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monopol coverEine der bemerkenswertesten Chefredakteurs-Leistungen in der deutschen Print-Landschaft, jedenfalls nach meinem Geschmack, erfährt zu wenig Würdigung. Es ist die Arbeit von Cornelius Tittel.

Sein Name wird den meisten wenig bis gar nichts sagen. Im Jahr 2007 übernahm er, von der „Welt am Sonntag“ kommend, die Leitung des Kunstmagazins „Monopol“. Damals machte ich mir ein wenig Sorgen um das Blatt. Kurz vor dem Start von Monopol, im Frühjahr 2004, hatte ich mit den Gründern Amélie von Heydebreck und Florian Illies beisammen gesessen. Es war vielleicht die letzte Aufbruch-Stimmung der deutschen Print-Branche. „Monopol“ wurde wegen Illies Bekanntheit mit Spannung erwartet, Oliver Gehrs landete mit „Dummy“ in Medienkreisen einen Überraschungserfolg, und „Voss“ versuchte eine Uralt-Marke wiederzubeleben In das Gespräch mit Illies ging ich grundskeptisch: Sein Buch „Generation Golf“ fand ich schrecklich und platt und langweilig. Doch was er über das Konzept erzählte, machte mich neugierig. Denn seine Zielgruppe, das war irgendwie auch ich. Interessiert an zeitgenössischer Kunst – aber nicht angesprochen von den altbackenen Magazinen auf dem Markt. Mit der ersten Ausgabe wurde ich Abonnent.

Die erste Ausgabe von „Monopol“ war stark. Sie hielt wunderbar die Waage zwischen feuilletonistischem Anspruch und entstaubter Sprache, sie war für jeden lesbar – nicht nur für Kenner. Drei Jahre blieb Illies an Bord, das Magazin wurde ein wenig schwächer, gefiel mir aber weiterhin.

Dann kam Tittel.

Man merkte innerhalb eines Jahres, dass sich etwas tut – nicht unbedingt zum Guten. Da fehlte manchmal der rechte Kurs, die Richtung, in die es gehen sollte. Dann aber wurde „Monopol“ immer besser. Deutlich besser auch, als unter Illies. Das Blatt bezog Stellung, hatte Lust auf Meinun, ärgerte gerne mal ein die Großen der Kunstszene. Und das mit feinem Florett und größtenteils verständlicher Sprache. Optisch hat es ohnehin leichtes Spiel: Kunst lässt sich nun mal wunderbar abbilden.

Mit dem Internet fremdelt „Monopol“ ein wenig. Stück für Stück hat man sich geöffnet, aber auf der Höhe der Zeit ist das meiste noch nicht. „Beta“ steht über der Homepage. Immerhin gibt es schöne Ideen wie Monopol-TV, eine Videoreihe, die einbindbar ist:

Mit der jüngsten Ausgabe verlässt Cornelius Tittel „Monopol“. Leider. Er wird Feuilleton-Chef der „Welt“. Ihm folgt „Süddeutsche“-Mann Holger Liebs. Von all den Mediendiensten wird diese Personale pflichtmäßig begleitet. Mehr nicht, die meisten Medienjournalisten sind keine Kunstfreunde. Deshalb rafft sich leider niemand auf, einfach mal niederzuschreiben, dass Tittel in den vergangenen drei Jahren einen verdammt guten Job gemacht hat.

Ich bin noch immer „Monopol“-Abonnent – mit Überzeugung.


Kommentare


Schnell geschossen « …Kaffee bei mir? 1. April 2010 um 0:07

[…] April 2010 von opalkatze Bei Thomas Knüwer sah ich das Foto einer Zeitschrift. Auf Twitter habe ich das schlechte Französisch moniert, das auf dem Titel zu lesen ist. Von […]

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jep 2. April 2010 um 8:13

Ist uns alles nicht entgangen. Die „Welt“ lobt die Leistung Tittels nicht nur, sie belohnt sie auch. Jetzt können Sie sich auf seine Arbeit in „Welt“ und „Welt am Sonntag“ freuen.

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Barbara Freitag 3. April 2010 um 15:36

Lieber Thomas Knüwer,

es ist wohltuend, dass Sie dieses Defizit festellen – und anmahnen. Cornelius Tittel hat in den drei Jahren seiner journalistischen Verantwortung das Kunstmagazin monopol zu dem führenden meinungsbildenden Medium im deutschsprachigen Kunstbetrieb geformt.
Die Leistung des scheidenden monopol-Chefredakteurs und des Menschen Cornelius Tittel hat jetzt – zum Zeitpunkt seines Wechsels zur Welt-Gruppe – auch Worte des Dankes und der Anerkennung für eine grandiose journalistische Leistung in der Medienöffentlichkeit verdient.

Insofern freue ich mich, dass Sie Tittels journalistische Leistung für monopol angemessen würdigen. Sozusagen Ehrensache ohne Indiskretion.

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