Axel Springer war ein christlicher Fundamentalist. Er betete ausgiebig, gern auch in Form eines über lange Zeit durchgehaltenen Mantras. Mehr noch: Er hielt sich über mindestens zwei Jahre für den Erlöser, inklusive Stigmata die nur er sah.
Nein, das denke ich mir nicht aus, es ist nachlesbar in der Springer-Biographie „Der Verleger“ von Michael Jürgs. Leider ist die nur noch im Antiquariat zu bekommen – aber ich werde demnächst nochmal länger auf sie zu schreiben kommen.
Am heutigen Tag würde Axel Cäsar S. vermutlich sehr viel mantraisieren. Denn der immer bestens informierte US-Dienst Semafor berichtet von einer Attacke des Christentums auf seinen Statthalter (denn wir können davon ausgehen, dass so ein Erlöser sich ja irgendwann wieder erhebt) Mathias Döpfner.
Der sitzt im Board von Netflix. Und dieses rät seinen Anteilseignern mit „Nein“ bei einer Resolution zu stimmen, die eine Überprüfung der Board-Mitglieder auf Basis der Netflix-Ethikregeln fordert.
Eingereicht wurde die Forderung von den Benediktinerinnen des Mount St. Scholastica-Klosters in Atchison, einem kleinen Örtchen im nordwestlichen Kansas. Die Schwestern sind nicht nur bei Netflix aktiv, sie haben sich einen Ruf erarbeitet als die vielleicht ungewöhnlichsten Shareholder-Aktivisten in der Geschichte der Shareholder-Aktivisten.
Aber warum diese Resolution? Antwort: Mathias Döpfner.
Semafor berichtet, der Schritt sei durch „Vorwürfe gegen das Board-Mitglied Mathias Döpfner ausgelöst worden, in seiner Rolle als Vorsitzender und CEO von Axel Springer übergriffiges Verhalten eines Top-Managers geduldet zu haben.“ Das Board antwortete, dass er bei der Ernennung von Vorstandsmitgliedern Vielfalt berücksichtigt und dass „jeder unserer Direktoren weiterhin diesen Standards entspricht“.
Wie hoch diese Standards sind, wurde anscheinend nicht erwähnt.
Abgesehen davon: Auch im Christentum machen die USA vor, wie zeitgemäße Kommunikation aussieht. Denn dieses kleine Kloster vermittelt mehr Interesse an ethischen Fragen als die gesamte katholische Kirche in Deutschland. Well played, sisters.
Keine Kommentare vorhanden