubert Burda gefällt.

Oh.

Ja, Finanzen100 ist „Partner“ von „Focus“. Oder genauer: Es ist eine Entwicklung aus dem Hause Burda.

Und eigentlich ist sie genau der richtige Weg. Ein Nachrichtenaggregator der, wenn er gut programmiert ist, den Stand der Wirtschaftswelt sauber und strukturiert abbilden kann.

Finanzen100 ist ein gutes Angebot, sicher noch ausbaufähig, aber mit großem Potenzial.

Nur: Sieht Hubert Burda das auch so? Wusste er von Finanzen100, als er seinen „FAZ“-Beitrag geschrieben hat? Ist die dort geäußerte Haltung somit Geschichte?

Wir dürfen es annehmen. Denn wenn Burda das nächste mal fordert, Google müsse Geld an die Verlage zahlen, braucht es kein Medizinstudium, um die Diagnose zu stellen. Sie lautet: Persönlichkeitsspaltung.

Nachtrag vom 4.9.: Burda will die Lieferanten der Links an den Einnahmen von News.de beteiligen, später soll das auch für Finanzen100 gelten, schreibt Holger Schmidt von der „FAZ“. Klingt toll. Allerdings sind die Details so gestaltet, dass eine faktische Auszahlung wohl eher theoretischer Natur sein dürfte:
– 20 Prozent der Werbeerlöse gehen an die Originalquellen.
– Erlöse bedeutet: Netto-Netto, also ohne Kundenrabatt und Vermarkterprovision (die dürfte oft an Burda gehen).
– Tauchen mehrere Links auf einer Seite auf, werden die 20 Prozent geteilt.
– Wer seinen gesamten Text freigibt, erhält 50 Prozent.
– Erst ab 500 Euro wird ausgezahlt.

Bis da etwas ausgezahlt wird, dürften Jahre vergehen.


Kommentare


bittner 3. September 2009 um 9:42

\“Wusste er von Finanzen100?\“

Burda weiß, wie viele andere, von nachrichten.de Und wartet sicher – wir wir alle – mit brennender Ungeduld darauf. Ich spekuliere nun mal und vermute, dass finanzen100 so ein Prä-Spin-off sein könnte.

Antworten

lars 3. September 2009 um 9:53

Schizophrenie und \“Geschäftsinn\“ (oder wie auch immer man das nennen mag…).

Antworten

Thomas Koch 3. September 2009 um 9:56

Schön vorgeführt… Weiter so!

Antworten

Richard Gutjahr 3. September 2009 um 10:16

Respekt. Kurz und auf den Punkt. Touché.

Antworten

Richard Gutjahr 3. September 2009 um 10:17

…und zwar den wunden Punkt!

Antworten

OlafKolbrueck 3. September 2009 um 10:23

Nun ja, bei Nachrichten.de soll es ja laut Wegner einen Fair Share für die indizierten Verlagssites geben. Vielleicht ringt sich Burda ja auch bei finanzen100 dazu durch, die lausigen Pennies zu teilen.

Antworten

Thorsten 3. September 2009 um 10:27

Solange Herr Burda damit kein Geld verdient, ist er doch auf der sicheren Seite. Sonst wäre es ja auch Enteignung! 😉

Antworten

elv 3. September 2009 um 10:46

Bei meiner Recherce zum Thema \“Digitalisierung des Journalismus\“ stolperte ich öfter über Mr. Burda und regte mich auf und nun das. Na lecker!

Antworten

Marc Behrends 3. September 2009 um 11:08

Schizophrenie ist eine schwere phychische Erkrankung und hat völlig andere Symptome als das was Sie hier sehr richtig bei Hubert Burda erkennen. Bitte ändern Sie den Artikel: das Wort, das sie brauchen, heißt Heuchelei.

Antworten

Thomas Knüwer 3. September 2009 um 11:20

@Marc Behrends: Sie haben vollkommen recht – danke für den Hinweis.

Antworten

Peter Schwierz 3. September 2009 um 11:45

Burda plant offenbar auch einen Fair Share für Finanzen100. Infos sollen heute folgen. Man fragt sich freilich: Wieso erst heute?

Antworten

Hendric 3. September 2009 um 12:18

Das Beta Logo und der Web2.0-Button zeigen mir: Mensch, die Webseite gibt es ja schon seit 2006… Bin schwer beeindruckt… oder auch nicht.

Antworten

Michael Schwarz 3. September 2009 um 12:54

Zu \“gut programmiert\“ hätte ich da mal was: http://bit.ly/1v8MFk

Wer andere über Finanzen informieren will, sollte besonders auf die Sicherheit seiner Website achten.

Antworten

Holger Schmidt 3. September 2009 um 13:19

Kurz zur Versachlichung der Diskussion: Das Revenue-Sharing-Modell von Burda, das zunächst auf Nachrichten.de getestet wird und dann auf Finanzen100 übertragen werden soll, sieht vor, dass die Verleger 20 Prozent der Werbeerlöse bekommen, wenn nur der Teaser gezeigt wird, und 50 Prozent, wenn der Volltext gezeigt wird.

Antworten

Thomas Knüwer 3. September 2009 um 13:20

Das ist nur eine halbe Versachlichung. Denn gefragt wurde vorher anscheinend ja nicht.

Antworten

Rolf Lührs 3. September 2009 um 13:20

Zu schnell geschossen?:

RT @HolgerSchmidt #Burda beteiligt Verlage an Werbeerlösen auf Nachrichten.de und Finanzen100: 20 % bei Snippets, 50 % bei Volltext

Antworten

Dirk Becker 3. September 2009 um 13:55

Die richtige Diagnose wäre glaube ich \“Kognitive Dissonanz\“ und kommt eigentlich aus der Soziologie.

Und wenn ich damit zum Besserwisser des Tages geworden bin, nehme ich das billigend in Kauf. Deine Analyse ist aber zutreffend und in der Tat einigermaßen schizoid.

Antworten

Hubsi 3. September 2009 um 13:56

Aus den AGB von Finanzen100: \“Soweit die Inhalte auf dieser Seite nicht vom Betreiber erstellt wurden, werden die Urheberrechte Dritter beachtet. Insbesondere werden Inhalte und Rechte Dritter als solche gekennzeichnet.\“

Heißt das nicht, dass Google News somit anerkannt wird? Denn Finanzen100 fragt ja nicht, ob sie die Sachen verwenden dürfen und zahlt momentan nüscht.

Antworten

rml@berlin-institute.de 3. September 2009 um 14:31

Mit Nachtrichten.de will Burda nun plötzlich Umsatzbeteiligungen ausschützen: Eine Als GoogleNews-Glamnetzwerk.

http://carta.info/carta/wp-content/uploads/2009/09/nachrichten_aufmacher.jpg

Antworten

buchleser 3. September 2009 um 14:34

Es soll in dem Haus ja auch mal Journalisten gegeben haben, die lesenswerte Inhalte erstellten, damit Leser anlockten und Werbekunden. Das rein technische zusammendübeln fremder Inhalte mag auf den ersten Blick billiger sein, doch das können hunderte andere besser (und noch billiger).

Antworten

@pressearbeit 3. September 2009 um 16:04

Es kommt aus der Sozialpsychologie von Festinger (der mit der Attributionstheorie) und hier in diesem Fall heißt es Forced Compliance Paradigma (ich erkläre etwas was ich nicht mag anderen als etwas Tolles, wenn in besonders viel Geld damit verdiene)

In diesem Fall aber heißt die pathologische Kommunikationsform double bind und meint einfach ein Kommunikation mit zwei sich widersprechenden Botschaften. Man erzeugt auf diese Weise Schizophrenie. Man lähmt sein Gegenüber durch die ständige Wiederholung paradoxer Botschaften. Ganz schlimme Auswirkungen haben Menschen mit solch pathologischen Kommunikationsmustern, wenn sie Untergeben oder gar Kinder haben. Die werden schnell ernsthaft krank und müssen in psychatrische oder zumindest psychologische Behandlung

Antworten

Torsten 3. September 2009 um 17:15

Thomas Knüwer: Mal ganz unverblümt gefragt: Hast Du wen gefragt, ob er gefragt wurde? Wenn Burda Geld ausschütten will, müssen ja Zahlungswege etabliert werden.

Antworten

Thomas Knüwer 3. September 2009 um 17:53

Auskunft unseres Online-Chefredakteurs: \“Bei uns hat keiner gefragt.\“

Antworten

bittner 3. September 2009 um 18:14

@buchleser … bleib mal lieber bei deinen Büchern. Wenn das so weiter geht mit dieser automatischen AggreGier, lesen sich die nachrichten im Internet am Ende ohnehin nur noch selbst.

Antworten

Theo Erdmann 4. September 2009 um 9:49

wo bleibt der Qualitätsjournalismus von meinem Handelsblatt? Wie kann man einen Artikel zu Finanzen100 schreiben, ohne mit einem einzigen Wort das Sharing-Modell auch nur zu erwähnen?
Zu diesem Modell hätte mich die Meinung viel mehr interessiert.

Antworten

Thomas Knüwer 4. September 2009 um 16:33

Nun, vielleicht, weil das Sharing Modell erst nach Schreiben des Artikels bekannt gemacht wurde und aktuell nicht mehr ist, als eine Ankündigung?

Antworten

Martin 4. September 2009 um 20:20

Solange (alte) Leute wie Burda ihre analogen Vorstellungen von Medienwelt \“retten\“ wollen, wird es zwsichen Content-Anbietern und -Abnehmern zu keinem befreidigendem Ausgleich kommen. Das Problem ist, dass klassische Verlagshäuser ihr online-Angebot subventionieren, obwohl es doch bald umgekehrt sein sollte.

Antworten

Frank Hamm 5. September 2009 um 17:54

Also bitte mal halblang! Dass Burda sich selbst widerlegt ist nach meinem Empfinden überhaupt nichts Neues.

Bereits vor fast zwei Monaten, am 7. Juli, schrieb Holger Schmidt über \“Tinker.com: Online-Werbung in Echtzeit\“.

Tinker bündele Twitter-Mitteilungen oder öffentliche Statusmeldungen aus anderen sozialen Netzwerken wie Facebook zu einem Thema und verkaufe die passende Werbung dazu. Aha, Werbung mit den Inhalten von anderen und damit Geld verdienen. Von wem ist Tinker? Glam. Eben jenem Glam, an dem nach Schmidt Burda beteiligt ist.

Ich empfinde daher die Hamburger Erklärung als Verlogenheit einer Branche: http://www.injelea.de/plog/blog.php/injelea/2009/07/10/hamburger-erklaerung-ueber-die-verlogenheit-einer-branche

Antworten

Constanze 8. September 2009 um 11:49

Ob nun Schizophrenie, kognitive Dissonanz oder was auch immer – der Burda-Verlag bedient sich wohl ganz gerne mal bei Webinhalten, ist ja alles umsonst! Bin gerade über diese Geschichte gestolpert, da war die Stil-in-Berlin-Bloggerin die Leidtragende, der Ausgang ist offen:

http://pudri.blogspot.com/2009/09/internet-is-for-free.html

Antworten

Du hast eine Frage oder eine Meinung zum Artikel? Teile sie mit uns!

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*
*