In der Serie “Netzwert Reloaded” verfolge ich jeden Montag, was das Team von Handelsblatt Netzwert vor exakt 10 Jahren über das digitale Geschäft schrieb. Durch das Projekt Wiredkann es allerdings zu Verzögerungen kommen. Alle Netzwert-Reloaded Folgen finden Sie hier.
Das klingt nach Social Media-Präsenz: „Kurze Reaktionszeit bei Kundenanfragen und die Integration aller Kontaktkanäle… Der Kunde soll über alle Kanäle hinweg tunlichst die gleiche Auskunft bekommen.“
Tatsächlich aber schrieben die Berater von Arthur D. Little dies Unternehmen vor 10 Jahren ins Lastenheft – zum Thema Customer Relationship Management. Dies war tatsächlich am 1. Oktober 2001 noch eine Erklärung in Form eines Netzwert-Artikels wert. Denn außerhalb der Konzern-IT war vielen Marketing-Leuten (und anderen Abteilungen) nicht klar, was Kundendaten bewirken können.
Ein Beispiel aus dem Hause Lufthansa: Die wunderte sich, warum es zwar viele Business-Flüge von Kunden mit Frequent-Flyer- oder Senatur-Status am Montag-Morgen nach Paris gab – doch deutlich weniger Rückflüge gebucht wurden. Die Passagiere wurden per Fragebogen angeschrieben. Ergebnis: Die letzte LH-Maschine aus Paris am Freitag hob zu früh ab, Air France flog später. Ergebnis: Lufthansa installierte ebenfalls einen späten Flug aus Paris.
Das klingt heute wie Pillepalle. Doch tatsächlich waren vor 10 Jahren solche Erkenntnisse noch höchst überraschend. Und vieles, was damals über CRM geschrieben wurde, gilt heute für Social Media. Zum Beispiel das Problem der Vereinheitlichung der Datenbanken:
„,Momentan sieht es in den Unternehmen häufig aus wie auf einer Pilzfarm‘, sagt Wilhelm Lerner, Partner bei Arthur D. Little. Viele Abteilungen wie Marketing oder Vertrieb hätten in der Vergangenheit ihr eigenes CRM-Projekt – ihren eigenen kleinen Pilz – sorgsam gezüchtet. Und nun könne man sicher sein: Unter jedem einzelnen Pilz liege eine Datenbank. Wie langwierig und kompliziert die Integration in eine einheitliches System ist, weiß Christoph Ganswindt, Leiter CRM bei der Lufthansa: ,Da sich die Technik bei uns über die Jahre hinweg entwickelt hat, gibt es aktuell noch viele Insellösungen.'“
Faszinierend in jener Netzwert-Ausgabe ist der Blick auf die Klickraten, eine Rubrik, in der jede Woche auf Nielsen Netratings basierende Klick-Hitlisten veröffentlicht wurden.
An diesem 1. Oktober sind es die Top-10-Informationsseiten in den USA. Und die erlebten ab dem 11. September gigantische Zuwachsraten, bei Times.com waren es zum Beispiel 1132% – nein, da fehlt kein Komma. Es war eben jener Tag, an dem Millionen Menschen das Internet als wichtigste Nachrichtenquelle in Momenten entdeckten, an denen tatsächlich etwas Gewichtiges passiert.
Doch es gibt auch Dinge, die sich geändert haben in jenen 10 Jahren. Oder Menschen. Wie Lawrence Lessig. Der Jura-Professor und großartige Redner hielt sich in jenem Jahr 2001 nämlich für „gnadenlos unparteiisch“. Das würde er heute sicher nicht mehr so sehen: Die Bush-Ära hat ihn eindeutig Stellung beziehen lassen gegen die republikanische Partei. Heute allerdings hat er genauso wenig Problem wieder die Obama-Regierung anzugreifen.
Was er damals sagte gilt noch immer an dem Tag, da die Internet-Enquete-Kommission nicht zu einem Gesetzt in Sachen Netzneutralität raten mag, weil es angeblich keine „unmittelbare Gefahr“ gibt:
„Das, was das Internet anfangs so Besonders gemacht hat, ist dahin… Große Unternehmen verändern die Architektur des Internets um mehr Kontrolle ausüben zu können… Ich fürchte, dass das Internet so etwas wird wie Kabelfernsehen, wenn sich große Unternehmen wie Microsoft und AOL Time Warner erst einmal weiter ausbreiten.“
Kommentare
Finmike 17. Oktober 2011 um 18:04
„Durch das Projekt Wiredkann es allerdings zu Verzögerungen kommen.“ – kommt denn da noch was nach, wenn ich mal so unverblümt fragen darf?
(Abgesehen von den Spesen, latürnich)