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shakin stevens this ole houseZu den, nun ja, dunkleren Seiten meiner Jugend zählt mein Spitzname: Shaky.

Den bekam ich weniger wegen meiner zugegebenermaßen wabbeligen Hüften, sondern wegen meiner ersten musikalischen Liebe: Shakin‘ Stevens, genannt „Shaky“.

Das war 1980, ich war 11, und zu jener Zeit erlebte Rockabilly eine kleinen Aufschwung. Tja, und Shaky, irgendwie so was wie ein Elvis für die britische Arbeiterklasse, war , was ich hören wollte, mit Songs wie „This Ole‘ House“, „Marie, Marie“ oder „Green Door“. Auch heute würde ich sagen: Das war keineswegs schlechte Musik – aber ich würde sie nur noch aus Nostalgiegründen hören. Zwei Jahre ungefähr dauerte diese Phase mit der Jeans-Jacke und den Shaky-Buttons – parallel zu einer kaum gleichzeitig zu bewältigenden Begeisterung für die letzten Ausläufer der Neuen Deutschen Welle.

Dann kam der komplette Umschwung in Form der NWOBHM – der New Wave of British Heavy Metal mit Bands wie Iron Maiden oder Saxon. Diese harte Zeit dauerte wieder zwei Jahre, dann riefen die Rodgau Monotones „Volle Lotte“ und die musikbegeisterten um mich herum auch, die Rodgaus brachten uns zu ZZ Top, dann kamen Thin Lizzy und Kiss, anschließend The Smiths.

Dafür sind Teenager-Jahre nun mal da: sich in Rollen ausprobieren um seine Position im Leben zu finden. Nur sehr, sehr, sehr selten gibt es Menschen, die sich ab dem Alter von 12 bis 16 gar nicht mehr verändern. Und meistens ist das nicht gut für sie, so im Gesamtbild.

Dies vor Augen gehalten habe ich inzwischen so meine Probleme mit der Angewohnheit vieler Medien, online wie offline, aus dem Verhalten von Teenagern Rückschlüsse auf die nähere Zukunft von Online-Angeboten zu ziehen, allen voran Facebook. In der vergangenen Woche geisterten zwei dieser Artikel durch die deutsche Social-Media-Gefilde. Beide waren sie auf Mashable zu finden und in einem berichtete die 13-jährige Rudy Karp, dass keiner ihrer Freunde auf Facebook zu finden sei. Kurz darauf warf die 15-jährige Adora Svitak ein, dass alle ihre Freunde auf Facebook aktiv seien.

Hinter dieser Angewohnheit, Teenager als Trendsetter für die Zukunft eines Web-Angebots zu sehen stehen aus meiner Sicht mehrere Fehlwahrnehmungen.

Fehlwahrnehmung 1: Facebook ist eine Teenager-Plattform.

Ist es nicht – und war es nie. Facebook ist für Studenten gebaut worden. Oder besser: Für Studenten auf der Suche nach, sagen wir, Lebensabschnittsgefährten. Und manchmal waren diese Abschnitte bewusst kurz gewählt. Im Laufe der Jahre ist die Plattform nicht jünger geworden, sondern älter, auch in ihren Funktionen. Sprich: Waren am Anfang Bilder und kurze Profilinformationen der einzige Inhalt, so traten textliche Inhalte immer mehr in den Vordergrund.

Mit Texten aber sind Jugendliche sehr vorsichtig, sie teilen Geschriebenes lieber nur mit einzelnen oder wenigen, bekannten Personen – zum Beispiel via SMS oder später über Whattsapp. Das liegt eben auch an der Angst, sich zu blamieren.

Trotzdem waren Teenager auf Facebook. Zum einen lag das sicherlich an der Vernetzung mit etwas älteren Jahrgängen. Der Hauptgrund, glaube ich, war: Es gab keine Alternativen.

Und dann kam Instagram. Oder Tadaa. Youtube mit seiner Youtuber-Kultur. Also Dienste, die vor allem mit Bildern und Filmen operieren. Eigentlich könnten sich junge Menschen hier noch viel schlimmer blamieren als mit Texten. Doch fällt es ihnen leichter zu beurteilen, welche Bilder in der Öffentlichkeit angemessen erscheinen und welche nicht, als dies bei Texten der Fall ist. Dafür war ein Lernprozess nötig, doch der lief schnell ab: Die einst von klassischen Medien gern angeprangerten Halbnackt-Fotos von Teenagern waren eine kurze Zeiterscheinung.

Und natürlich: Bild- und Videodienste machen es einfacher, Inhalte nur zu konsumieren. Der Wert von Social Networks aber steigt drastisch, trägt man selbst etwas zum Kommunikationsfluss bei.

Überhaupt sind Social Networks deshalb weniger etwas für Jugendliche. Sie beschränken sich in Netzwerken häufig erst auf einen kleinen Kreis von Kontakten, mit denen sie ohnehin in Kontakt stehen – also ihren starken Verbindungen. Erst später kommen schwächere Verbindungen hinzu, zum Beispiel durch verstärkte Sport- oder Musik-Aktivitäten oder durch Auslandsaufenthalte (dies ist eine anekdotische Beobachtung, leider konnte ich bisher keine Studie dazu finden).

Ohne, dass sie explizit auf Jugendliche zielen, entsprechen also andere Dienste als Facebook viel mehr dem Verhalten dieser jungen Zielgruppe. Das spricht nicht gegen Facebook. Hätte sich das Reiche Zuckerberg auf Teenager gestürzt können wir davon ausgehen, dass es nicht so groß geworden wäre, wie es heute ist. Denn wer möchte als Erwachsener so kommunizieren, wie ein Jugendlicher?

mädchenklein

Fehlwahrnehmung 2: Teenager verändern sich nicht.

Wie oben beschrieben: Teenager haben ihre eigene Rolle im Leben noch nicht gefunden. Und so probieren sie sich aus: mit neuer Kleidung, neuen Haarschnitten, anderer Musik, anderen Freunden. Das Leben als Jugendlicher kann unendlich langweilig sein, anderseits unendlich hektisch. Erst später, so um die 20, festigt sich manches, aber noch nicht alles. Ich kenne eine Reihe Menschen, die sich seit der Studienzeit wenig verändert haben – ich kenne kaum jemand, der sich seit der Schulzeit nicht verändert hat. Das betrifft auch die Mediennutzung: Meine Generation telefonierte als Teenager stundenlang und meist erzählten wir uns immer wieder das Gleiche; wir hörten intensiv neue LPs und lasen die Texte mit; wir lasen die „Bravo“;  wir guckten stundenlang MTV. Heute sind diese langen Telefonate die Ausnahme, Musik ist eher Hintergrund, die „Bravo“ interessiert nicht mehr und MTV gibt es in der damaligen Form nicht mal mehr.

In dem Maße, in dem unser Leben sich dem unser Vorgängergenerationen annähert – zum Beispiel durch Beruf und Familie – desto mehr nähern sich auch unsere Lebensgewohnheiten an. Natürlich gibt es Verschiebungen und Veränderungen. Grundsätzlich aber suchen wir mit einem Mal Orte auf, die wir als Teenager doof, spießig und uncool fanden – nur ist die Auswahl natürlich geprägt durch unsere vorherigen Erfahrungen. Es geht also nicht um ein deckungsgleiches Verhalten sondern um ein ähnliches.

Fehlwahrnehmung 3: Internet-Nutzung verändert sich nicht.

Es wäre in einer weiteren Folge ja nur natürlich, würde sich auch die Internet- und Social-Media-Nutzung verändern. Und dafür gibt es aus meiner Sicht Indizien.

Beispiel Myspace: Myspace war einmal riesig groß. Doch der optische Auftritt mit seinen Blingbling-Elementen war eben eher etwas für Teenager. In dem Moment, da Blingbling überüber war, wanderten die Nutzer hab. In jenen Jahren der Übernahme durch News Corp. gab es immer wieder den Rat, entweder das Design maßgeblich zu überarbeiten – und sich so den älter werdenden Restnutzern anzupassen – oder sich thematisch auf Musik zu fokussieren. News Corp tat weder das eine noch das andere und so wäre der Dienst heute schon verschwunden, hätte ihn 2011 nicht Specific Media übernommen, um ihn zur Musikplattform zu machen. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten – zumindest optisch schön ist Myspace heute. Die einst jugendlichen Nutzer aber sind weitergezogen.

Ein anderes Beispiel sind Raubkopien. Jugendliche haben wenig Geld aber viel Hunger nach Kulturgütern. Also raubkopieren sie Inhalte, als gäbe es kein Morgen. In meiner Jugend waren das Musik auf Kassetten und Commodore-64-Spiele, erst auf Kassette, dann auf Diskette. Wird also das ganze Leben raubkopiert? Nein. Die Inhalte aufzutreiben, die man gerne hätte, ist ein zeitaufwendiges Treiben. Und sobald in den Haushalt eine gewisse Summe Geld fließt – während gleichzeitig das freie Zeitbudget sinkt – verändert sich das Medienverhalten in Richtung Kauf.

Ich glaube also, dass die Untergangsszenarien, die für einzelne Web-Dienste gemalt werden, weil Jugendliche sie nicht oder nicht mehr nutzen, von einem realitätsfernen Menschenbild ausgehen. Wir verändern und im Leben und diese Veränderung betrifft auch die Mediennutzung und unsere Kommunikation – also logischerweise auch Social Media. Und manches nutzen wir, weil es zum Alltag geworden ist. Gerade jene Studie, die von der 13-Jährigen-Facebook-Skeptikerin angeführt wurde betont ja, dass Teenager auf der Plattform bleiben – sie nur nicht mehr so enthusiastisch nutzen.

Das soll nicht heißen, dass Facebook nicht an sich arbeiten müsste. Aber die Zukunft vorzufühlen ist ein komplexerer Vorgang als Jugendliche zu fragen, was sie gerade cool finden.


Kommentare


ring2 20. August 2013 um 18:24

Die Wette aber, dass Facebook die folgende Generation der heute 13-16-Jährigen aber noch abbekommt, ist nicht gewonnen. Schlechterdings stehen die Wetten, betrachtet man das Schicksal von MySpace und Co. sogar eher schlecht. (Also ehrlich, das würde ich mir sogar wünschen ;))

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Somaro 21. August 2013 um 15:09

Seltsam das, einer dieser Artikel bei denen ich den Einruck habe, dass Sie, Mister Knüwer, unter allen Umständen Social Media positiv sehen wollen.

Sie verzeihen, wenn ich meine Ausführungen kürze:
These 1: Für wen die Plattform gemacht wurde ist irrelevant. Fakt ist, dass nach den Studenten erst die Schüler kamen. Jugendliche eben. Dann kamen die Freunde der Jugendlichen. Dann Nähere Bekannte. Und so weiter.
Jugendliche haben die Plattform groß gemacht und sie werden wieder gehen, wenn sie dort nicht mehr unter sich sind sondern bei jedem Post mit Kommentaren von Eltern und Älteren rechnen müssen.

These 2:
Teenager ändern sich auch nicht, Menschen ändern sich generell nicht. Sie haben früher viel telefoniert, heute wird viel gechattet. Gleiches Verhalten, unterschiedliches Medium. Früher haben Teenager über Bilder in der Zeitschrift abgelästert, heute lästern sie über Fotos in facebook oder am Handy. Gleiches Verhalten, anderes Medium.
Lassen Sie mich hier meine Verwunderung zum Ausdruck bringen dass Sie der Logik der Verlagsmanager folgen, die da lautet: Inhalt und Medium ist das gleiche.

These 3:
Hier widersprechen sie sich völlig. Auf der einen Seite schreiben Sie diesen Artikel nur um den Zeitungen zu widersprechen, dass Facebook Probleme hat, mit Jugendlichen. Hier plötzlich geben Sie zu, dass kein Dienst ewig hält.

Fazit:
Sie schreiben, dass die Zukunft vorherzusagen komplex ist. Schade, dass sie es sich einfach machen die Indizien welce (zugegebenermaßen übertrieben dargestellt wurden) mit persönlichen Erfahrungen, kruder Argumentation und mindestens einem Widerspruch wegfegen.

Ich bin wirklich entsetzt, denn Sie bieten oft sehr schöne Analysen die mit Quellen, Zitaten und noch mehr gespickt sind. Sie geben sich gerne viel Mühe.

Warum wirkt dieser Artikel also, als hätte ein Kleinkind auf den Tisch gehauen, auf das Nachbarskind gezeigt und gesagt: „Ich habe aber Recht. Ich! Ich! Ich“?

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Thomas Knüwer 21. August 2013 um 15:32

Na, bei Ihrem Beitrag darf ich aber auch ein wenig entsetzt sein…

1. Ihre Behauptung ist nachweislich falsch. Dazu empfehle ich auch – wie so oft – das lesenswerte Buch „The Facebook Effect“. Facebook war bereits groß, bevor irgendjemand anders als Studenten es überhaupt nutzen konnte. Denn der Zugang war ja nur über E-Mail-Konten von Universitäten möglich – und die haben Schüler nicht. Natürlich ist es relevant, für wen ein Produkt gemacht wird. Denn das determiniert die Zielgruppe, die Zielgruppe determiniert das Handeln des Managements.

2. Menschen ändern sich nicht? Teenager verändern sich nicht? Ihr gesamtes Umfeld ist noch so wie als Zwölfjährige? Meines nicht. Und die Kinderpsychologie ist auch anderer Meinung.

3. Wo habe ich geschrieben, kein Dienst überdauere? Ach ja, nirgends. Myspace hat strategische Fehler begangen. Es hat sich nicht auf seine wichtigste Nutzergruppe konzentriert, Teenager nämlich, oder hat deren primäres Interesse an der Plattform in den Vordergrund geschoben, die Musik. Aber dass alle Dienste nun nach ein paar Jahren von uns gehen, steht da nirgends.

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Respekt für Facebook 4. Februar 2014 um 18:37

[…] Solche Geschichten gibt es einige. Es ist bemerkenswert, wie wenig Respekt Facebook dafür in Deutschland bekommt. Stattdessen werden vollkommen falsche Behauptungen und Annahmen aufgestellt. Ein schönes Beispiel dafür ist die nicht enden wollende These, das Ende von Facebook sei nah, weil Teenager den Dienst nicht mehr so häufig nutzen (zu dieser These hatte ich schon einmal ausführlicher geschrieben). […]

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Warum Marken und Medien einen Blick auf Snapchat werfen sollten 6. November 2015 um 16:32

[…] Nun ist das ja so eine Sache mit den Diensten, die zuerst von den sehr Jungen entdeckt werden. Denn jeder Mensch verändert sich in seinen Teenager-Jahren stark und entsprechend schwankt nicht nur sein Musikgeschmack, sondern auch seine Digitalnutzung (weshalb ich hier schon mal schrieb, dass uns Jugendliche wenig über die Zukunft von Facebook verraten). […]

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