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Mit den Olympischen Spielen ist es bei mir immer gleich. Am Anfang scheinen sie gar nicht so interessant, die ersten Tage zappe ich mal rein, nur mäßig begeistert. Irgendwann aber schleichen sie sich in den Kopf, ich stehe früher auf, um Sportarten zu beobachten, die mir sonst so egal sind wie umfallende Reissäcke in China. Gerade habe ich Wasserball geschaut, nun freue ich mich auf das Tischtennis-Finale.

Und je mehr ich schaue, desto mehr fallen mir einige Dinge in Sachen Berichterstattung auf. Kleine Dinge, die doch irgendwie symbolhaft sind, für das Fernsehen und das Internet in diesen Tagen. Früher war ja angeblich alles besser. Sagen manche. In Sachen Olympia-Übertragungen stimmt das aber nicht in Sachen Bilder. Heute gibt es spektakuläre Optiken und das – für die Besitzer von Digital-Dekodern oder ähnlichem Gerät – auf bis zu drei Kanälen und in exzellenter Bildschärfe.

An Schärfe verloren haben dagegen die Kommentatoren. Zwar portraitiert Spiegel Online heute sehr sympathisch ein paar Randsport-Berichterstatter. Doch sind die ganz kleinen Sportarten nicht das Problem, da gibt es in den Redaktionen Afficionados, die sich in die Themen reinschaffen.

Ein Problem sind die im deutschen Maßstab mittelgroßen Sportarten: Leichtathletik, geht noch so. Basketball nicht. Ebenso Volleyball. Tischtennis. All diese Disziplinen sind in Deutschland nicht klein, aber sie tauchen im Fernsehen einfach nicht großartig auf – und entsprechend fehlen ARD und ZDF inzwischen die Fachleute.

Die Menschen vor den Mikros ordnen nicht mehr ein, analysieren nicht mehr, sie schildern, was sie sehen. Und das sieht der Zuschauer auch. Somit ist ihre Funktion nur noch das Erschaffen einer pseudoemotionalen Stimmung, bei dramatischen Momenten brüllen sie, bei spannenden senkt sich ihre Stimme. Meist hört man, dass sie es nicht ernst meinen. Reporter sind die Loungemusik der Olympia-Übertragungen.

Da passt es wohl, welche Nachrichten der ZDF Infokanal für seine Standbild-News auswählt. Gestern, am Sonntag, gab es die Meldung, dass Boris Becker und seine Sandy sich verlobt haben. Allein schon, dass diese Nicht-Nachricht es zu einem Ableger von „Heute“ schafft, ist ja schon bemerkenswert. Unterlegt wurde sie aber mit einem Paparazzi-Foto, das Becker und Sandy Meyer-Wölden im Auto zeigte, er glich einem bleichen Zombie, sie sah aus wie 52. Ein Paparazzi-Foto bei „Heute“? Erstaunlich.

Und noch eine Kleinigkeit, die gar nicht zu den anderen Dingen hier passt. Auf der ZDF-Olympia-Homepage gibt es die Rubrik „interaktiv“. Dahinter verbirgt sich der Link zu den Live-Streaming-Kanälen. Für das ZDF ist die Auswahl eines Sendeprogramms bereits Interaktivität. Jeder hat halt seine eigenen Maßstäbe.


Kommentare


T. Koch 18. August 2008 um 10:50

Man kann natürlich auch Eurosport gucken, da sitzen immer Fachleute aus den Sportverbänden oder ehemalige Spitzenleute in den jeweiligen Sportarten als Co-Kommentatoren dabei. Auch unterhaltsamer. Und man kann oft wirklich interaktiv Mails mit Fragen an die beiden senden, die dann zum Teil soger während der Sendung beantwortet werden.

Zehn mal besser als ARD und ZDF…

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Tim 18. August 2008 um 11:47

Ehemalige Spitzenleute kann man auch oft genug den Ton abdrehen. Wenn Schwimmfranzi auftaucht, schalte ich ab. Die beste Frage: Was war denn beim zweiten Sieg von Britta Steffen anders? – es waren nur 50m wäre die beste Anwort gewesen, aber stattdessen zum x. Mal irgendwas mit \“konnte befreit aufschwimmen\“, was immer ich mir darunter vorzustellen habe. Grauselig. Wobei das journalistisch nicht sauber ist. van Almsick und Steffen sind sportlich/beruflich eng verbunden, Franzi als TV-Expertin ist da nicht besser als Netzer & Co., deren Interessen nie offen gelegt werden, sondern es wird dem Zuschauer weisgemacht, hier ist ein unabhängiger Experte am Mikrophon. Ist ein zweischneidiges Schwert, das mit den ehemaligen Spitzenleuten.

Was mir aufgefallen ist: Diese emotionale Moderation finde ich in Peking extrem. War das immer so? Man kann den Fernseher nicht mal leise im Hintergrundlaufen lassen, weil die pseudoemotionale Stimmung einfach nur nervt.

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Lukas 18. August 2008 um 14:17

Ich hab nichts gegen emotionale Kommentatoren. Es war glaub ich beim Fechten, als der Reporter beim Gewinn einer Goldmedaille so brüllte, dass über twitter einige Nachrichten einginge, er solle doch die Klappe halten.

Ich finde das gut, Sport ist emotional. Ätzend wird es nur, wenn das ganze zu einem Hurra-Deutschland-Gebrüll verkommt.

Den tollsten Kommentar gibt\’s übrigens immer beim Dressurreiten. Das hat schon fast was von autogenem Training.

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T. Koch 18. August 2008 um 14:33

\“nun freue ich mich auf das Tischtennis-Finale. \“

Wo kann ich das denn, außer im Handelsblatt Liveticker verfolgen? Weder ZDF noch Eurosport berichtet… buh!

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Rainersacht 18. August 2008 um 14:58

Unter Journalisten ist es ja eine Binsenweisheit, dass Spochrepochter dumm und faul sind – andernfalls hätten sie ja was Richtiges gelernt.

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madcynic 18. August 2008 um 15:20

Im Handball scheint es zumindest ähnlich zu sein, zwar hat die ARD da einen recht talentierten Kommentator, aber bei der Niederlage der Damen gegen Ungarn hieß es als Fazit \“Ist das ungerecht!!!\“. (Das war aber nicht der talentierte Mensch, von dem ich grad schrieb.)
Eine Aussage, die man meiner Ansicht nach so nicht treffen darf. Sie sollte, wenn man schon der Meinung ist, allerhöchstens in Zusammenhang mit einer Begründung fallen.
Aber generell muss ich schon sagen, dass die Qualität des Kommentars auf Eurosport wesentlich höher ist als bei den ÖR.

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Sascha Stoltenow 18. August 2008 um 17:29

Was mich am meisten nervt sind die Hinweise auf Anrufgewinnspielchen. Nicht, dass ich dran teilnähme, aber meine Gebühren zahle ich nicht, damit die Sender im Verbund mit der Telekom das Prekariat weiter ausplündern. Wir sind doch nicht bei RTL

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Erik 18. August 2008 um 18:07

ja die lieben Anrufspielchen.Vieleicht sollte man dies als olympische Disziplin aufnehmen. Somit könnten sich die öffentlich- rechtlichen richtig sanieren und sich mit der telekom verbrüdern. Oh du schönes Deutschland!!!

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M.G. 18. August 2008 um 22:59

***Hier stand ein rein beleidigender Kommentar ohne Argument.***

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Christian 18. August 2008 um 23:28

Also die Bloggs zu Olympia sind spannend.

Der Beste ist wirklich der von Herrn Weinreich.

Einfach mal anlesen: http://jensweinreich.de/

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