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Ich Mann. Ich Fleisch wollen. Großes Fleisch. Und Tier muss gelitten haben. Schmeckt Mann sofort. Todesquieken macht delikat.

Und deshalb kommt als zweiter Gang des G+J-Testosteron-Days das Kochmagazin „Beef“ auf den Tisch. Und es zeigt: Dem Verlag ist doch nicht jede Form von Schwung verloren gegangen – im Gegenteil. JA!, möchte man schreien, JA! Es geht doch! Ein Magazin, das schon beim Öffnen Spaß macht, das Hochwertigkeit ausstrahlt und Herzblut und Ideen.

Dabei klingt doch die Ausgangsidee wie aus dem schlimmsten Schnittmusterbogen der Anzeigenverkäufer: Immer mehr Männer kochen, Männer bringen das Geld nach Hause, also geben sie auch viel Geld für Kochen aus. Oder sie wollen mit dem Kochen eine Frau ins Bett bringen – und das war dem Mann an sich ja schon immer eine Investition wert.

Zum Beipspiel 9,80 Euro für ein Magazin.

Doch das rechtfertigt den Preis mit einer entsprechenden Anmutung. Da gibt es ein ausklappbares Menü mit Handlungsanweisungen: „4 Gänge, 5 Stunden, 6 Freunde“.

Nun muss ich ja eines hinzufügen: Ich koche selbst nicht. Also, gut, Nudeln mit Pesto klappen. Wenn das Pesto aus dem Glas kommt. Dafür esse ich sehr, sehr gern und blogge darüber ja auch. Aber es gibt in meinem Freundeskreis eine Reihe Männer, die selbst am Herd stehen – und alle entwicklen sie eine große Akribie für dieses Thema.

Sie werden sich erfreuen an schönen Geschichten, zum Beispiel einen toll geschriebenen Hausbesuch beim Bildhauer Konrad Winzer (nur schade, dass Winzer selbst so unbekannt ist – das nimmt ein wenig vom Leseanreiz). Oder Restaurans nahe des Vatikans mit hohem Geistlichenanteil – hübsche Idee. Ebenso die Steak-Weltmeisterschaft: verspielt gemacht aber trotzdem mit Nutzwert.

Und natürlich die Fotos! Was für wundervolle und kreative Bildstrecken. Da werden teure Messer zu Mordinstrumenten arrangiert und Salzsorten mit Modelleisenbahnfigürchen fotografiert.

„Beef“ also hat Potenzial. Es gibt nur einen Haken. Die Redaktion erweckt den Eindruck, wissenstechnisch weit hinter ihren Lesern herzuhinken. Entschuldigung, aber: TOMATENSAUCENREZEPTE FÜR LEUTE, DIE HUNDERTE VON EUROS IN MESSER UND 9,80 EURO FÜR EINE KOCHZEITSCHRIFT INVESTIEREN? ICH GLAUBE ES HACKT!

Das gleiche trifft auf das Wein-Dossier zu: Wer das noch nicht weiß, was dort drinsteht, der kauft auch nicht „Beef“. Da schreibt eine Redaktion massiv an ihrer Zielgruppe vorbei – und es steht zu befürchten, dass sie es auch nicht besser weiß.

Das ist schade. Denn das Konzept von „Beef“ ist toll. Gelegentlich könnten nur ein paar längere Texte gut tun. So etwas wie jener Salz-Text der geschätzten Madame Modeste. Ohnehin: So ein paar Kolumnen wären noch hübsch.

Aber insgesamt: Pfanne hoch für „Beef“ – ein Magazin, aus dem etwas werden kann.

Der dritte Teil des Testosteron-Days kommt dann morgen – ich muss erstmal was essen.


Kommentare


Lisa 15. Oktober 2009 um 19:55

Ist ja ekelhaft, eeeeekelhaft! Thomas, die armen Tier – ich bin enttäuscht von Dir!
L.

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stk 15. Oktober 2009 um 19:55

Ooooh, ich widerspreche. Ich hab die Zeitschrift neulich schon gesehen und wollte sie gleich kaufen, hatte aber keine Kohle dabei. Ich bin naemlich Studi. Und ich will endlich _vernuenftig_ kochen lernen. Und ich gebe ganz freimuetig zu: Nein, so ne richtig vernuenftige Tomatensauce bekomme ich immer noch nicht hin. Und endlich mal nicht nur chefkoch.de-Ausdrucke vor sich liegen zu haben, sondern so ein richtig, mit Verlaub, geiles Magazin, in dem sowohl ein paar Basics sind, als auch die richtig tollen Sachen, an die ich mich dann irgendwann mal mit zwei Kumpels in deren grosser Kueche traue.

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mark793 15. Oktober 2009 um 20:33

@TOMATENSAUCENREZEPTE FÜR LEUTE, DIE HUNDERTE VON EUROS IN MESSER UND 9,80 EURO FÜR EINE KOCHZEITSCHRIFT INVESTIEREN?

Och, ich weiß nicht, ob sich das wirklich ausschließen muss. Im Zweifelsfall werden mehr Männer das Heft kaufen, die endlich mal eine vernünftige Tomatensauce hinkriegen wollen als Männer, die sich von blinden japanischen Greisen mundgeschmiedete Fischmesser für fünfstellige Summen leisten. Die Vogue wird ja auch nicht nur von Frauen gelesen, die sich jede Saison aufs Neue das schönste aus den aktuellen Kollektionen leisten können. Eine Zeitschrift hat doch nicht nur die Funktion eines Katalogs, sie soll ja auch einen Schaufensterbummel ermöglichen.

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Dieter 15. Oktober 2009 um 21:15

Wenn man nicht drauf kommt, beef.de einzugeben, ists gar nicht so leicht, die Website des Magazins zu finden. Auch weil die seltsamerweise hier nicht verlinkt wird.

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Marqueee 16. Oktober 2009 um 12:59

Ich, männlich, hetero, gut, gern und oft kochend, so gesehen also Beef!-Kernzielgruppe, habe einen leicht anderen Eindruck vom ersten Heft gewonnen: konzeptionell unausgegoren (da sind wir uns ja noch einig), weitgehend substanzlos (ich empfand den Weinteil da eher als wohltuende Ausnahme, obwohl zugegeben: nichts neues drin), vor allem aber stets bemüht, in jeder Zeile so etwas wie eine Haltung zu demonstrieren, dabei aber doch nur pubertäre Posen produzierend, die zwischen schwer albern und leicht peinlich changieren.

Aber zugegeben: Es ist das Magazin zum Koch-Hype, gemacht für die gleichen Leute, die 10 Euro für 60 gr. Pinienkerne ausgeben, solange die nur in schick designten Alu mit Sichtfenster verpackt sind (obwohl genau das die sichere Garantie dafür ist, dass die Dinger in Rekordgeschwindigkeit verrandzen) und sich dazu mit Ofenhandschuhen und Schürze in Pantonefarben ausstatten. Ob diese Zielgruppe dauerhaft groß genug ist, um 100.000 Hefte zu verkaufen, bezweifle ich stark.

Time will tell…

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Rainersacht 16. Oktober 2009 um 15:13

Das Ding geht VÖLLIG vorbei an dem, was kochende Männer lesen wollten, würden sie denn was anderes lesen als Kochbücher. Die vielen kochenden Genossen, die ich kenne, wollen gar keine Superdupermesser und Küchentechnokram – die wollen schnell und gut und vor allem PRAGMATISCH kochen. Dafür braucht\’s kein Magazin, sondern die vorhandenen Kochblogs und -foren.

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Leon 19. Oktober 2009 um 9:17

Mitlerweile sollte der degenerative Nebeneffekt bei übermäßigen Verzehr von Fleisch und Fisch aus ernährungsphysiologischer und globalökologischer Sicht bekannt sein. Ich bin vegetarischer Koch, und der Titel allein ist für mich Grund genug dieses Heft nicht zu kaufen. Die einzige Mangelerscheinung die ich als Vegetarier habe, ist das mangelde Vertrauen der Fleischindustrie gegenüber, die sich über dieses Heft besonders freuen dürfte.
Männer, wenn Ihr was gutes tun wollt, dann macht nicht jeden Hype mit, sondern schaltet den Kopf an!

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Gruner + Jahr-Testosteron-Day III: 7. August 2011 um 11:53

[…] Und dazu trinken. Und dann nicht mehr können bloggen. Deshalb gestern konnte nicht vollenden Gruner + Jahr-Testosteron-Day. Aber heute sein auch noch […]

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