Ich habe mir das nicht ausgedacht. Der folgende Text steht tatsächlich auf der Homepage der „Südwest Presse“, dem Lokalblättchen für Ulm.
Man weiß nicht, was trauriger ist: Dass die Polizei von Illertissen dies anscheinend als offizielle Information herausgibt – oder, dass die „Südwest Presse“ dies tatsächlich so veröffentlicht. Selbstverständlich ist die Warnung vor Trojanern ein wichtiges Thema – würde die Redaktion den Drang empfinden, das Werkzeug der Recherche einzusetzen.
So aber müssen wir künftige Schlagzeilen fürchten wie: „Bei Rot über die Ampel gegangen“ oder „Im Halteverbot geparkt“.
Nachtrag: Die Startseite von SWP.de sieht übrigens auf einem 13 Inch Macbook Air und mit einem Chrome-Browser so aus.
Kommentare
Thomas 29. August 2013 um 8:58
Wobei man fairerweise sagen muss, dass über das Nachrichtenportal der Polizei in der Saure-Gurken-Zeit allgemein Meldungen veröffentlicht werden, die von “Im Halteverbot geparkt” nicht sonderlich weit entfernt sind.
Tobi 29. August 2013 um 9:09
Was surft die auch nachts im Internet, weiß man doch, dass sich da nachts nur Verbrecher rumtreiben.
egghat (@egghat) 29. August 2013 um 10:01
@Thomas
Die muss man aber auch nicht unbedingt abdrucken …
Zugegeben, den Luxus, einfach mal nix zu schreiben, haben die Printleute nicht. Was sie nicht daran hindert, an ihrem Format festzuhalten und teilweise noch zu behaupten, es sei überlegen. Ist es nicht. Digital gewinnt.
Besim Karadeniz 29. August 2013 um 10:06
Ich kann an der Meldung nichts besonderes finden – weil genau solche Mitteilung tagtäglich über viele so genannte Portale von Lokalzeitungen und Regionalblättern flirren, Google News ist voll damit. Der alltägliche Dünnschiss, der aus den lokalen Polizeihauptquartieren der Dörfer und Städte durch so genannten Pressesprecher herausgekabelt (natürlich nur den Printleuten) und dann in der Redaktion vom Schlussredakteur per Cut’n’Paste unredigiert und nicht nachrecherchiert ins Web geblasen wird.
Wie sagte es mal ein leitender Redakteur so schön zu mir … „Internet ist für uns Sex, Crime & Rock’n’Roll, die seriösen Sachen kommen immer nur im Blatt.“
Das ist das echte, pure Elend der so blühenden Zeitungslandschaft.
itbeobachter 29. August 2013 um 10:25
Zugegeben es ist Saure-Gurken-Zeit und da kein Killerkarpfen, kein einsamer Bär oder ähnliche, bahnbrechende Ereignisse deutsche Gewässer und Wälder unsicher machen, müssen die Seiten irgendwie gefüllt werden. Das war schon immer so und wird auch immer… halt, wahrscheinlich das nicht!
Aber angesichts solcher Meldungen stellen sich diverse Fragen: Versteht die Redaktion oder glaubt sie der Leser verstehe das Internetdingsbums nicht und bräuchte „Aufklärung“? Was ist mit dem Stolz der Redaktion „so etwas“ im Jahre 2013 zu veröffentlichen? Wie Du richtig feststellst Thomas böte das doch einen Ansatz vielleicht einmal etwas über Trojaner zu recherchieren und….
Vielleicht aber ist das ganze ein Ergebnis eines hoch effizienten Trojaners und soll verdeutlichen, dass der geneigte Leser einmal die Sinnhaftigkeit seines Abonnements überprüfen sollte!! Und das sind dann die Inhalte, die man demnächst hinter einer Paywall entdecken kann?
anntheres 29. August 2013 um 10:45
Nee, ist kein Wunder, dass solche Artikel erscheinen. Vielleicht auch notwendig, damit Anfänger nicht darauf hereinfallen. Im Blog unseres Internetcafes warne ich auch, die betreffende Dame wird wohl wohl keinen ausreichenden Webschutz haben. Ich hatte letzthin auch Trojanerwarnungen bei sehr seriösen Seiten, doch mein Virenschutz blockt diese Seiten sofort, ich konnte die betreffende Seite dann auch gar nicht mehr aufrufen.
Andererseits ist es schon wahr, dass die Zeitungen manchmal Meldungen bringen, auf die die Welt verzichten kann, wie z.B. jede kleine Spende an eine Organisation…;-((
Als Ehrenamtler hat man es da manchmal schwer, für wirklich wichtige Dinge ein Ohr zu finden…
Gruß Anntheres
gerd_meissner 29. August 2013 um 16:08
Lasst uns das mal positiv so sehen: Es regt zum Nachdenken darueber an, ob es in Deutschland eine Marktluecke fuer eine – zumindest schwaebische – Version von „The Onion“ (www.theonion.com) gibt. Die haben auch mal klein im Lokalen angefangen… 😉
u_sosalla 29. August 2013 um 21:34
Erstmal empfehle ich ein Minimum an Recherche sogar für Blogger und muss anmerken, dass die Südwestpresse nicht das „Lokalblättchen für Ulm“ ist, sondern die größte Zeitung Baden-Württembergs. Was die Sache noch nicht unbedingt besser macht.
Sicher hätten dem Artikel (der aus einer Regionalausgabe stammt, also nicht in halb Ba-Wü erschienen ist) mehr Recherche und ein aufklärerischer Anspruch besser getan. Aber der Untergang des Abendlandes ist es nicht, und besser als „Drei falsch geparkte Fahrzeuge abgeschleppt“, was in einer Kleinstadt wie Illertissen auch mal als Meldung herhalten muss, ist es allemal. Ein nennenswerter Teil der Leser weiß nicht, was Trojaner sind und wo sie herkommen (das weiß ich aus Gesprächen mit echten Lesern), da ist so eine Meldung mal ein Anfang, und Häme sowieso fehl am Platz.
Aber danke für den Hinweis, ein Journalist ohne Thema ist ja bekanntlich … nicht viel.
PS Warum bist Du
Thomas Knüwer 30. August 2013 um 6:44
Wir sehen hier die Reaktion von Journalisten, die Teil des Branchenproblems sind. Das Hauptargument gegen meine wenigen Zeilen ist: Wir sind groß – was macht da schon ein einzelner Artikel aus?
Ja, die „SWP“ ist groß. Aber sie ist offensichtlich nicht groß genug für eine durchgehende Qualitätskontrolle. Mehr noch: Das ist der Redaktion dann auch egal. „Mehr Recherche und aufklärerischer Anspruch“ hätten „besser getan“. Wie wäre es, stünde hier eine Redaktion zu dem, was sie getan hat: „Dieser Artikel ist Mist. Er ist unterirdisch. Er entspricht nicht unseren eigenen, Qualitätsansprüchen.“ Wie wäre es, sich dafür zu entschuldigen?
Dem Leser ist egal, ob die Zeitung viele Ausgaben verkauft. Ihm (und mir) ist egal ob der Artikel gedruckt oder „nur“ online zu lesen war – denn über den Artikeln steht die gleiche Marke und somit das gleiche Markenversprechen. Dafür muss ich als Autor dieser dürren Zeilen auch nicht bei der Redaktion anrufen um zu fragen, was da passiert ist. Meine Reaktion ist die des Lesers – und von den Lesern werden viele die Redaktion für weltfremd halten. Und dies scheint gerechtfertigt. Natürlich gibt es Deutsche, die nicht wissen, was ein Trojaner ist – aber es ist die Minderheit der Computerbesitzer. Aus diesem Artikel werden die Nichtwissenden das aber auch nicht recht erfahren. Genausowenig, übrigens, erfahren sie was eine Paysafe-Karte ist.
Aber natürlich ist das alles Unsinn, die „Südwest Presse“ ist die starke, publizistische Macht im Südwesten, die ihren ganze Qualitätsmacht auch online dokumentiert. Ich habe deshalb oben noch einmal einen Screenshot eingehängt. Er zeigt die Ansicht von SWP.de mit dem Chrome Browser auf einem 13 Inch Macbook Air. Ja, ich neige mein Haupt: So sieht journalistische Qualität aus – das will der Ulmer genauso drängend lesen wie der Illertissener.
Usosalla 29. August 2013 um 21:39
Falscher Knopf, nochmal:
PS Warum bist Du eigentlich sicher, dass das eine Print-Meldung ist?
f. 29. August 2013 um 21:44
Gehört der „Südwest Presse“ nicht der halbe Lokalzeitungsmarkt in Baden-Württemberg? So an die 25 Zeitungen? In nem kleinen Lokalblättchen wäre das ja verständlich, aber nicht in eine Zeitung, die einem der größten Regionalzeitungsverbände des Landes vorsteht.
Roland 29. August 2013 um 22:19
ich bin mir ziemlich sicher, dass es immer noch sehr viele Leute in Deutschland gibt, die im „Neuland“ ohne es zu merken über eine rote Ampel gehen, wie Du es bezeichnest.
Natürlich ist es keine spannende Meldung und macht eher den Eindruck einer Sommerlochfüllung.
Aber ich finde es etwas zu abfällig zu behaupten, dass dies grundsätzlich für alle Deutschen Internetnutzer ein alter Hut ist. Gerade bei einem Blättlein wie der SWP kann ich mir vorstellen, dass es schon erstaunlich ist, wenn die Leser solch eine Meldung überhaupt ONLINE lesen!
S 30. August 2013 um 8:03
Hallo Herr Knüwer, Sie werfen der SWP fehlende Recherche vor. Ich kann also davon ausgehen, dass Sie mit gutem Beispiel vorangegangen, und Ihren Blogeintrag gründlich durchrecherchiert haben. Daher meine Fragen: Wie erklärt die Redaktion selbst ihren ach so unqualifizierten Artikel? Was begründet die Polizei ihre Meldung? Und, vor allem, was meint die 24-Jährige zu dem ganzen Sachverhalt?
Thomas Knüwer 30. August 2013 um 8:52
Nö. Muss ich nicht. Ich bin ein Leser. Und dieser Artikel hat nicht mal ansatzweise der Qualität entsprochen, die ich von einem sich selbst als groß rühmenden Medienhaus erwarte.
Ein Lokaljournalist kommentierte meinen Blog-Eintrag auf Facebook übrigens so:
„Ich hätte die Paysafecard mit einem Halbsatz erklärt und vielleicht auch kurz das Prinzip von Ransomware. Aber auch du warst mal Praktiker und weißt, dass nicht jede Polizeimeldung sofort zum 80-Zeilen-Welt-Erklärstück umgeschrieben wird. Btw.: Die von Knüwer zitierte Meldung sieht mir sehr nach automatischem Print->Online-Export aus und auch die SWP-Kollegen haben sicher nicht die Manpower, jeden Tag hunderte Artikel mit SEO-Überschrift zu versehen. Wir übrigens auch nicht…“
Und genau da ist der Witz: Natürlich ist das automatisch reinlaufende Massenware. Darüber aber steht eine Marke. Wie viele Leser hat die SWP davon informiert, dass ihre Redaktion keine Hand angelegt hat? Wo steht drüber: „Sorry, das ist nur irgendein Text, mit dem wir Sie aus Google anlocken wollen in der Hoffnung, dass Sie länger als 2 Sekunden auf unserer Seite bleiben“? Nirgends. Hier siegt Masse vor Qualität – und ein Anzeigenblättchen könnte das nicht billiger produzieren. Mit Journalismus aber hat das NICHTS zu tun. Es würde dem deutschen Journalismus aber helfen, würden sich die Journalisten damit beschäftigen, was dies für ihre eigene Arbeit bedeutet, dass da unter der Marke, für die sie arbeiten solche Texte verbreitet werden.
Franz 30. August 2013 um 10:48
Immerhin sicher bezahlt mit PaySafe Card. Aber sag niemals nie. Einmal nicht aufgepasst und dann das: http://www.franztoo.de/?p=1369
Martin Wind 31. August 2013 um 19:21
Ähnlich hochwertige Artikel hat auch „meine“ Tageszeitung, der Bremer Weser Kurier, zu bieten, Einzelheiten s. hier:
http://mhoch5.blogspot.de/2013/08/interneterklarer-als-neues.html
Philipp 1. September 2013 um 0:43
Genau das ist einem „Bekannten“ von mir auch passiert, auch auf so einer „Hausfrauenseite“!
Das witzige war dass unsere Bundespolizei dort kaum ein Wort richtiges Deutsch hinbekam und man da neuerdings auch per Paysafecard seine Strafe zahlen kann!
Doch ob dann so eine Meldung sein muss, Ich weiss nicht.
Wobei, wenn man sich den Gratiscontent dieser Lokalblätter ansieht, da steht nur so ein Mist drin. Hier zählt eben Masse statt Klasse.
Die Welt wird immer verrückter.
Grüße aus Kaiserslautern
Philipp
Fundraisingwoche vom 26.08.-01.09.2013 | sozialmarketing.de – wir lieben Fundraising 2. September 2013 um 17:02
[…] Und sonst? Die Fundraising Akademie startet den 2. Ausbildungsgang zum Philantropy Advisor. Zukunft war schon immer und Bewerbungen auch. Smartphones sind in Deutschland noch nicht wirklich angekommen. Dafür haben Versicherungen vieeeel Zeit für andere Dinge. Und die FDP hatte zu wenig Zeit für Recherchen. Und Tageszeitungen ist zu langweilig oder aber man mag nicht drüber nachdenken…. […]
Der kleine Online-Artikel zwischendurch | MainfrankenZweiNull 2. September 2013 um 18:51
[…] wenn es um Internetthemen geht, zeigt sich oft auch nicht gerade die geballte Kompetenz, wie bei Indiskretion Ehrensache kürzlich nachzulesen […]
Hene 5. September 2013 um 6:16
Was soll man denn noch alles erwarten, die junge Frau hat doch bezahlt, die Polizei hat es bestätigt und die Zeitung hat durch guten Journalismus darüber berichtet. Also alles so wie üblich. Den Trojanar gibt es schließlich noch nicht so lange.
-> Wer Ironie findet, darf sie behalten.