Für Bodo Hombach besteht der größte Teil der Menschen aus Lachsen. Über die denkt er, so schrieb es die „Zeit“:
„Hombach hat die Achtung vor den Lachsen verloren, weil sie ihm ihre enttäuschende Schlichtheit offenbarten, ihre billige Verführbarkeit, die es dem Verführer unmöglich macht, sich großartig zu finden und sich in diesem berauschenden Gefühl zu verlieren.“
Da ist der Co-Geschäftsführer des Waz-Konzerns nicht anders als andere Medienmanager. Sie alle halten die Menschen da draußen für Lachs. Für enttäuschend schlicht. Für billig verführbar. Für dumm. Weshalb sie keine Respekt vor ihnen haben. Weshalb sie ernsthaft glauben, niemand würde merken was für einen peinlichen und rückgratlosen Lobbyismus betreiben, der ihrer besonderen Stellung im Rahmen einer Demokratie Schande bereitet.
Tummelplatz der Lachs-Hasser ist in diese Tagen das „Handelsblatt“.
Jeder darf mal. Erst Döpfner, dann Piel nun Hombach. Wer Medienmanager ist muss bei Deutschlands meistverkaufter Wirtschaftszeitung nicht fürchten, auch nur eine kritische Frage zu hören. Und der Verdacht muss erlaubt sein: Gilt das nur für die Medienbranche – oder für alle? Dann wäre das „Handelsblatt“ als Instrument für die Finanzbranche verzichtbar.
Vielleicht soll die Illustration schon zeigen, wie weit Hombachs Beitrag von der Realität entfernt ist: Sie zeigt den Waz-Co-Chef so schlank, wie er seit Teenagerjahren nicht mehr war – dafür aber mit einem Gebiss, als habe die AOK, die Zahnversorgung schon vor Jahrzehnten eingestellt.
Hombachs Text ist so wenig medienkundig, wie das, was er vor einiger Zeit für das Hausblatt schrieb. Vielleicht würde es ihm helfen, endlich jenen Diskurs einzugehen, den er einst selbst forderte – sich ihm aber seitdem schweigenderweise entzieht. Da hat auch eine Videoschulung nichts geholfen, die ich hier einfach nochmal einbinde:
Es gibt wirklich auch lustige Passagen. Zum Beispiel die Behauptung, die Menschen würden für journalistische Leistungen im Web Geld zahlen, weil sie doch auch für Filme oder Musik zahlten. Wer Bodo Hombach beim nächsten Mal begegnet, darf ihn fragen wie oft er so eine „Waz“ liest. Sicherlich aber nicht so häufig, wie ich schon „Born to run“ von Springsteen gehört oder „Harry und Sally“ gesehen habe. Journalistische Inhalte sind unvorhersehbar, vorhersehbar aber nur einmal interessant – und deshalb zahlen Leser nicht für die Inhalte, sondern für den einmaligen Zugang.
Seine SPD-Wurzeln merkt man Big Bodo auch an. Paid Content funktioniere, wenn die Anbieter sich nicht kanibalisierten – was wohl der Aufruf zur Absprache ist. Das Kartellamt könnte Interesse haben. Aber Kapitalismus war ja noch nie die Stärke der SPD in NRW.
Weitere Punkte aus Hombachs Text können Sie auch beim geschätzten Julius Endert nachlesen – der sich mehr erzürnt hat.
Jene erste Passage des Textes, die er zitiert, ist aber das eigentlich schöne an Hombachs Text. Dort schreibt er:
„In der Frühphase des Internets ging es um explosive Ausweitung und naive Erkundung der neuen Möglichkeiten. Neben massenhaftem Müll wurden auch wertvolle Inhalte für ‚lau‘ verschleudert oder raubkopiert.“
Das „Handelsblatt“ hat erkannt, dass sich dies ändern muss. Der Text von Hombach ist nicht frei zu bekommen – die Wirtschaftsredaktion hat damit ein klares Zeichen gegen die Befüllung des Internes mit Müll gesetzt.
Denn so bleibt Platz für wahren Qualitätscontent:
Kommentare
Eckhard Supp 6. Januar 2011 um 20:40
Geschäftsmodell Internet: Der Distributeur (Zugangsprovider) kriegt alles, der Erzeuger (des Content) kriegt nichts, zahlt sogar selbst für die Distribution (Hosting, Server). Brave New World! Das ist ungefähr so, als bekäme der Kioskbesitzer einerseits ein Nutzungsentgeld vom Zeitungsleser und müsse der Verleger andererseits für die Präsenz seiner Titel im Kiosk zahlen. Warum kümmert sich eigentlich mal niemand um diese (!) Front (Telekom, 1&1, etc. etc.). Das wären diejenigen, die von ihren gigantischen Margen eine halbe Armee von guten (!) Contentlieferanten (Journalisten) finanzieren könnten. Hier ist der Kuchen! Verteilen wir Ihn!
Andreas Krey 6. Januar 2011 um 22:17
Der Distributeur kriegt recht wenig und hat davon genug zu
zahlen (VDSL, anyone?); die Werbekuchenzerschneider (Google) sind
die, die Geld über haben. Das für die Zeitungen dumme ist schlicht,
daß Werbung nicht mehr an Zeitungen gebunden ist. Schließlich
versucht ja gerade die Telekom selbst wiederum, von den
Content-Anbietern Extramaut zu erp…halten. Wird lustig, wenn dann
Verleger und Telekom sich gegenüberstehen und jeder Geld vom
anderen will. Ach, und nebenbei: Es gibt da so ein neumodisches
Ding namens Gratiszeitung. Aber erst Inhalte ‚gratis‘ (als Köder
und/oder werbefinanziert) ins Netz zu stellen, und dann zu jammern,
daß man dafür Geld will, ist einfach nur hochnotpeinlich.
vo_bonn 6. Januar 2011 um 23:14
Lieber Herr Knüwer Daumen hoch! Die web1.0er haben immer
noch nix gemerkt! Das ist die strategische Chance der Bürger im
Streben nach echter Demokratie und Transparenz! Weiter so, Sie
haben meine volle Sympathie. Alles Gute in 2011
Links anne Ruhr (07.01.2011) » Pottblog 7. Januar 2011 um 5:19
[…] Mir reicht’s langsam! Brief an Bodo Hombach
(julius01) – Siehe auch: Bodo Hombach, der Müll
und das Netz […]
Eckhard Supp 7. Januar 2011 um 10:34
@Andreas Krey Keine Frage, die Unsitte des „Gratiscontents“ haben die Verleger selbst angefangen, darauf habe ich auch bereits in meinem Vierteiler „Das Internet und die Medien“ (http://www.enobooks.de/aktuell/blog/das-internet-und-die-medien-1-teil-presse-weinpresse-beweinte-presse) hingewiesen. Auch richtig, dass Google & Co. einen großen Teil des Werbekuchens erhalten, aber wenn ich mir die Zahlen erfolgreicher Newsmodelle im Internet (Spon, Bild, etc.) anschaue und auf die gängigen TKP runterrechne, dann dürften auch die ein gutes Stück davon abkriegen – im Unterschied zu vielen kleinen Special-Interest-Angeboten, die im Print noch einen viel substanzielleren Teil des betreffenden Kuchens essen durften, denen das aber mit der Verteilungpraxis der großen Anzeigennetzwerke schwer fallen dürfte.
Aber ich bleibe dabei: Die eigentlichen Nutznießer der wirtschaftlichen Verzerrungen im Internet sind Zugangsprovider und Hoster. Sie werden von beiden Seiten bezahlt, vom Leser wie vom Contentlieferanten. Ich kann nicht sehen, dass es ein solches Modell in der Publizistik schon einmal gegeben hätte. Bei den Gratiszeitungen bestimmt nicht, denn für die musste ich als Leser eben keine (!) Zugangsgebühr bezahlen (allenfalls die größere Mülltonne). Und die Tränen über die hohen Kosten der Provider (UMTS, VDSL etc.) sind doch nur Krokodilstränen. Diese Ausgaben haben sich, wenn ich die Bilanzen richtig lese, meist sehr schnell refinanziert. Dass die Provider (Telekom etc.) derzeit versuchen, von den Contentlieferanten Extragelder zu kassieren, ändert ja an dieser Analyse nichts, demonstriert nur, wie sehr sich deren Gier verselbständigt hat.
Lars Fischer 7. Januar 2011 um 11:04
„Ich kann nicht sehen, dass es ein solches Modell in der
Publizistik schon einmal gegeben hätte.“ Dochdoch. Man nannte es
Zeitung. Da haben sowohl die Leser bezahlt (für den Zugang zum
Inhalt) als auch die Werbepartner (für den Zugang zum Leser). Das
ist genau das gleiche Prinzip wie mit den Providern heute: Wer das
Medium bereitstellt, bekommt das größte Stück vom Kuchen (deshalb
wird das iPad die Verlage auch nicht retten, btw).
Lars Fischer 7. Januar 2011 um 11:16
Auch sehr schön:
http://sprachlog.posterous.com/geistiges-eigentum-nachtrag „Worum
auch immer es in der Debatte um geistiges Eigentum geht, es geht
nicht um die Rechte der Autoren.“
Die wunderbare Welt von Isotopp 7. Januar 2011 um 16:31
URL-Sturm „Medienwandel“…
2011 – der Anfang vom Ende des linearen Fernsehens? – Videoportale
vs. klassisches Fernsehen und die Mediatheken. Auch das Fernsehen
wird sich verändern, das ist unabwendbar. Noch haben die Sender
eine Chance etwas zu bewegen, aber sie werden sich selb…
Ein Verdienstkreuz für die Dinos, bitte! at JakBlog 7. Januar 2011 um 20:30
[…] ziemlich über sie echauffieren kann. Niggemeier
schreibt über Piel, Knüwer über Hombach, Don Alphonso über alle
zusammen. Und tatsächlich ist die Kritik in den einzelnen Fällen
jeweils […]
Pottblog 11. Februar 2011 um 7:32
next: Ich möchte Bodo Hombach und Thomas Knüwer auf dem Panel sehen!…
Am 17. und 18. Mai 2011 findet in Berlin die next conference 2011 statt. Für diese Konferenz, die übrigens Blogger willkommen heißt, kann man das Programm selber vorschlagen bzw. darüber abstimmen. Über die Website vote.nextcon…