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Ich bin verwirrt. Entgeistert. Hab ich eine Vision? Spinne ich? Anscheinend hat die gesamtdeutsche Medienwelt das neue Logo der Bundesagentur für Arbeit – sagen wir’s direkt – verpennt.

Freitag, 16.12 Uhr. Und es scheint, als sei eine elegante Presse-Verhinderungskampagne von Erfolg gekrönt. Die der Bundesagentur für Arbeit nämlich. Denn nirgends, aber auch wirklich nirgends, wird außerhalb des Handelsblatts über das neue Logo der BA berichtet. Nicht in der „FAZ“, nicht in der „Süddeutschen“, nicht in der „Welt“. Im Fernsehen? Auch nichts. Online? Nur in Weblogs. Nicht einmal die „Bild“ verwertet diese Vorlage für die Schlagzeile: „Dieses Logo kostet 100.000 Ein-Euro-Jobs“.

OK, vielleicht interessiert das Thema einfach niemand. Aber so ganz mag ich nicht daran glauben, angesichts der Rekordklicks auf meinen Eintrag von gestern und die gewaltige Menge von Kommentaren (dafür vielen Dank!).

Übrigens: Die Recherche ist kein investigatives Ruhmesblatt. Es scheint vielmehr, die Bundesagentur hat sehr geschickt auf die Faulheit von Journalisten gesetzt – und leider gewonnen.

Hier also für alle Berufskommunikatoren unter den Lesern ein Leitfaden, wie man zwar pflichtschuldigst zur Berichterstattung einlädt – diese aber so weit wie möglich verhindert:

1. Wenn Du weißt, dass Du bei einem Thema Prügel beziehen wirst, halte es so lang wie möglich geheim.

2. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass doch jemand drauf kommt. Zum Beispiel das Marketing-Fachblatt „Absatzwirtschaft“, das als erster vom neuen Logo und den optischen Renovierungen bei der BA berichtete. Dann wähle Dir einen exklusiven Gesprächspartner, der keine allzu kritische Fragen stellt – weil er froh ist, dieses Interview zu bekommen. Zum Beispiel die DPA, auf deren Couch sich BA-Chef Weise ausweinen durfte. .

3. Trotzdem werden sich die üblichen Verdächtigen melden um auf Dich einzuschlagen. Ignorierere sie. Erst recht, wenn es um Marketing geht. Politiker haben keine Ahnung von Marketing. sonst gäbe es mehr Wahlplakate oberhalb der Peinlichkeitsgrenze.

4. Setze eine Pressekonferenz an. Wähle aber den Termin und Ort mit Bedacht. Sehr geeignet ist zum Beispiel der Mittwoch vor einem bundesweiten Feiertag an einem verkehrstechnisch aus Hamburg/Berlin/München/Düsseldorf/Frankfurt schwer erreichbaren Ort. Sagen wir mal… Halle an der Saale. Der Ort muss so weit von den Redaktionsstandorten entfernt sein, dass der Besuch der Pressekonferenz private Abendtermine oder Familienkurzurlaube garantiert verhagelt.

5. Lasse bloß kein hochrangiges Mitglied der Geschäftsführung anreisen. Je länger und langweiliger die Titel der angebotenen Gesprächspartner, desto besser.

6. Schreibe eine Pressemitteilung, die so lang und langweilig ist, wie die Titel der angereisten Unternehmensvertreter. Erwähne den möglichen Streitpunkt nur nebenbei. Geht es zum Beispiel um ein neues Logo, könnte die einzige Erwähnung desselben lauten:
„Für Carsten Heller, Leiter Marketing und Interne Kommunikation bei der BA, reduziert sich die überarbeitete Gestaltung daher nicht nur auf die Modernisierung des Logos…“

7. Ist der Streitpunkt optisch darstellbar, halte ihn zurück. Biete ihn nicht zum herunterladen auf der Homepage an. Verstecke ihn grau auf weiß im Word-Dokument der Pressemitteilung. Und wage ja keinen Relaunch Deiner Internet-Seite.

7. Ruft ein Journalist an, verbinde ihn mehrmals weiter und kündige dann einen Rückruf an.

8. Sollte der Journalist, weil er zwei Stunden später noch immer nichts gehört hat, auch noch bei Deiner Außenstelle anrufen, vertröste ihn weiter. Jetzt aber melde Dich aus der Zentrale und schick ihm das Logo – Du willst ja nicht unkooperativ erscheinen. Es ist dann ohnehin schon Nachmittag.

9. Lass dann die Pressesprecherin der Außenstelle anrufen und auf seine Mailbox sprechen: Er hätte ja jetzt alles, habe sie aus der Zentrale gehört. Damit gibst Du ihm das Gefühl, dass er nicht den vorgegebenen Weg verlassen kann, ohne aufzufallen. Big BA ist watching you.

10. Auf eines musst Du Dich einrichten: Wenn Weblogs das Thema aufgreifen, macht es im Internet die Runde. Nicht schön.

11. Und die „Bild“, die kannst Du auch nicht verhindern. Denen ist egal, wann sie ein Thema machen. Kauf schon mal Beruhigungstee. Für die Schlagzeile: „Dieses A kostet 100.000 Ein-Euro-Jobs“.

Mein Tipp: Die kommt spätestens Montag.