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Was für ein Jahr. Doch trotz all der Düsternis und der vielen Verstorbenen, die uns auf popkultureller Ebene wichtig waren, war es für mich insgesamt ein gutes Jahr. kpunktnull ist weiter gewachsen und angesichts unseres Teams gehe ich jeden Morgen gern ins Büro. Privat gab es viele kleine und große wundervolle Erlebnisse. Gut, Preußen Münster hätte mehr Spaß machen können – ansonsten aber kann ich nicht klagen.

Obwohl, in einem Punkt schon: Mein Vorsatz wieder mehr zu bloggen, konnte ich nicht halten. Im Gegenzug hat es endlich geklappt, Indiskretion Ehrensache ein neues Kleid überzuwerfen. Dafür bloggen andere ja tolle Sachen und ich freue mich tierisch auf die Goldenen Blogger, die wir am 30. Januar in Berlin verleihen werden, zum ersten Mal mit Sponsoren, so dass wir allen Nominierten zumindest ein Hotelzimmer finanzieren können, vielleicht gar mehr. Alles weitere auf der Homepage der Goldenen Blogger.

Seit etlichen Jahren ist es aber hier Tradition, den Blick auf das kommende Jahr zu richten. Und da ich den Jahreswechsel in ferneren Gefilden verbringen werden ist es bereits jetzt Zeit für – taaataaaa – die GLASKUGELIGEN KAFFEESATZLESEREIEN 2017!

Zuerst aber – ebenfalls traditionell – der Blick auf meine Prognosen für dieses Jahr. 2015 hatte ich eine Trefferquote von 50%. Und diesmal? Gehen wir mal Punkt für Punkt durch meine Vorhersagen vom 30.12.15:

Marken werden versuchen, vorhandene Communities zu adressieren
Eher nein. Denn Influencer Marketing fällt durchaus in diesen Bereich. Doch wird in Deutschland noch zu sehr in Massenreichweite gedacht und zu wenig in qualitativer Reichweite. Und deshalb endet eben bei viel zu vielen Marken das Influencer Marketing bei Bibi’s Beauty Palace. Ausnahme sind jene Unternehmen, bei denen die Zielgruppe deckungsgleich mit einer Art Community sind, beispielsweise Baumärkte.

Marken werden die Suche nach Gemeinschaft adressieren
Definitiv: nein. Während beispielsweise kanadische Unternehmen versuchten, die Sportfans als Gemeinschaft hinter die Athleten zu bekommen, hing Edeka Melonen eine Medaille um und posaunte: Wir sind bereit für Rio. Platter geht’s nicht. Und selbst beim Edeka-Weihnachtsspot schrumpfte die Gemeinschaft innerhalb eines Jahres von der Groß- zur Kleinfamilie.

Unternehmen beziehen Standpunkte
Noch ne Niete. Wie sehr, das demonstrierte zum Beispiel Neumarkter Lammsbräu mit der lauwarmen Reaktion auf die Barcodeaffaire. Auch die Unterstützung von Flüchtlingen hat entweder abgenommen oder wird nicht mehr für PR-Zwecke genutzt. Und ich bin mir sicher: Das wird sich 2017 dann wirklich ändern – weshalb ich diese Prognose wiederhole.

Snapchat wird heißer Scheiß
Ja, durchaus. Allerdings verlief die Sache anders als erwartet. Zumindest in meinem Umfeld war das Drängen nach Snapchat-Marketing auf Kundenseite größer als auf Dienstleisterseite und so hörte ich es auch von anderen Beratungen und Agenturen. Die dagegen waren eher skeptisch angesichts überschaubarer Abrufzahlen und dem absehbaren Zwang sehr, sehr, sehr kreativ zu sein um im Biotop Snapchat einen Fuß auf den Boden zu bekommen. Bei den Usern verbreitete sich Snapchat ohnehin. Wobei rein subjektiv die Aktivität zurückging, nachdem Instagram seine Stories startete. Dort aber ist die Aktivität zumindest bei denjenigen, denen ich folge, nun ebenfalls im Sinkflug – ohne, dass die Nutzer auf Snapchat zurückkehren würden.

Snapchat wird die größte Enttäuschung des Digitalen Marketing
Nein, daneben. Dazu gab es einfach zu wenige Versuche. Dieser Titel steht eher Instagram zu: Denn die Erwartungen, mit denen viele Marken diese Plattform bespielen sind riesig – und entsprechend groß ist die Enttäuschung.

Virtual Reality wird die Medien berauschen
Yup, das kann man wohl so sagen.

Netflix wird Deutschland erobern
Ich behaupte: Kann man so sagen. Denn nicht nur in meinem digital-affinen Freundeskreis wurde über Netflix-Serien diskutiert, selbst die analogsten Bekannten begeisterten sich für „House of Cards“, „Stranger Things“ oder „The Crown“ (viel zu wenige haben dagegen „Narcos“ geschaut).

Ein Horrorjahr für Zeitschriften – und weiter Seifenoper an der Ericusspitze
Nein, ein Horrorjahr war es nicht, nur ein mieses. Der „Spiegel“ verlor 3,3% seiner Abos und 10% am Kiosk, beim „Focus“ waren es 3,85% bzw. 14,38%, der „Stern“ hat seine Abos gehalten und nur 9% beim Einzelverkauf eingebüßt. Möglicherweise lag dies auch an so vielen Themen, über die wir alle mehr wissen wollten, von Trump bis Syrien

Absehbar aber ist, dass die Idee, im stationären Handel ein gedrucktes Magazin zu kaufen, sich ihrem Verfallsdatum nähert. Das ist auch der Grund, warum es beim „Spiegel“ so wild hin und her geht. Einen halben Punkt würde ich mir hier geben.

Verweildauer wird Maßstab für Onlinewerbung
Nein. Immer noch nicht. Muss immer noch kommen. Noch immer begreifen vor allem die Medienunternehmen nicht, wie wichtig dies für sie werden könnte.

Mehr twitternde Manager
Nope, immer noch nicht. Es gibt aber gut vernetzte Menschen die behaupten, dies würde sich 2017 ändern.

Constructive Journalism wird Top-Thema der Medien-Filterblase
Leider nicht. Das liegt sicher auch daran, dass die Lektüre von Perspective Daily als viel beachtetem Vorreitermodell so wenig freudvoll ausfällt. Doch möglicherweise war diese Vorhersage nur ein Jahr zu früh dran: Denn die Gemengelage aus Fake News-Debatte und Terroranschlägen könnte dafür sorgen, dass wir 2017 mehr über neue Ansätze für Journalismus diskutieren werden.

Fazit: 3,5:7,5 Punkte – ein echt mieses Ergebnis.

Das war also mal gar nüscht in diesem Jahr und es war definitiv schon mal besser. Doch hat mich das jemals davon abgehalten, wieder eine kleine Jahresprognose abzugeben. Nö. Also.

Die glaskugeligen Kaffeesatzlesereien 2017!

1. Ein düsteres Jahr für das Internet

Ich gehöre nicht zu den Menschen, die 2016 alles ständig düster und dunkel gesehen haben, die einen Weltuntergang heraufbeschwören oder zumindest das Ende der Zivilisation. Doch fürchte ich, dass 2017 ein sehr schlimmes Jahr in Sachen Überwachungsstaat und Gesetzgebung werden wird. In den USA wird Donald Trump dafür sorgen, dass die Freiheit des Internets ein Ding der Vergangenheit wird und in Deutschland werden im Wahlkampf genau die gleichen Forderungen erhoben werden.

Besondere Sprengkraft in Deutschland besitzt dabei die Debatte um „Fake News“. Schon jetzt zeigt sich, dass Deutschlands Politiker weitgehend nicht in der Lage sind zu begreifen, welche News Fake sind, welche Satire und welche schlechte Recherche. Mehr noch: Munter verteilen ja gerade Politiker solche Falschmeldungen – die CSU-Mitglieder scheinen mir da derzeit unter den Bundestagsparteien führend.

Die Volksvertreter kapieren nicht, dass ein wie auch immer geartetes Verbot solcher Fake News den Einstieg in die Zensur bedeutet und vor allem politisch Extremen die große Chance bietet, ihnen unliebige, unabhängige Medienproduzenten über Gerichte mundtot zu machen.

Ich rechne auch damit, dass wir nach den Bundestagswahlen wieder eine Große Koalition unter der Führung von Angela Merkel an der Macht haben werden (und ich halte das für die noch beste aller möglichen Lösungen). Doch leider ist diese Regierung eben nicht nur digital inkompetent, sondern auch technophob. Weshalb wir mit mehr Überwachung, mehr Leistungsschutzunfug und mehr Verlegerhörigkeit rechnen müssen. Das re:publica-Motto „Love Out Loud“ wirkt da fast verzweifelt – oder höhnisch.
re:publica 17 #LoveOutLoud

2. Das letzte nicht ganz so schlimme Jahr für Tageszeitungen

Unsichere Zeiten, verängstigte Menschen, Suche nach Sicherheit. All das könnte klassischen Medien Leser bringen, ja sogar den Tageszeitungen. Das heißt nicht, dass ihre Auflagen steigen – aber ihr Verfall könnte sich verlangsamen. Dabei könnte es einen zynischen Zusammenhang geben: je stärker die AFD in den Prognosen für die Bundestagswahl wird, desto besser wird es den Zeitungsauflagen gehen. Doch dies ist nur ein Scheinaufschwung: ab 2018 wird sich der Auflagenverfall wieder beschleunigen. Und auch weiterhin gilt: 2027 werden die Auflagen von „Bild“ und „Welt“ die Nulllinie erreichen – spätestens. Und weit früher wird es die Blätter gedruckt schon nicht mehr geben. Deshalb auch wird die Fusionswelle unter den Zeitungsverlagen 2017 weitergehen.

3. Big Data macht ernst

Noch ist Big Data eine Worthülse, die nur wenige Unternehmen mit Inhalt füllen – erst recht in Deutschland. Doch das wird sich im kommenden Jahr ändern, auch wenn es vielleicht noch nicht in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden wird. Doch haben die großen IT-Unternehmen wie SAP und IBM in diesem Jahr bei Unternehmen den Boden bereitet, um eine Kundendatensammlung in neuen Dimensionen anzustoßen.

Schon jetzt können wir ahnen, was da passiert, wenn es einmal eine Lücke im System gibt wie in diesem Jahr im Fall von Jürgen Vielmeyer. Der Tech-Journalist rief zum ersten Mal in seinem Leben bei Hagebau an – und wurde mit Namen begrüßt. Grund: Er hatte schon mal bei Otto bestellt und Otto betreibt den Onlineshop für Hagebau. Wer dann ein wenig gräbt, stößt auf die Meldung, dass Otto anscheinend konzernweit Kundendaten über Cookies sammelt und zusammenführt. Zitat:

„The Otto Group needed to understand its customers across its multiple brands, and have the complete picture of customer interactions through unlimited data collection and multi-channel measurement across social, mobile and web.“

Ähnliches könnte auch die Metro planen. Zumindest dürfte ihr Plan, ihre Online-Präsenzen als Werbeplattformen zu vermarkten, nur so aufgehen. Handelsunternehmen sind die erste Anlaufstelle für Big Data-Datenbankanbieter, schließlich sammeln sie schon seit Jahrzehnten Daten. Als nächstes folgen Autohersteller, die derzeit versuchen, Kunden in Bindungssysteme hineinzubekommen (häufig aber wenig Gegenwert liefern). Auch andere Branchen werden die Macht der Daten für sich entdecken und 2017 entsprechende Projekte starten. Doch weil sich diese nicht von jetzt auf gleich umsetzen lassen, werden wir vielleicht erst 2018/19 von ihnen erfahren.

4. Marken müssen Stellung beziehen

Ja, schon wieder. Oder immer noch. Diese Prognose aus dem letzten Jahr ziehe ich mal rüber, denn der Bundestagswahlkampf erhöht die Wahrscheinlichkeit von Situationen, in denen Marken sich für die eine oder andere Seite entscheiden müssen. Die Kommunikationskrise von Neumarkter Lammsbräu im Zusammenhang mit der Barcode-Verschwörung lieferte in diesem Sommer einen ersten Vorgeschmack, ebenso die Debatte um Scholz +Friends und #keinGeldfürRechts. Es werden Momente entstehen, in denen Unternehmen keine andere Chance haben, als es sich mit einem Teil möglicher Kunden zu verderben – und diese Herausforderung ist für die meisten Marken komplett neu. Was bedeutet: Peinlichkeiten können schnell passieren.

Blogger Trends5. Influencer Marketing erreicht ein Hype-Tal

Viele Marken engagieren sich bereits im Bereich Influencer Marketing, sehr viele allerdings nicht geprägt von Kundigkeit. Auch weiter sieht mancher jeden Blogger, jeden Youtuber und vor allem jeden Instagramer als Influencer an, nur weil derjenige es geschafft hat einen Account länger als drei Wochen aktiv zu bespielen. Ein gutes Indiz, dass solch ein Trend seinen ersten Höhepunkt überschritten hat, ist das Aufkommen einer Goldgräberstimmung. Genau die erleben wir derzeit im Bereich Instagram, wo kleine Agenturen kleine Hobbyfotografen im Paket an Marken verticken. Die achten dann wenig auf die Reichweite der Möchtegernbeeinflusser, sondern sehen ein ominöses Engagement (englisch ausgesprochen) als Ziel an. Und genau das tickern dann jene Influencer über Like-for-Like-Aktionen an.

Das kann und wird so nicht mehr lange gutgehen. Das heißt übrigens auch nicht, dass Influencer Marketing schlecht ist – im Gegenteil. Nur betrachten zu viele Marketingverantwortliche (und viel zu viele klassische Werber) Influencer als platte Werbefläche, statt mit ihnen kreative Ideen zu entwickeln.

6. Der Digital-Wahlkampf wird von der AFD dominiert

Wahljahr. Und allein bei diesem Wort zieht sich mein Magen zusammen. Denn auch politisch wird 2017 ein absehbar hässliches Jahr. Hashtag: #brauneSuppe. Wie das aussieht, haben wir schon in den USA gesehen. In Deutschland wird die Situation noch schlimmer, denn während die Demokraten in den Staaten ja ebenfalls digitalkompetent waren, kann man dies von CDU, SPD oder Grünen nicht behaupten: Die Auftritte von Parteien und Kandidaten sind grausam und es wird ihnen nicht möglich sein, der AFD etwas entgegenzusetzen.

Somit müssen es die Nutzer und vor allem auch Blogger sein, die dem Morast aus rechten Seiten etwas entgegensetzt. Das wird schwer genug, denn vom Biederbrandstifter Roland Tichy bis zu den ekligen Extremen NSDAP-liebender Parteiflunktionäre steht da eine breite, braune Front. Es wird unschön werden.

7. Wir werden über Roboter und Grundkeinkommen diskutieren

In diesem November versuchte Siemens-CEO Jo Kaeser eine Debatte anzustoßen (was ihm nicht wirklich gelang). Sein Thema: ein bedingungsloses Grundeinkommen. Was mich überraschte: Niemand horchte so recht auf. Denn Kaeser ist kein Götz Werner. Er ist ein eher harter Hund. Wenn so einer „eine Art Grundeinkommen“ für „völlig unvermeidlich“ hält, ist das höchst bemerkenswert. Doch aufgegriffen hat das Thema nur das „Manager Magazin“ (und wenn ich dies recht entsinne, kurz nach Kaesers Rede und somit ohne die Möglichkeit, diese zu berücksichtigen).

Warum ein Grundeinkommen unabdingbar sein wird?

Weil die Roboterisierung der Wirtschaft erheblich Arbeitsplätze kosten wird, Kaeser schätzt 1,5 Millionen Stellen in 10 Jahren. Hinzu dürfte für Deutschland kommen, dass die hiesige Industrie in Sachen Digital zurückhängt, Teile der Biotechnologie (Stichwort: Stammzellenforschung) nicht gewünscht sind und wir besonders abhängig von der Autoindustrie sind. Und bei der bedeuten Elektroautos ebenfalls massiven Stellenabbau, denn E-Fahrzeuge halten länger und brauchen weniger Wartung. Bei den Zulieferern werden ebenfalls Stellen verloren gehen, genauso bei Werkstätten und Tankstellen. Doch es geht ja noch schlimmer: Die deutsche Autoindustrie beteuert zwar ständig, E-Aktivitäten voranzutreiben, faktisch aber haben sie derzeit nichts massenmarkttaugliches zu bieten. Ausnahme: Der Opel Ampera-e (Disclosure: Opel ist Kunde von kpunktnull) – doch der kommt aus den USA.

Die Hoffnung Kaesers – und auch die von Star-Investor Marc Andreessen – ist, dass durch die Automatisierung von Prozessen so hohe Effizienzgewinne entstehen, dass die Gesellschaft sich ein solches Grundeinkommen leisten kann. Mehr noch: Sie muss es sich leisten, denn es wird nie wieder genügend Arbeit geben. Und wenn Menschen keinen Sinn in ihrem Leben sehen, entstehen Umsturzgedanken. Ja, genauso wie in den USA: Viele Trump-Wähler werden genau deshalb angetrieben. Einst sahen sie sich als harte Arbeiter mit einem Sinn im Leben, nun räumen sie bei Whole Foods Regale ein und fühlen sich nutzlos (nachzuhören im fantastischen Podcast „United States of Anxiety“).

Dass Kaeser keinen Widerspruch erntete deutet an, dass er nicht der einzige Top-Manager ist, der sich darüber Gedanken macht. Und das ist nötig. Denn wollen wir die Gesellschaft tatsächlich in Richtung eines Grundeinkommens umorganisieren, geht das nicht von heute auf Morgen. Zum Beispiel müsste die Wirtschaft immens höher besteuert werden, als dies jetzt der Fall ist. Und dazu wird Kaeser vielleicht bereit sein – viele andere jedoch nicht.

8. Ein wichtiges Jahr für die Zukunft des Journalismus

Ja, ich weiß, klingt fürchterlich dramatisch. Doch wenn ich mir anschaue, was ein gewisser Teil meines analogeren Umfeldes so zu Medien zu sagen hat, gehe ich noch als Flauscher des Jahres durch. Es sind keine AFD-Wähler, die da giften oder sich entnervt abwenden, es sind Normalos und Mitglieder von Eliten. Einst gehörten sie zu den Intensivkäufern gedruckter Medien, heute winken sie nur ab bei der Nennung der entsprechenden Markennamen.

Journalist Lügenpresse

Der Anschlag von Berlin hat uns den ganzen, düsteren Zustand der deutschen Medien vor Augen geführt. Es gehört zum Tagesgeschäft, Bitten um Pietät zu ignorieren, es ist selbst für den Chefredakteur der „Welt“ normal, wild rumzuspekulieren. Der Wille, Dinge zu ändern ist nicht mal ansatzweise erkennbar. Und hinterher erklärt man dann, „das Internet“ habe wild gerüchtet, obwohl „das Internet“ nur jene Medien zitiert hat, die klagen, dass Internet habe spekuliert. Die Selbstdisziplin reicht ja nicht einmal dazu, das selbst für intellektuell mindergut Ausgestattete verständliche Format „Was wir wissen“ einzuhalten. Nicht einmal die DPA kann ihre Pfoten davon weghalten, diese sinnvolle Rubrik mit Gerüchten zu füllen, wie Übermedien sehr schön aufgelistet hat.

Dank Wahljahr und Terrorgefahr bietet sich den Redaktionen der klassischen Medien 2017 eine einmalige Chance: Sie können ihr Image dauerhaft in den Orkus schießen.

9. Der Abschied vom Adserver mit Targeting beginnt

Einen Wettbewerb mit Algorithmen gewinnen zu wollen endet immer in einem Rattenrennen. Denn der erste, der einen solchen Algorithmus einsetzt, erzielt Vorteile. Der nächste schon weniger, es wird geschraubt und verbessert, irgendwann aber haben alle eine Formel, die sich nur noch marginal unterscheidet.

Solch eine Situation haben wir im Markt für Online-Displaywerbung erreicht. Das Targeting ist über alle Anbieter hinweg so gut geworden, wie es derzeit geht. Doch mehr Werbeflächen wir der Nutzer weder technisch konsumieren können, noch goutieren wollen. Deshalb fallen die Preise dramatisch.

Gleichzeitig hat die Debatte um #keinGeldfürRechts eine Branchendebatte losgetreten. So manchem Werbekunden ist erst jetzt klargeworden, dass er gar nicht weiß, wo seine Werbung ausgespielt wird – und dass solch eine Zufälligkeit absolut nicht im Sinn einer strategischen Markenführung liegt. Dies wird für weiteren Druck auf die Mediaagenturen sorgen. Deren Ruf liegt ohnehin in Fetzen – und das wird sich 2017 keinen Deut bessern. Und noch etwas kommt hinzu: Klickbetrug im Onlineanzeigenbereich. Gerade erst ist der bisher größte Fall dieser Art in den USA aufgeflogen. Und wir dürfen gespannt sein ob eintritt, was auf der re-publica in diesem Jahr prophezeit wurde: Die Verteilung von Schadsoftware über die Adserver großer Online-Nachrichtenangebote.

Sprich: Es wird neue Werbemodelle geben müssen. Kommendes Jahr werden wir erste Schritte dahin sehen, zum Beispiel eine Stärkung der Sponsoringidee, bei der ein Werbekunde ohne Targeting ein festes Element in einem Bereich bucht.

10. Wir werden uns am Ende des Jahres 2017 noch mehr das Jahresende herbeiwünschen, als 2016.


Kommentare


Erik Hauth 1. Februar 2017 um 11:54

„Auch wenn ich als Marke keine Haltung offensiv kommunizieren möchte, führt die Polarisierung der politischen und gesellschaftlichen Kommunikation dazu, dass sich das Umfeld, sich die Kommunikation meiner Zielgruppe untereinander verändert.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Tag kommt an dem ein Unternehmen aufgefordert wird, Haltung zu beziehen. Dann sollte man vorbereitet sein, denn in einer Welt mit starken Scherkräften zwischen den Polen kann nur eine klare Haltung ein Anker sein, der hält.“ schrieb ich Anfang des Jahres für Karmapunkte (Link nehme ich hier mal mit rein, entferne ich gerne wieder, wenn er Dir nicht passt)

http://www.karmapunkte.com/articles/nach-trump-ist-haltung-ist-wieder-en-vogue

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