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Delulu, wahlweise Adjektiv oder der / die

Delulu ist eine umgangssprachliche Verkürzung des Wortes „delusional“ (deutsch: wahnhaft). Es wird insbesondere verwendet, um Superfans oder Dating-Partner zu beschreiben, die eigenartiges oder extremes Verhalten zeigen…

Delulu wird meist als Adjektiv verwendet, zum Beispiel: „Diese Fangemeinde ist voller delulu Leute.“

Delulu wird manchmal auch als Substantiv verwendet, entweder um eine Person zu bezeichnen, die wahnhaft erscheint oder die sich wahnhaft verhält, zum Beispiel: „Einige Delulus warteten vor seiner Umkleidekabine.“

Häufig wird „delulu“ in Witzen, Memes, Übertreibungen oder scherzhaften Spott verwendet, insbesondere in Memes und Social-Media-Videos, die Personen zeigen, die sich eigenartig oder zwanghaft verhalten.

Quelle: Dictionary.com

Mathias Döpfner ist delulu.

Oder ein Delulu, je nachdem wie man das Wort verwenden möchte.

Ja, klar, der CEO der Axel Springer SE ist älter als jene Generation, die diese Vokabel bevorzugt benutzt, aber trotzdem: Mathias Döpfner ist delulu.

Anders kann man nicht mehr bezeichnen, was er am 16. April  in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ unter dem Titel „Warum wir Google nicht mehr fürchten“ veröffentlichen ließ. Der Grund für diese geschlagzeilte Furchtbefreitung  ist – ich spoiler mal –, dass Google gewonnen habe.

Und wenn das jetzt für Sie seltsam klingt, dann warten Sie mal ab, was da noch kommt.

Der Text, als Einordnung für Menschen, die sich mit den Verschwurbelungen eines der mächtigsten Manager des Landes noch nicht beschäftigt haben, ist ein weiterer Schritt in eine verschwörungstheoretisch strukturierte, von Halb- und Unwahrheiten geprägte Weltsicht, der sich Döpfner zunehmend hingibt.

Angefangen hat alles mit einer offensichtlichen intellektuellen Überforderung, immer mehr glitt Döpfner dann ab in klassischen Verschwörungsbehauptungsmuster bis hin zur Abkehr von der Demokratie.

Hier eine Auswahl:

(Mehr zu Döpfners immer merkwürdigeren Aussagen auch hier.)

In seinem jüngsten Text bezieht er sich auf seinen offenen Brief an den ehemaligen Google-CEO Eric Schmidt aus dem Jahr 2014. Überschrift: „Warum wir Google fürchten“.

Damals nahm ich mir diesen Text auch vor und meine Kritik daran können Sie unter diesem Link nachlesen. Ich endete mit den Worten: „Ich habe Angst vor Axel Springer unter der Führung von Mathias Döpfner.“ Denn vieles, was Döpfner Google vorwirft, betreibt sein eigenes Haus in genauso demokratieschädigendem Verhalten, nein, ich korrigiere: in noch demokratierschädigenderem als Google.

Diese Angst vor Döpfner ist noch gewachsen. Und ich bin nicht der einzige, der das so sieht. Die heutige Ausgabe des Media-Newsletters von Semafor trägt den Titel „Axel Springer’s Trump Years“ und Ben Smith, einer der einflussreichsten Medienjournalisten berichtet darin von der Nähe Döpfners zur neuen Rechten und dem Gerücht, Springer wolle das „Wall Street Journal“ kaufen. Die Brücke zu Trump schlägt der Ex-US-Botschafter Richard Grenell, der heiß gehandelt wird als Außenminister, sollte Trump die Wahl gewinnen. Und zu Grenell schreibt Smith: „… he built a warm relationship with Döpfner and a uniquely strong bond with Springer’s powerful national tabloid, Bild.“

Inhaltlich, strukturell und textlich erinnert das, was Mathias Döpfner schreibt, immer stärker an die Vertreter von Verschwörungstheorien. So inszeniert er sich als derjenige, der schon immer gegen das Böse gekämpft hat, aber niemand habe es hören wollen, nein, man habe ihn sogar dafür geächtet. Bezogen auf seinen Text von 2014 behauptet er:

„In diesem Sinne schrieb ich, was viele andere damals dachten, aber nicht wagten öffentlich zu sagen.„, womit er meint, dass Unternehmen von Google zu abhängig werden.

Ja, 2014 hat das keiner gesagt. Außer der Digitalavantgarde aus Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Innenminister Thomas de Maizière. Oder dem versammelten Feuilleton, weil in diesem Jahr sowohl der Roman „The Circle“ von Dave Eggers heiß debattierte wurde, als auch der Film „Ex Machina“. 2014 war ein Jahr, in dem ganz, ganz, GANZ viel über die Macht von Internetkonzernen gesprochen wurde. Aber vielleicht liest Döpfner nicht so viel.

Der wackere Siegfried schildert dann etwas, dessen Wahrheitsgehalt nicht nachvollziehbar ist, was aber merkwürdig klingt. 2014 habe ihn Google zu einer Konferenz nach Sizilien eingeladen (das, so sagen Menschen aus dem Umfeld von Google, stimmt). Er verschweigt den Namen jenes Treffens, vielleicht, weil er ansonsten mit Menschen in Beziehung gesetzt würde, die heute ein ausbaufähig positives Image besitzen. Denn es dürfte sich um „The Camp“ gehandelt haben, ein Highest-End-Treffen, über dessen Gästliste die „New York Times“ schrieb:

„Among the attendees is Lloyd C. Blankfein, the chief executive of Goldman Sachs, who is speaking on a panel about the future of Europe. Also on the list is Anshu Jain, a co-chief executive of Deutsche Bank, and Ana Patricia Botín, the head of the British business of the Spanish banking giant Santander.

This being Google, the list of invitees also features a number of tech luminaries.

They include investors: Ben Horowitz, the co-founder of the venture capital firm Andreessen Horowitz, and John Doerr, a longtime venture capitalist at Kleiner Perkins Caufield & Byers.

And entrepreneurs: Elon Musk, the chief executive of Tesla Motors and SpaceX; Travis Kalanick, the chief executive of Uber; and Evan Spiegel, the chief executive of the messaging start-up Snapchat.“

Hingekommen ist Döpfner zu dieser Konferenz, weil sich Google gegen ihn verschworen habe. Also… behauptet Döpfner.

„Wegen meiner kurz zuvor in dem offenen Brief geäußerten Kritik an dem marktbeherrschenden Verhalten des Unternehmens luden mich die Veranstalter zu einem Streitgespräch mit Eric Schmidt ein. Der Plan – so vermutete ich – war, mich als deutschen Protektionisten und rückwärtsgewandten Verteidiger der sterbenden Zeitung auf Papier zu porträtieren.“

Eine Elite-Konferenz will einen ihrer Gäste vorführen? Das wäre wirklich eine Premiere. Auf solchen Treffen gilt es gemeinhin, niemand auch nur einen Hauch weit falsch anzugucken.

Aber: Ein Mathias Döpfner lässt sich nicht vorführen und so inszeniert er sich als mediale Version von Mel Gibsons „Braveheart“:

„Das ging schief. Während unseres Dialogs stand ein amerikanischer und europäischer CEO nach dem anderen auf, die Diskutanten gaben dem Deutschen recht und kritisierten Google mit immer neuen Beispielen. Die Sache geriet außer Kontrolle. Gründer Larry Page soll vor Wut geschäumt haben. Zwei Monate später wurde mir offiziell mitgeteilt, dass ich künftig bei dieser Veranstaltung nicht mehr eingeladen sei. Ich solle bitte meine bereits schriftlich vorliegende Zusage für nächstes Jahr zurücknehmen. Dabei ist es bis heute geblieben.“

Ein Unternehmen lädt mit einem Jahr Vorlauf seine Gäste ein? Ein CEO gibt über 10 Monate vor einer Veranstaltung schon seine Zusage? Und diese Zusage ist so bindend, dass die Absage schriftlich erfolgen muss? Wenn das so wahr ist, dann ist auch Google delulu, weshalb der Verdacht in der Luft liegt, dass sich dies Sache en detail anders abspielte.

Eine beschriebene Volte halte ich sogar für absolut unrealistisch: Larry Page soll vor Wut geschäumt haben? Wer sich mit Pages Psyche beschäftigt, der wird Zen-Buddhisten für hormongestörte Hysteriker halten, das letzte Mal außerhalb eines Wannenbades „geschäumt“ haben dürfte er in seiner Kleinkind-Trotzphase.

Zweifel am Wahrheitsgehalt solcher Äußerungen hege ich auch, weil Döpfner ,wie gewohnt, einiges in seinem Text verdreht. Zum Beispiel behauptet er, die Fusion von Axel Springer mit Pro-Sieben-Sat.1 sei von den Kartellbehörden zurückgewiesen worden, weil die Kartellis die Bedeutung des Internets und Google unterschätzt hätten. Tatsächlich aber lautete die Begründung eben auf eine kartellrechtlich problematische Stellung im TV-Markt – und mit dem hat Google bis heute ziemlich wenig zu tun.

Wie offensichtlich Döpfner die Leserschaft hinter die Fichte führen will, zeigt diese Passage:

„Wenige Monate später wurde die Übernahme untersagt: zu viel Marktmacht. Zwei Jahrzehnte später hat Google (beziehungsweise Alphabet) für das Geschäftsjahr 2023 mehr als 300 Milliarden Dollar Umsatz gemeldet, davon stammen mehr als  75 Prozent aus Werbung.“

Und wie viel aus TV-Werbung? Genau.

Wie wirr es im „FAZ“-Text dahin geht, zeigt auch diese Passage:

„Beschrieben wurde“ (also von ihm 2014) „die bereits bestehende und zunehmende Abhängigkeit der Verlage, aber auch immer mehr anderer Branchen, deren Traffic und damit Geschäftserfolg auf das Ranking durch den Google-Algorithmus der Suche angewiesen ist.“

Das war schon damals erstaunlich, weil Döpfner vier Jahre zuvor überhaupt keine Gefährdung des Journalismus sehen wollte. Auf jeden Fall aber sollte bei Springer alles hinter einer Abo-Wand verschwinden. Weshalb also soll es eine Abhängigkeit von Suchergebnissen geben?

Oder nehmen wir das hier:

„Google (beziehungsweise Alphabet) hat bei einer Marktkapitalisierung von knapp 2 Billionen Dollar das Geschäftsmodell und also die Umsätze der Verlage – und fast der gesamten „Creative Industries – weitgehend aufgesaugt.“

Weitgehend hat Google also die fast gesamten Umsätze aufgesaugt. Also, vielleicht weiß der CEO der Axel Springer SE das ja nicht, aber der Umsatz seines eigenen Hauses ist von 2007 bis 2022 um über 51 Prozent gestiegen. der von Disney um 232 Prozent, der von WPP um 233 Prozent, die weltweite Musikindustrie setzte 70 Prozent mehr um, die Umsätze der deutschen Buchverlage blieben immerhin konstant,

Wenn so Weitgehendesfastgesamtaufsaugen aussieht – dann her mit dem Strohhalm.

Noch so eine delulu Passage:

„Die EU hat seither drei große Wettbewerbsstrafen in Höhe von rund acht Milliarden Euro gegen Google verhängt. Am Verhalten des Marktbeherrschers hat das nichts geändert. Und auch die amerikanische Regel, dass es beim dritten Rechtsverstoß kein Pardon mehr gibt, scheint bei Google nicht zu gelten.“

Ja, wo ist sie hin, die gute, amerikanische Regel mit den drei Verstößen?

Dabei war sie doch so deutlich sichtbar mit Zitronenzaubertinte auf der Rückseite der Unabhängigkeitserklärung festgehalten, gemeinsam mit dem Hinweis, dass jenes neu gegründete Amerika unabhängig sei von Europa – bis auf diese Regel, die gelte in der alten Welt weiter.

Vielleicht ist diese Regel dem Vergessen anheim gefallen, weil sie aus Kostengründen im letzten Schnitt des Dokumentarfilms „Das Vermächtnis der Tempelritter“ rausgenommen wurde.

War aber vielleicht ganz gut so für Axel Springer. Denn angesichts der dokumentierten Zahl von Copyright-Verstößen und Persönlichkeitsrechtsverletzungen des Hauses würde für Leute wie Döpfner ein „kein Pardon“ ungefähr im Bereich der finalen Behandlung der führenden Wiedertäufer durch den Bischof von Münster im 16. Jahrhundert münden.

Es sind ganz viele Kleinigkeiten, in denen sich je nach Auslegung zeigt, dass Döpfner keine Ahnung hat, von dem was er da diktiert hat – oder bewusst Tatsachen verdreht. Noch so ein Beispiel:

„Die naive Verklärung des Unternehmens („Don’t be evil“ war lange sein offizielles Motto) ist einer eher skeptischen gesellschaftlichen Haltung gewichen.“

Wer hat Google denn „naiv verklärt“? Und jenes „Don’t be evil“ war ein Teil der internen Verhaltensregeln.  Hätte es die bei Springer gegeben, würden wir heute vielleicht nicht über serienweise sexuell belästigte Frauen und Nacktschwimmen im See von Chefredakteuren mit Mitarbeiterinnen reden. Außerdem ist jener Satz schon 2015 ersetzt worden durch „Do the right thing“ – vielleicht will sich Döpfner das auch noch als Erfolg in das nächste Traktat reinschreiben.

Ganz wild wird es dann am Ende. Denn jener „FAZ“-Text ist ja überschrieben mit „Warum wir Google nicht mehr fürchten“. Und warum ist das so?

„Aus einem einzigen, scheinbar paradoxen Grund. Es muss manchmal schlimmer werden, bevor es besser wird.“

Ja. Dieses unumstößliche Naturgesetz stammt direkt aus dem Baukasten der Schwurblergemeinde. Es steht ganz in der Historie des reinigenden Krieges und der blutigen Aufstände, nach denen eine neue, reine Gesellschaft entsteht.

Wer so was behauptet, der sitzt in seiner Potsdamer Villa, die Vorhänge zugezogen, im Fernseher läuft Fox News und der Computerbildschirm wirft sein fahles Licht auf ein ausgezehrtes CEO-Gesicht. Der Untergang kommt, nein, er muss kommen – erst dann kann es besser werden.

Und warum soll Besserung eintreten? Weil eine nur an Macht interessierte Elite sich in dieser Macht bedroht sieht und handelt – die Kaste der Politiker.

Denn Künstliche Intelligenz – noch immer behauptet Döpfner fälschlicherweise, Generative KI sei eine „Antwortmaschine“ – bedrohe die Macht der Politiker.

„Wenn es um Macht geht, sind die meisten Politiker deutlich musikalischer als beim Thema Wettbewerb.“

Einschub: Sie sind WAS?

„Künstliche Intelligenz und die Entwicklung der Marktverhältnisse haben das Potential, jede Partei, jeden Politiker, jede Wahl und alle demokratischen Institutionen zu unterminieren und zu zerstören. Das dämmert mittlerweile selbst Spätzündern der Digitalisierung.“

Die Erosion politischer Macht werden Politiker nicht kampflos akzeptieren. Deshalb sorgen die Plattformen der Künstlichen Intelligenz entweder selbst für fairere Wettbewerbsbedingungen und eine angemessene Vergütung von intellektuellem Wert (was gar nicht so unwahrscheinlich ist) oder die Politik wird diesmal schneller und beherzter Grenzen setzen und Regeln definieren, die sicherstellen, dass geistiges Eigentum genauso geschützt wird wie dingliches Eigentum. In diesem Szenario haben digitale Medien, Journalisten und Urheber eine gute Zukunft, denn wenn es anders käme, wären nicht nur Urheber, Journalisten und Medien Vergangenheit.“

Döpfner schreibt in typischen Schwurbler-Erzählungen und erinnert an das, was Donald Trump ausspeit: Die nur an Macht interessierte Politik, der sichere Weltuntergang durch eine neue Technologie, die Unausweichlichkeit, denn es kann nur eines passieren,  sonst – Weltuntergang.

Beim Lesen dieser Zeilen stelle ich mir Döpfner vor in jenem abgedunkelten, hochdeckigen Klassizismus-Bau, eine Anglepoise-Lampe erhellt den eichenen Schreibtisch, mit zitternden Händen nimmt er seine Lesebrille ab. „Mit der Reaktion der Politik wird das alles in Ordnung kommen“, grummelt er.

Ein Ping.

Döpfner schaut auf, eine Mail ist eingetroffen, sie kommt von Ulf Poschardt. „Politik will Innovationen nicht abwürgen. Es gibt keinen Angriff auf KI-Anbieter.“

Döpfner springt auf: „So weit ist es also gekommen! Die ganze Politik nur ein Haufen treuloser Feiglinge! SIE IST OHNE ÄÄÄÄHREE! Ich war nie auf einer Journalistenschule! Und doch habe ich die ganze europäische Medienwelt erobert!“

Aber vielleicht ist das selbst für Döpfner-Verhältnisse zu delulu.


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