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Imaginieren wir mal diese Situation: Sie, liebe Lesenden, gehen in ein Restaurant, es muss nicht mal ein teures sein. Sie werden vom Service angenehm behandelt, man serviert Ihnen das gewünschte Essen, es mundet wunderbar.

Beim Bezahlen berichtet der Patron des Hauses dann von eine wunderbaren Erkenntnis: Jenes Essen, das sei gar nicht im Haus gekocht worden. Es handelt sich um ein Fertiggericht von einem gut beleumundeten Hersteller. Und seit dieses Restaurant auf solche Fertiggerichte setze, seien die Abläufe effizienter, das Essen komme schneller zum Gast, das Küchenteam sei weniger gestresst und die Marge höher.

Wie würden Sie reagieren? Würden Sie dieses Restaurant noch einmal besuchen?

Mein Tipp: eher nicht.

Aus Sicht des Gastronomen ist der Einsatz von Fertigware vollkommen nachvollziehbar, er muss wirtschaften und das Ziel seines Unternehmens ist die Gewinnerzielung. Hätte er nicht am Ende des Abends von der Umstellung berichtet, Sie wären zufrieden nach Hause gegangen und vielleicht wiedergekommen.

Aber so?

Tatsächlich arbeitet eine signifikante Zahl von Gastronomen mit solchen Produkten, Convenience- oder High Convenince nennt man sie – mehr dazu gibt es beim NDR.

Allerdings erzählen die Gastronominnen und Gastronomen nicht davon und das unterscheidet sie von Medienkonzernen.

Die rühmen sich öffentlich ihrer Experimente mit Künstlicher Intelligenz, zuvorderst Generativer KI.

  • Der „Spiegel“ sieht sich als „Vorreiter“.
  • Burda rühmt sich ein System namens Aissist, pardon, es handelt sich um einen Verlag, also: AISSIST, einzusetzen.
  • Das „Mindener Tageblatt“ freut sich über Social Media-Texte, die von der KI verfasst werden.
  • Das „Handelsblatt“ lässt KI die Nachrichtenlage scannen und die Stimme von Redaktionsmitgliedern für Podcasts imitieren.
  • Beim „Südkurier“ soll die Berichterstattung „verbessert“ und „beschleunigt“ werden.
  • Und bei der „Bild“ – keine Überraschung – wird die Nachrichtenlage verfälscht und hysterisiert. 

Das sind nur einige Beispiele, bei denen Verlage ganz ohne Scham, also unverschämt, den Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Berichterstattung zugeben.

Und wie sehen das die Menschen so? Ich sag mal so: Hm.

Gäste in Restaurants möchten keine Fertiggerichte und Leser journalistischer Inhalte möchten jene nicht von Maschinen produziert bekommen.

Überraschend ist diese Erkenntnis nicht. Anekdotisch könnte man zu ihr gelangen, wenn man sich all die Klagen über KI-Dienste ansieht, die aus Sicht der Nutzer „falsch“ oder „dumm“ sein sollen. Diese Einordnung ist den Nutzern nicht vorzuwerfen, die Medien erklären ja KI nicht, sondern verklären sie. 

Der geschätzte Christian Jakubetz fragte mich nach einem sinnvollen Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Medienhäusern für die aktuelle Ausgabe von Satzzeichen, dem Podcast der Hanns-Seidel-Stiftung. Meine Antwort: Sie sollten ein „Garantiert KI-frei“-Label gründen.

Denn journalistische Information ist eine Produktgattung, bei der Kundinnen und Kunden Ansprüche hegen uns Qualität sowie Fachwissen einfordern. Gleichzeitig wissen wir alle, dass die Qualität der von einer GenAI ausgeworfenen Inhalte sehr oft nicht unseren Ansprüchen genügt.

Nun begründen die allerallerallermeisten Medienkonzerne den Einsatz von KI nicht mit einer Qualitäts- sondern einer Effizienzsteigerung. Diese aber führt für Kunden nicht zu einer Preissenkung. Warum also sollten die Abnehmer jener Journalismus-Leistung den Einsatz von KI begrüßen?

Noch unverschämter wird es, wenn die Medienhäuser Social Media-Postings roboterisch verfassen lassen. Denn das Social Web ist Kommunikation und niemand hat Bock mit Maschinen zu reden, erst recht nicht, wenn die Maschinen am Ende Geld haben wollen.

Natürlich ist es richtig und legitim, mit KI-Diensten zu experimentieren. Aber damit rumzustrunzen, dass man via KI Geld spart und diese Einsparung zu Null Prozent weiterzurreichen, halte ich für einen strategischen Fehler.

Stattdessen sollten sich die Verlage ein Beispiel an dem Teil der Food-Industrie nehmen. Label wie „Bio“, „Sulfit-frei“ oder „100% vegan“ geben ein Qualitätsversprechen ab und erhöhen die Preisbereitschaft.

Sprich: Das Label „Garantiert ohne KI produziert“ ist das, was Bindung und Kauflust erhöht.

Hier können Sie die Satzzeichen-Ausgabe nicht nur hören, sondern auch sehen. Wir sprechen unter anderem über die Leistungsfähigkeit von KI, der Optimierung von Inhalten für KI und der Renaissance von Text-Content:

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