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Vor einiger Zeit gehörte ich zu den Mitautoren des Internet Manifestes. Es ist ein Text, der für reichlich Wirbel gesorgt hat, mehr Wirbel als selbst eine Gruppe dieser Größe hätte überschauen können. Und natürlich schrien die bösesten Kritiker am lautesten, das ist aber nun mal immer so. Denn Zustimmung in langen Worten ist schleimig, nur Kritik ist lang.

Und bevor die Diskussion darüber in den Kommentaren losgeht, zwei Anmerkungen. Der Titel „Manifest“ war so mittel glücklich. Doch unter den Kritikern waren viele, die sich allein am Titel rieben, ohne über die Inhalte nachzudenken.

Zum anderen hätten wir definitiv und unübersehbar anmerken sollen, dass unser Text eine Reaktion auf die Hamburger und Heidelberger Eklärung waren.

Das Manifest hat zahlreiche Diskussionen angestoßen. Und sie sind noch längst nicht beendet. Denn in den Verlagsführungen, an die sich unser Text maßgeblich richtete, wird halt ein wenig langsamer gemahlen.

Und so ist nun ein Text von Bodo Hombach erschienen, Mit-Geschäftsführer des Waz-Konzerns.

Dieser Text hat mich gestern ratlos hinterlassen. Weshalb ich eine offene E-Mail an Herrn Hombach verfasst habe, die ihm heute auch direkt zugegangen ist. Sehr geehrter Herr Hombach,

zunächst zwei Formalien. Diese E-Mail ist eine offene. Ich werde den Text in meinem Blog Indiskretion Ehrensache veröffentlichen. Zum anderen: Dies ist meine Einzelmeinung – die Unterzeichner des Internet Manifestes sind eine sehr heterogene Gruppe.

Herr Hombach, vielleicht erinnern Sie sich: Wir saßen einmal ein Mittagessen lang nebeneinander.

Es war jenes Treffen weit vor dem Start von Der Westen, zu dem Ihr Haus Blogger eingeladen hatte, um denen den noch jungen Stand des Projektes zu erläutern. Nach der Begrüßung, wir alle standen noch, ging es zu Tisch. Und sie riefen aus: „Ich setzt mich neben den Knüwer, der mag mich sowieso nicht.“

„Verdammt“, dachte ich in diesem Moment: „Was hast du vergessen?“ In der Tat hatte ich nicht mehr im Kopf, dass ich mich einige Monate vorher echauffiert hatte über einen Vortrag von Ihnen. In dem priesen sie das Internet und ich riet Ihnen mal einen Blick auf waz.de zu werfen – zu Zwecken der Selbsterkentnis.

Diese runde Stunde neben Ihnen hat mich beeindruckt. Ich gewann den Eindruck: Da arbeitet sich jemand in das Thema ein, ist interessiert, will dazulernen. Ich glaubte Ihr Unternehmen auf einem guten Weg.

Leider durfte man im Laufe der Monate immer stärker zweifeln, ob dem so ist. Die angekündigte Bezahlung von Bloggern bewegte sich auf dem Niveau von Anerkennungszahlungen, die Investitionen waren längst nicht so hoch, wie vollmundig verkündet und jenes Treffen mit Bloggern, das eigentlich immer mal wieder stattfinden sollte, blieb einmalig.

Immerhin tauchte die „Waz“ auf der digitalen Landkarte auf. Der Westen ist ein ordentliches Online-Nachrichtenangebot, auch wenn nicht alle Pläne aufgingen. Die Nummer-Eins-Position unter den regionalen Angeboten wurde nicht erreicht, aber wenn man den Westen heute vergleicht mit dem, was 2006 war, dann liegen Galaxien dazwischen.

Seit einigen Wochen nun gab es Äußerungen aus Ihrem Haus, die anders klangen. Den Tiefpunkt erreichte dies gestern mit ihrer Replik auf das Internet-Manifest.

Mit Verlaub: Haben Sie den Text eigentlich gelesen? Und dann vielleicht ein wenig darüber nachgedacht? Oder wollten Sie nur Ihrem persönlichen Frust Entlastung verschaffen?

Lassen Sie mich weiträumig aus Ihrem Text zitieren. Dies ist auch verbunden mit der Bitte um Aufklärung. Denn quantitativ substanzielle Passagen Ihres Textes haben für mich kryptischen Charakter. Zum Beispiel:

„Erstaunlich ist die Hilflosigkeit zahlreicher Gruppen, die sich eigentlich traditionell und manchmal kompetent um eine verantwortliche Gestaltung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bemühen.“

Im zynischen Teil meines Hirnes formt sich die Antwort: Sie meinen die Medien.

Aber mal ernsthaft: Wer soll das sein?

Dann schreiben Sie:
„Neuere historische Forschung schreibt ausgerechnet den damaligen Freibeutern und Piraten zur See vorbildliche Organisationsstrukturen und ein sozial durchkomponiertes Regelwerk zu.“

Hunderte von Fragen rasen durch meinen Kopf. Die wichtigste lautet: Häh?

Damalige Piraten? Was sind die heute? Eisverkäufer? Und warum neuere historische Forschung? Was meinen Sie? Vielleicht mögen Sie die Piratenpartei nicht? Das ist Ihr gutes Recht. Aber dann schreiben Sie das bitte auch. Und setzten Sie sich mit den Thesen dieser Partei auseinander. Was aber hat das mit Online-Journalismus zu tun?

Weiter geht es:
„Erschütternd ist die Abstinenz der bisherigen Politik, die sich ehedem bei den klassischen Medien mächtig ins Zeug gelegt hat – durchaus des Öfteren mit Sinn und Verstand – und nun schüchtern und ahnungslos am Wegrand steht, während sich eine neue und folgenreiche Großstruktur unserer Welt etabliert und außer Rand und Band gerät.“

Bisherige Politik? Was ist sie heute? Und legt sich nicht gerade Ihre ehemalige Partei SPD ganz mächtig ins Zeug für die Verlage?

Das „außer Rand und Band“ aber gibt die Vorlage für das, was folgt: Ihre Weltsicht. Eine Weltsicht, die nicht meine ist. Sie lässt die vier Reiter der Apokalypse erscheinen wie Amor, Tick, Trick und Track.

Sie schreiben:
„Das Internet ist kein rechtsfreier Raum.“

Ein beliebter Fehlsatz. Denn wer behauptet das? Nur diejenigen, die sagen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sein darf – was es gar nicht ist. Denn die bestehenden Gesetze im Internet gelten. Und wenn Sie sich auf das Internet Manifest beziehen, so möchte ich aus diesem zitieren:
„Das Urheberrecht ist ein Eckpfeiler der Informationsordnung im Internet.“ Auch das Grundgesetz taucht auf, wir also fordern keine Rechtsfreiheit, sondern eine Anpassung der Gesetze an die Wirklichkeit des Jahres 2009.

Aber schauen wir weiter zur Ihrem Text:
„Wenn dort Verbrechen geplant und durchgeführt werden, wenn skrupellose Drahtzieher das humane Genom der Gesellschaft attackieren, wenn vor allem auch schutzbedürftige Gruppen wie Kinder und Jugendliche den gemeinsten Gewaltphantasien ausgesetzt werden, dann ist die geforderte „unantastbare Freiheit“ purer Zynismus.“

Nein, Herr Hombach ist es nicht. Es geht hier um die technische Freiheit. Das steht da auch so:
„Die offene Architektur des Internet bildet das informationstechnische Grundgesetz einer digital kommunizierenden Gesellschaft und damit des Journalismus. Sie darf nicht zum Schutz der wirtschaftlichen oder politischen Einzelinteressen verändert werden, die sich oft hinter vermeintlichen Allgemeininteressen verbergen. Internet-Zugangssperren gleich welcher Form gefährden den freien Austausch von Informationen und beschädigen das grundlegende Recht auf selbstbestimmte Informiertheit.“

Stichworte: Internet-Sperren und Netz-Neutralität. Über letzteres Thema finde ich bei Der Westen exakt null Artikel. Hat sich Ihre Redaktion noch nicht damit befasst?

Wenn ich Ihre Aussage aber umdrehe, dann ist die Demokratie verloren. In Deutschland werden ständig Verbrechen geplant und durchgeführt. Zum Beispiel über Telefone. Plädieren Sie für eine Komplettüberwachung aller Telefongespräche? Für eine Verwanzung aller deutschen Wohnungen? Die Kriminalitätsrate würde sofort sinken.

„Die Freiheit des Menschen ist unantastbar.“ Ist das für Sie zynisch, Herr Hombach? Wo es doch Menschen sind, die Verbrechen planen, Kinder missbrauchen und die Gewaltfantasien aussetzen?

Natürlich ist das nicht zynisch. Es ist die Grundlage der Demokratie, dass Freiheit nicht Regellosigkeit bedeutet.

„Ein Medium“, schreiben Sie weiter, „das massenhaft Opfer produziert, hat seine universelle Freiheit längst aufgegeben.“

Und ich dachte (ja, das ist Zynismus meinerseits): Oh, er schreibt über die Zeitung. Massenhaft Opfer, nämlich schaffen alle Medien. Und das ist keine Entschuldigung oder ein Wegreden – es ist traurig genug. Wo aber war Ihre Tirade gegen das, was Boulevardmedien seit Jahren mit den Opfern von Verbrechen veranstalten?

Lesen wir weiter:
„Es ist erstaunlich, wie arglos und kenntnisarm die Manifestierer mit solchen Erfahrungen umgehen.“

Herr Hombach, wir gehen mit diesem Thema nur sehr begrenzt um. Denn es geht uns vor allem um Online-Journalismus. Das steht oben über dem Text. Wenn Sie nun der Meinung sind, Online-Journalismus produziert massenhaft Opfer, dann hätte ich das gerne weiter erläutert.

Was die massenhaften Opfer insgesamt betrifft, so sind sie vielleicht ja nicht so massenhaft, wie mancher glauben mag. Nehmen wir nur das beliebte Themas des Kindesmissbrauchs, vorangetrieben von Ursula von der Leyen. Wenn das Internet diesen befeuert, müsste die Zahl der Missbrauchsfälle steigen. Sehen Sie das ähnlich?

Dann wird sie überraschen, dass seit 1997 (jenem Jahr, in dem das Internet in der Bevölkerung langsam Massenmedium wurde) die Zahl der Fälle in Deutschland um rund ein Fünftel gesunken ist. Ebenso wird es Sie überraschen, dass selbst die Bundesregierung keine Kenntnis hat von jenem skrupellosem Geschäft mit Kinderpornographie, wie sie als Antwort auf eine Anfrage der FDP im Bundestag noch im Juni erklärte. Das übrigens kann jedermann im freien Internet recherchieren. Einfach so.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Jedes misshandelte Kind ist eines zuviel. Aber sollten nicht Fakten unser Handeln und Denken bestimmen – und nicht die Wahlkampagne von Politikern? Lassen wir uns doch bitte nicht anstecken vom Irrsinn der Boulevard-Medien (gedruckten, zum großen Teil) und vom Irrglaube mancher Volksvertreter, sie könnten uns mit platter Demagogie manipulieren.

Übrigens: Das Internet ist auch kein bürgerrechtsfreier Raum.

Natürlich ist nicht alles toll und gut und schön in unserer Welt. Natürlich verhalten sich Menschen viel zu oft so, dass sie anderen schaden. Menschen sind so. Während Sie aber glauben, das Mensch generell eher schlecht und böse sind, sehe ich das genau anders herum. Das Internet Manifest steht auch für die Überzeugung, dass der Zugang zur größten Wissensquelle in der Geschichte der Menschheit unsere Gesellschaft bereichert – und nicht ärmer macht.

Wenn Sie über die Anonymität klagen, hinter der manche Menschen die „Sau rauslassen“, dann gehen Sie bitte auch einmal auf die Nicht-Anonymität ein: Schon bevor es das Internet gab, wurden Rekruten bei der Bundeswehr misshandelt, gab es Schlägereien zwischen Hooligans und wurden Frauen in die Prostitution gezwungen. Waren Sie schon einmal bei einem Schützenfest in Ihrem Verbreitungsgebiet? Also, so richtig lange? Oder haben sich gefragt, was die Ausdünnung der Polizei-Präsenz im ländlichen Raum bewirkt hat? Menschen sind so. Und sie waren es schon immer

Kann es vielleicht sein, dass die Vernetzung der medialen Welt uns manches bewusster macht? Dass wir vielleicht glauben, vieles werde schlimmer, nur weil Medien immer hektischer darüber berichten?

Sie schreiben dann:
„Worauf will ich hinaus? Das Internet ist ein Instrument, ein Werkzeug, nicht mehr und nicht weniger. Es ist nicht die Gesellschaft, sondern diese kann es zu ihrem Vor- oder Nachteil benutzen.“

Dies ist die erste Passage, die ich teile. Fast. Das mit dem Hinauswollen hätten Sie, ein Rat von Schreiber zu Schreiber, sich früher stellen sollen. Ja, das Internet ist ein Instrument. Doch Instrumente haben die Gesellschaft eben auch immer verändert, egal ob es das Feuer, das Telefon oder das Auto war. Diese Veränderung müssen wir in unser Denken einbeziehen.

Weiter schreiben Sie:
„Es erzeugt nicht den besseren Journalismus. Diesen erzeugen nur bessere Journalisten.“

Danke, dass Sie unsere Meinung in diesem Punkt teilen. Auszug aus dem Internet Manifest:
„Es bleibt nur die journalistische Qualität, die Journalismus von bloßer Veröffentlichung unterscheidet…. Qualitativ zu unterscheiden ist nicht zwischen bezahltem und unbezahltem, sondern zwischen gutem und schlechtem Journalismus.“

Anschließend attestieren Sie uns Arroganz:
„Das ist dann etwa der „besserwissende“ und menschenferne Journalist mit „Standesdünkel“ als Nutznießer traditioneller und fossiler Geschäftsmodelle, dem der „Bürgerjounalist“ endlich an den Kragen geht.“

Herr Hombach, wo lesen Sie, dass Bürgerjournalisten Medienhäusern an den Kragen gehen? Wir fordern gerade Qualitätsjournalismus. Dies ist kein Kampf gegen die alten Medien – sondern für Qualitätsjournalismus.

Öffnen Sie bitte die Augen Herr Hombach: 2006, bei jenem Mittagessen, rühmte sich Ulrich Reitz, dass zwar Stellen bei der „Waz“ eingespart würden – diese aber in den Online-Bereich wanderten. Drei Jahre später, in diesen Tagen, reden wir wieder von Abbau. Ihr Haus hat sich entscheiden 287 Stellen im Redaktionsbereich abzuschaffen, 200 weitere im kaufmännischen Bereich folgen wohl noch. Ich habe eine bittere Nachricht für Sie, Herr Hombach: Irgendwann werden keine Stellen mehr da sein, die Sie noch kürzen können.

Und wenn Sie auf diesen Angriff antworten mit: „Wir müssen an die Kosten ran, was sollen wir machen?“, dann geben Sie mir damit Recht. Ihr Geschäftsmodell ist bedroht, und das hat nichts mit Bürgerjournalisten zu tun – aber sehr viel mit Beharrungsvermögen der Entscheider.

„Warum um Himmels Willen oder in Teufels Namen“, fragen Sie, „sollte der Mensch als Erfinder des Internets nicht in der Lage sein, eine intelligente Gestaltung seines Produktes herbeizuführen?“

Diese Gestaltungen gibt es längst, Herr Hombach. Das Internet hat unser Leben maßgeblich verändert. Das beginnt bei der Reisebuchung und endet beim Finden der Liebe. Noch nie zuvor konnten sich Menschen so gut informieren. Ich muss nicht mehr warten, bis die „NRZ“ sich entscheidet, eine Geschichte aus der „New York Times“ zu übersetzen und zu kürzen – ich lese die „New York Times“.

Tausende von Unternehmen verdienen dabei Geld – und das ist gut so. Deutsche Verlage tun das selten. Warum? Weil Sie nicht willens sind, ihr Geschäft zu ändern.

Tradition ist kein Geschäftsmodell und war es noch nie. Den Buckingham Palace können Sie inzwischen nicht nur besichtigen, sondern auch Fanartikel erwerben – die Eintrittskarten für den Besuch der öffentlichen Räume können Sie übrigens im Internet ordern.

Nun erreichen wir eine Stelle, die mich verletzt. Sie bezeichnen die Autoren des Manifestes als „Internet-Anarchos“. Wo sehen Sie Anarchisten? Nur weil ein Unterzeichner einen roten Irokesen-Schnitt trägt? Andere würden uns vielleicht als Journalisten bezeichnen, als Unternehmensgründer, Unternehmensberater (eine Berufsgruppe, die Ihnen ja viele Millionen wert ist). „Anarchos“ ist eine falsche Behauptung und eine Beleidigung. Gemeinhin entschuldigen sich Menschen, wenn sie jemand beleidigen.

Noch dazu drehen Sie das Internet Manifest komplett um. Sie behaupten:
„Wenn man die Manifeste der Internet-Anarchos liest, ist das Produkt der Souverän, und der Mensch soll sich gefälligst heraushalten. Seit der Aufklärung sehen wir das eigentlich anders. Die Gesellschaft ist der Souverän und darf über Versuch und Irrtum bestimmen, wie sie leben will.“

Das Gegenteil ist der Fall. Das Manifest fordert gerade eine Freiheit der Bürger im Rahmen einer liberalen Demokratie. Und dies ist eine diametral entgegen gesetzte Position zu den deutschen Verlegern und vielen Politikern, die Bürgerfreiheiten massiv beschneiden wollen.

Sie fordern neue Ideen, neues Denken. Wir auch. Denn die an Ideenlosigkeit nicht zu überbietende Hamburger Erklärung hat uns deutlich gemacht, in welch katastrophalem Zustand sich das unternehmerische Denken in Deutschlands Medienhäusern befindet, wie veränderungs- und beratungsresistent diese Unternehmen sind.

Nun könnte man sie im Sinne der Marktwirtschaft einfach Richtung Untergang wanken lassen. Nur: Damit ist auch die Zukunft des Journalismus gefährdet – und das kann nicht im Sinn einer Demokratie sein.

Sie schreiben, die Diskussion dürfe sich „nicht in ökonomische Interessen und Denkmuster verbeißen“ – wie konnten Sie mit dieser Haltung nicht das Wort erheben gegen Hamburg und Heidelberg? Ein Leistungsschutzrecht, wie es sich die deutschen Verlage erträumen, ist nichts anderes als der Versuch ökonomische – und aus Sicht vieler nicht-marktwirtschaftlicher – Interessen durchzudrücken und sich in alte Denkmuster zu verbeißen.

„Wie schön wäre es, den direkten Dialog mit denen aufnehmen zu können.“, schreiben Sie.

Wo ist das Problem? Die, die Sie mit „denen“ meinen sind doch weitaus ansprechbarer als jene Entscheider in Berlin. Oder als Verleger. Oder als Geschäftsführer.

Herr Hombach, warum muss ich diese E-Mail an Ihre Büro schreiben und nicht an Ihre persönliche Mail-Adresse?

Seit Jahren gelingt es Veranstaltern von Diskussionen nicht, hochrangige Verlagsmanager auf ein Podium mit Kritikern zu bringen. Stattdessen bleiben Verlagsvertreter in ihrer Komfortzone und treffen sich auf Branchenveranstaltungen in Fulda, wo ihnen Pseudo-Innovationen präsentiert werden, die Jahre hinter dem Stand der Technik liegen.

Ist es nicht eher ein Zeitproblem Ihrerseits, wenn sie den Kontakt nicht finden? Interessant wäre zum Beispiel sicherlich, würde die Waz zu einer Diskussion im Vorfeld der Landtagswahlen nicht nur die großen Parteien einladen – sondern auch die Piraten, jene Partei, die nun die größte außerparlamentarische Opposition auf Bundesebene stellt.

Oder, wenn Sie das Internet Manifest diskutieren wollen, dann erkläre ich mich gerne bereit, möglichst viele der Unterzeichner zu einer Diskussion herbeizuschaffen.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Knüwer

Nachtrag: Die merkwürdige Passage mit den Piraten hat sich vielleicht aufgeklärt. Es scheint, Herr Hombach liest das Handelsblatt und stieß einen Artikel von Kirsten Krumrey.


Kommentare


Peter Schink 7. Oktober 2009 um 12:41

Meine Antwort auf Bodo Hombach findet sich wiederum bei DerWesten: http://www.derwesten.de/nachrichten/nachrichten/technik/2009/10/6/news-135945511/detail.html#1046651

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digitalpublic 7. Oktober 2009 um 12:58

Wenn man sich den Beitrag von Bodo Homach durchliest, sollte man wissen, dass er ehemals Kanzleramtsminister von Schröder war, also der Vorgänger von Steinmeier. Er wurde dann sozusagen zur WAZ entsorgt. Er hat zu keiner Zeit als Journalist oder Autor für die Medien gearbeitet. Das erklärt zu einem gewissen Teil die sachfremden Gemeinplätze, die auf Stammtischniveau auf den Leser niederpoltern.
Aber Herr Hombach besitzt das, was man die Bauernschläue nennt, also im richtigen Moment auf das richtige Pferd zu setzen. Im Zweifel schaut man sich vorher um, was die Mächtigeren im Lande zu einem Thema denken. Diese Thesen muss man dann nur lautstark und vehement durch die Gassen rufen und wird am besten noch dadurch geadelt, dass politische Gegener diese Kämpfer aus der zweiten Reihe durch ihre Angriffe als wichtig identifizieren.
Der sachliche Gehalt des Hombachschen Beitrags ist am besten im Begriff der Asymptote umschrieben – er geht gegen Null. Es hat also keinen Sinn, inhaltsleere Argumente anzugreifen. Es geht hier grundsätzliche um eine Kanonande die als argumentum ad hominem die Menschen erreichen soll, die das Manifest verfasst haben. Das ist rhetorisch betrachtet \“kleine Münze\“ und hat noch nicht die wahre geistige Schöpfungshöhe erreicht. Seine Verdienste um die Pressefreiheit in Osteuropa gebieten mir tiefer einzusteigen in die Gefühle, die solche Beiträge von Verlegern in mir auslösen. Ich habe noch mit den reichlich verwirrten Synapsen zu tun, die das Schimpfen des Burda auf Google und seinen späteren Markteintritt mit schlaurichten.de durcheinanderbrachten. Es könnte also sein, das Hombach bald ähnliches tut: Zuerst den \“Marktführer\“ beschimpfen und dann selber kleinlaut dasselbe tun wie der vermeintliche \“Feind\“.

Ich plädiere dafür, dass wir \“Farce\“ einfach mit \“Zeitungsverleger\“ synonym setzen. Da sich die redlichen unter ihnen gar nicht mehr mit dezidierten Stellungnahmen außer der \“Hamburger Verklärung\“ in die Öffentlichkeit trauen, scheint das angebracht zu sein.

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SvenR 7. Oktober 2009 um 14:41

Bravo.

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Andreas Frank 7. Oktober 2009 um 16:14

Lieber Thomas,

brillant geschriebene Antwort.

Aber ist die zielführend?

Mit dem Internet-Manifest wollt ihr doch Realitäten aufzeigen, die dem Journalismus neue, positive Impulse geben können und werden, da bin ich mir sicher. Einen neueren und besseren Weg aufzuzeigen heißt aber auch, das Bestehende indirekt zu kritisieren. Dass das Reaktanz hervorrufen kann ist logisch – auch wenn das Manifest eigentlich positiv gemeint ist. Neues wird halt systembedingt immer erst mal mit alten, gelernten Maßstäben gemessen und aus dieser Perspektive zumeist abgelehnt.

Sicherlich hätte man von Herrn Hombach erwarten dürfen, dass ein Verbesserungsvorschlag (zudem noch einer, der ohne Probleme als solcher zu erkennen ist) nicht gleich als eine, die Person betreffende Kritik missverstanden wird. Da aber leider das Gegenteil der Fall ist, wie sein reichlich verschwurbelter Text belegt, schießt er jetzt zurück und zwingt dir damit eines auf: nämlich seine alten Maßstäbe und seine überholten Spielregeln, nach denen er euer neues Verständnis von Journalismus bewertet. So gesehen stellt sich also die Frage, ob es zielführend ist, so auf seinen Text einzugehen, wie du das verständlicherweise getan hast, oder ob hier nicht vielleicht eine ganz nüchterne Auflistung aller Vorteile besser gewesen wäre.

Wie gesagt: gerne gelesen habe ich deine Entgegnung trotzdem.

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nur so 7. Oktober 2009 um 16:36

… \“Es ist ein Text, der für reichlich Wirbel gesorgt hat, mehr Wirbel als selbst diese Gruppe hätte überschauen können.\“

mehr als SELBST DIESE Gruppe. Mein lieber Mann. Was für eine Formulierung uas der so ungewollt so viel Wahres spricht. Herr Knüwer, geht\’s bei Ihnen auch mal eine Nummer kleiner? Kommen Sie doch bitte langsam mal wieder etwas runter.
Vielleicht werden Sie und Ihre Texte dann irgendwann auch mal ernster genommen in der echten Welt außerhalb Ihres Blogs.

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Mork 7. Oktober 2009 um 16:42

Chapeau!

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Markus Breuer 7. Oktober 2009 um 17:11

Wenn man sich einmal ein wenig zurücklehnt und die Kritik von Bodo Hombach und anderen mit etwas Abstand betrachtet, wird recht rasch klar, dass ein Großteil der Schlechtigkeiten, die \“Dem Internet\“ zugesprochen werden, eher Probleme der modernen Massenmedien sind.

Das besonders Schändliche am Internet ist jedoch, dass es das Geschäftsmodell der von Herrn Hombach geführten Unternehmensgruppe bedroht. 😉 Ich denke, das ist es, was viele der bei nüchterner Betrachtung eher irrationalen Bewertungen und die hartnöckige Wiederholung sachlich falscher und bereits häufig wiederlegter Tatsachenbehauptungen erklärt – bei ihm und bei Anderen.

Ich will dabei nicht mal unterstellen, dass er ganz bewußt moralische Bedenken vorschiebt, wo es um die Verteidigung wirtschaftlicher Interessen geht. Aber Menschen neigen häufig zu Irrationalität und sehr subjektiven Betrachtungsweisen, wenn sie selbst, ihre Familien – oder eben ihre Unternehmen – bedroht sind.

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Ulrich Voss 7. Oktober 2009 um 18:29

Also der Artikel ist im Großen und Ganzen gelungen (haha, ich lobhudel nicht). Aber auf das Thema Kinderpornografie, Verwanzung von Wohnungen, etc. wäre ich überhauot nicht eingegangen. Das war im Original-Manifest nicht drin und man sollte der Reinrührerei von Hombach nicht hinterherlaufen. Den Artikel von Hombach fand ich wirr und leider verliert auch diese Antwort etwas an Klarheit (und Kürze).

Ich bin immer noch überrascht, dass ich die TAZ Antwort auf das Manifest am besten fand: Where\’s the money? *Das* ist die große ungelöste Frage, die das Manifest auch nicht beantwortet. Internet-Werbung wird NIE so viel Erlöse bringen wie der bisherige Print. Das wird – natürlich – auch einen Großteil der Journalisten den Arbeitsplatz kosten. Aber das ist eigentlich auch ein anderes Thema …

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Leif Pellikan 7. Oktober 2009 um 18:36

Lieber Kollege,

viele Thesen aber keine Antworten. Im Grundsatz habt ihr weitgehend recht. Doch in einem Punkt unterstelle ich allen Verfassern des Manifest große Naivität:

\“Werbefinanzierte journalistische Online-Angebote tauschen Inhalte gegen Aufmerksamkeit für Werbebotschaften. Die Zeit eines Lesers, Zuschauers oder Zuhörers hat einen Wert. Dieser Zusammenhang gehört seit jeher zu den grundlegenden Finanzierungsprinzipien für Journalismus.\“

Sie schreiben: \“Tausende von Unternehmen verdienen dabei Geld – und das ist gut so.\“

Aber reicht das für Online-Qualitätsjournalismus und kann dieser traditionelle Medien substituieren? Im Web sind längst nicht mehr nur journalistische Produkte und medien-nahe Unterhaltungsinhalte Werbeträger sondern nahezu alles und jede Site – von der Reisebuchungsplattform bis hin zu technisch erstellten Verzeichnissen.

\“Tradition ist kein Geschäftsmodell und war es noch nie.\“

Das gilt mehr den je für die Werbewirtschaft und die davon abhängigen Medienhäuser aber auch für nahezu alle Online-Publikationen, die bislang auf Werbung bauen (das sind bekanntlich fast alle).

Vorab, die Werbeindustrie tendiert seit jeher dazu, Preise für Werbekontakte zu drücken. Aber derzeit geht es nicht mehr um einzelne Rabattprozentpunkte. Aufmerksamkeit in Zielgruppen, die in Printprodukten und im TV mit meist mehr als 100 Euro bezahlt werden, sind im Web nur eine handvoll Euro, meist sogar nur Cent-Beträge wert. Wie soll sich etwa bei 50 Cent für 1000 Leser Qualitätsjournalismus rechnen? Klare Antwort: Es geht nicht. Es mag zwar einige journalistische Angebote im Web geben, die sich ausschließlich über Online-Einnahmen erfolgreich refinanzieren. Die finden sich aber nur in (meist technischen) Nischen. An viele Themen sind Werbungtreibende schlicht nicht interessiert (warum hat Spiegel Online eine Auto-Rubrik und warum ist der Politik-Teil weitgehend frei von teuer bezahlten Anzeigen?).

Insofern ist Hombachs Angst um Journalismus durchaus nachvollziehbar – wenn gleich er selbst in erster Linie um sein Geschäft fürchtet. Die traditionellen \“dead wood media\“, wie Printpublikationen in US-Medien inzwischen genannt werden, haben durch die Bank 10 bis 70 Prozent ihrer Anzeigenerlöse verloren. Und kaum jemand aus der Werbebranche glaubt, dass diese Anzeigen zurück kehren. Personalabbau ist nur die logische Folge.

Bleibt die Frage, ob der Online-Kanal den Verlust wett machen kann? Ich glaube: Qualitätsjournalismus im Internet – vor allem in den durchaus gesellschaftsrelevanten Bereichen Politik und Kultur – funktioniert nicht als Business-Modell für eine breite publizistische Vielfalt. Und nachdem tradierte Redaktionsmodelle ins Web übertragen wurden, ist auch hier eher früher als später der Rotstift die logische Folge.

Ich bin gespannt, was aus der Suche nach Lösungen wird. Im Manifest heißt es: \“Andere journalistisch vertretbare Formen der Refinanzierung wollen entdeckt und erprobt werden.\“ Das klingt sehr optimistisch, zumal den meisten Anbietern nicht mehr viel Zeit bleibt.

Welche Antworten hat der Unternehmensberater Knüwer?

Antworten

Thomas Knüwer 7. Oktober 2009 um 18:45

@Leif Pelikan: Kommt. Ich habe zwei längere Blog-Artikel im Kopf dazu – bitte geben Sie mir aber ein wenig Zeit (ist ein wenig hektisch in der Gesamtsituation 😉 ).

Antworten

Klardeutsch 7. Oktober 2009 um 18:48

@Markus Breuer

\“dass ein Großteil der Schlechtigkeiten, die \“Dem Internet\“ zugesprochen werden, eher Probleme der modernen Massenmedien sind.\“

falsch, die Schlechtigkeiten des Internets sind die Schlechtigkeiten der Spezie Mensch. Sie hat damit nichts Modernes an sich. Das gerade ist ja das Problem vieler Internet-Enthusiasten: Sie glauben, das Internet spüle endlich das Gute im Menschen nach oben.

Aber die Ambivalenz (oder vielleicht gar Multivalenz) ist doch, dass es nicht minder das Schlechte im Menschen nach oben spült (siehe die Hasstiraden auf einen Kandidaten bei Stefan Raabs \“Schlag den Raab\“).

Insofern hat Bodo Hombach Recht: Das Internet ist ein Instrument und der Mensch, der es nutzt, unterscheidet sich in nichts vom Menschen der Eiszeit.

Antworten

jo 7. Oktober 2009 um 20:27

@Thomas: Kurz zu den Piraten (nicht den Parteipiraten!). Vielleicht schaut Herr Hombach genau wie ich nachts Dokumentationen auf den Digitalkanälen ganz hinten im Kabel ,)

Dort jedenfalls bekam ich erst vor kurzem im Halbschlaf mit, dass Piraten nicht nur \“protodemokratische\“ Strukturen etablierten, sondern auch ein durchorganisiertes Sozialsystem hatten. Nun, sort of. Und zwar inkl. Prämiensystem bei Arbeitsunfällen und Verdienstausfallregelungen.

Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Goldenes_Zeitalter_(Piraterie)#Die_Befugnisse_von_Kapit.C3.A4n.2C_Maat_und_Piratenrat
und
http://de.wikipedia.org/wiki/Goldenes_Zeitalter_(Piraterie)#Chasse_Partie_und_H.C3.A4rtefallregelungen

Ich meine, dass dieses System als vorbildlich für spätere Gesellschaftssysteme in Europa beschrieben wurde.

Kann natürlich Mumpitz sein, klingt in Verbindung mit \“Pirat\“ und \“Internet\“ aber gut und belesen. Experten und neueste Erkenntnisse sind bekanntlich immer gut.

Antworten

Ulrich Voss 7. Oktober 2009 um 21:14

@Leif Pellikan

Die Hälfte der Journalisten wird den Job verlieren. Zu viel Geld für zu wenig Leser. Da geht kein Weg dran vorbei.

Ich sehe bei 50% Arbeitsplatzaabbau noch keinen Verlust an Qualität, zu viel wird in den Medien doppelt und dreifach produziert und erzeugt Null Mehrwert.

Wenn man skeptisch was die Qualität des aktuellen Journalismus angeht (und das bin ich), kann man sogar behaupten, dass es erst bei 70 oder 80% weniger Journalisten ernsthaft an die Qualität geht.

Ich lese einfach jeden Tag zu viele schlechte Artikel. Zu viel generisches Zeuch, das man auch direkt von einer Presseaagentur hätte übernehmen können. Etc. pp. Das wird niemand vermissen. Lesen Sie den Sportteil. Was daran hätte nicht auch ein Privatier schreiben können? Lesen Sie die Kritiken (Theater, Bücher, Musik). Was daran hätte nicht auch ein Privatier schreiben können? Ja, es gibt die Koryphäen. Aber das sind auch die 20 oder 30% der Journalisten, die übrig bleiben.

Ganz nebenbei: Wer sagt eigentlich, dass die Arbeit finanziert werden muss? Wikipedia bekommt auch kein Geld und hat trotzdem den Brockhaus vom Markt gefegt. Genau dasselbe droht großen Teilen des Journalismus.

Antworten

Fred 7. Oktober 2009 um 22:31

Warum muss das \“Internet Manifest\“ eigentlich ein Deppenleerzeichen haben? Wie viele Journalisten haben daran gearbeitet? Qualität?

Antworten

Markus Breuer 7. Oktober 2009 um 22:54

@Klardeutsch

Verzeihung für meine unpräzise Ausdrucksweise. Selbstverständlich sind für das Verhalten von Menschen in erster Linie die Menschen verantwortlich, die sich so verhalten. Messenmedien machen dieses Verhalten allerdings in einem größeren Kreis sichtbar – und haben wirtschaftliche Interessen an bestimmten Verhaltensweisen und seiner öffentlichen Darstellung.

Ich persönlich kenne keinen \“Internet-Enthusiasten\“ (was charakterisiert einen solchen?), der daran glaubt, dass \“Das Internet\“ grundsätzlich Gutes im Menschen zum Vorschein bringen würde. Wobei \“gut\“ oder \“böse\“ zutiefst subjektive Kriterien sind. Sagen wir einfach mal: \“so sans, die Leit …\“

Das Internet (das es so nicht gibt, sondern lediglich unterschiedlichste Kommunikationsformen auf einem gemeinsamen \“Tranportmittel\“) ist nichts weiter als ein Medium, ein Datenträger, oder eben \“ein Instrument\“. Das haben sowohl Herr Knüwer als auch Herr Hombach ja auch schon erwähnt. Mit diesem Kommunikationsmedium kann man (subjektiv) Positives bewirken und auch (subjektiv) Negatives – wie mit dem Telephon, dem Fernsehen, der Zeitung oder dem gedruckten Buch.

Umso verwunderlicher will es mir erscheinen, wie man ernsthaft das eine Kommunikationsmedium bzw. einen bestimmten Datenträger (Druckerschwärze auf Papier) als Kulturgut und schützenswerte Errungenschaft betrachten kann und das andere als mehr oder weniger inherent gefährlich. Rational ist das nicht und ich denke, dass da eine Menge andere Faktoren die Bewertung beeinflussen. Einen Erklärungsversuch dazu hatte ich ja gemacht. 🙂

Antworten

Chat Atkins 8. Oktober 2009 um 8:44

Lass ihn doch! Das ist wettbewerbsverbeißende Dampfplauderei, garniert mit einem Übermaß Polit-Sprech aus alten Tagen. Mit anderen Worten: Unverständlichkeit ist auch \’ne Stilform … jeder so, wie er\’s kann.

Antworten

Shunter 8. Oktober 2009 um 10:54

Ich muss zugeben, ich bin nicht allzuweit gekommen in diesem Text, denn ich habe aufgehört zu lesen, als sie sich über
„Neuere historische Forschung schreibt ausgerechnet den damaligen Freibeutern und Piraten zur See vorbildliche Organisationsstrukturen und ein sozial durchkomponiertes Regelwerk zu.“
echauffiert haben. Denn ihre \’Fragen\‘ machen deutlich, dass sie auf Kraft Kritik üben wollen und nicht, weil es etwas zu kritisieren gibt.
Sie schroben: \“Damalige Piraten? Was sind die heute? Eisverkäufer? Und warum neuere historische Forschung? Was meinen Sie?\“ Ich bin geneigt zu fragen, was meinen _Sie_? Neuere historische Forschung haben sich nunmal mit den Piraten früherer Zeit beschäftigt und nachgewiesen, dass diese als erste eine Art demokratische Struktur hatten. Und damalige Piraten sind heute keine Eisverkäufer, sondern tot. Und über die heutigen Piraten macht die Studie keine Angaben. Dieser Absatz des Herrn Hombach ist absolut korrekt und macht bei weitem mehr Sinn als ihre Erwiderungen darauf. ALso wenn sie ernsthaft Kritik üben wollen, dann sollten sie solche Peinlichkeiten vermeiden.

Und das Internet Manifest war lächerlich, aber das ist eine andere Geschichte.

my two cents

Antworten

Chat Atkins 8. Oktober 2009 um 11:33

@ Shunter: Wenn Sie sich schon aufs historische Glatteis begeben, dann sollten Sie sich bitte auch an den Fakten orientieren: Die skandinavische Piratenpartei – ich übrigens bin KEINER ihrer Anhänger – nahm einen bestehenden Namen, der ihnen von den Medien andauernd aufoktroyiert wurde (Stichwort: \“Internet-Piraterie\“) und machte diesen Namen in offensiver Absicht zu ihrem Markenzeichen. So wie Behindertengruppen sich irgendwann \“Krüppel-Offensive\“ nannten oder Homosexuelle sich als \“Schwule\“ bezeichneten. Der Name \’Piraten\‘ beschreibt also keinen Sachverhalt, sondern er ironisiert ein bestehendes Medienkonstrukt, das aus journalistischem Unwissen entstanden war – und weil einer vom anderen Begrifflichkeiten abschrieb.

Mit den historischen seefahrenden Piraten, die ab dem späten Mittelalter zunächst und zumeist im Auftrag irgendeines kriegsführenden Landesherren die \“Kaperei\“ feindlicher Schiffe betrieben und die nach dem Ende der \“Fehde\“ dann, mangels beruflicher Alternative, weiterhin Schiffe versenkten, hat das rein gar nichts zu tun. Die \’demokratische Struktur\‘, die Sie als \“neuere historische Forschung\“ apostrophieren, die wiederum entspricht wohl eher dem Robin-Hood-Volksmythos von den \’Likedeelern\‘, in der Realität waren die Piraten zumeist eine ziemlich rabiate Horde, wo nacktes Faustrecht regierte.

Insofern ist der implizite Vergleich in jenem Text dort oben zutiefst ahistorisch und von keiner tiefen Sachkenntnis getrübt. Die \’Peinlichkeit\‘ liegt auf einer ganz anderen Seite, als Sie dies vermuten …

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Thomas Knüwer 8. Oktober 2009 um 14:30

@Shunger: Das heißt, Goethe firmiert nun unter \“damaliger Dichter\“?

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Journalist 8. Oktober 2009 um 16:58

Beide Texte, der Hombachsche und der Knüwersche, führen nirgendwo hin. Der eine nagelt die Tür quasi zu, der andere kommt mit dem Beil. Ergebnis: Tür geht nicht mehr, so oder so. Aber lassen wir das metaphern, auch das bringt nichts :-).

Es geht doch darum, eine Qualität ins Internet (oder vor dem Internet, je nach Blickwinkel) zu retten, nämlich den gesellschaftlichen Gewinn (ich rede im Moment nicht vom Geld), den seriöse, sauber arbeitende Medien erwirtschaften. Das geht freilich nicht, wenn sie nicht (jetzt rede ich vom Geld) auch anständig Gewinn erwirtschaften. Wer denkt, das Internet sei eine Nonprofit-Bildungsanstalt, in der das Gute irgendwie schon von den Guten honoriert wird, liegt falsch und ist Google schon auf den Leim gegangen.

Bodo Hombach übt die falsche Kritik und wirft damit die falschen Fragen auf. Das ist in der Tat bedauerlich. Doch Thomas Knüwer beantwortet diese Fragen so wenig wie das Internet-Manifest es mit seinen hohlen Phrasen tut. Es gibt nämlich eine konkrete Lösung, aber die liegt nicht im Gegeneinander.

Die Zukunft der gedruckten Zeitung und ihres Verlages kann nicht darin liegen, \“Spiegel.de\“ im Überregionalen Konkurrenz zu machen. Sie liegt darin, ihre heute noch weitgehend unbestrittene lokale Kompetenz in allen Mediengattungen auszuspielen. Im Internet mit umfassender, service- und konfliktorientierter, aktueller lokalen und regionalen Informationen; in der Zeitung mit opulentem, investigativem, kritischem Journalismus aus dem Lokalen und der Region.

Ja, echtem Journalismus aus dem Lokalen, wo kaum eine Zeitung bisher mehr zu bieten hat als Opportunismus und Hofberichterstattung aus Sicht der örtlichen Eliten ohne Rückkanal für Leserkommentare (Leserbriefe werden fast überall \“gefiltert\“)! Die Zeitungen – dabei sind doch 19 von 20 Titeln Lokal- und Regionalzeitungen – gefallen sich in \“großen\“ Mänteln, und wer als Redakteur keine Leitartikel schreiben kann, wird auf Strafexpedition ins Rathaus oder an den lokalen Desk geschickt. Da stimmt die Perspektive nicht, und an der eigenen Leserschaft (das ist bei den meisten Blättern noch eine recht stabile regionale Community, auch ohne Internet-Unterstützung) geht es mehr und mehr vorbei.

Also, Knüwers: Helft den Hombachs, den Rückkanal zum Leser zu öffnen! Zeigt ihnen, dass man Communities nicht aufbaut, indem man von der ganz hohen Kanzel Agenturmeldungen über Koalitionsverhandlungen im Bund auf die Köpfe herabbetet und zum Kommentieren frei gibt. Zeigt ihnen, dass die Lokalzeitung sich öffnen muss für Konflikte und die Anliegen der Bürger, statt in ewig langweiligen Verlautbarungen von Zitaten örtlicher Funktionäre und Interessenträger der ausgeleierte Transmissionsriemen der Wünsche und Projekte örtlicher Unternehmer und etablierter Großkopferter zu zu bleiben.

Der Journalismus war einmal hervorgegangen aus der Initiative einzelner Aufklärer, die gegen einen elitenbestimmten Informations-Mainstream ihre Flugschriften gesetzt hatten. Heute ist der Journalismus selbst Teil dieses Mainstreams. Dies ist es, was an Relevanz und an wirtschaftlicher Kraft verliert, denn die neuen Flugschriften stehen nun im Netz. Dort bildet sich ein noch namenloser, neuer Journalismus in fast strukturidentischer Weise neu, genau so, wie einst nach der Erfindung der Druckerpresse der Journalismus selbst entstanden war.

Die Innovationskraft der einen verbündet mit der Investitionskraft der anderen: Das hätte Potenzial.

Knüwer gegen Hombach: Das langweilt nur.

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Journalist 8. Oktober 2009 um 17:06

Disclaimer: Habe die Teppfihler und Satzänderungsleichen in meinem Kommentar von 16:58 h gerade selbst bemerkt – Eile ohne Weile rächt sich :-).

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Markus Trauernicht 10. Oktober 2009 um 22:57

Wenn die Zeit für eine Idee reif ist, dann werden Viele diese haben. Lohnt sich mal darüber nachzudenken, vor allem wenn es um die eigene Lebensplanung geht.

Wenn das Internet Manifest nicht im Kern Hoffnungen, Realitäten, Ängste, Gefühle und Glaubenssätze ansprechen würde, dann würde es niemanden interessieren.

Es bringt doch wirklich nichts sich dem zu versperren, was immer offensichtlicher wird. Wer sich das Internet Manifest mal ganz genau anschaut, wird feststellen, dass es sich teils um Feststellungen der vorhandenen Realität handelt. Duh?

Ich will es mal anders sagen: Wenn ein Management sich primär darum kümmert wie man Kosten senkt, dann hat es seine Aufgabe verfehlt. Die Aufgabe jedes Managements in der freien Wirtschaft heißt erstens den Bestand des Unternehmens zu sichern, und zweitens Gewinne zu machen. Und die Gewinne sichern nun mal den eigenen Bestand. Man kann kein Rennen auf Dauer gewinnen, wenn man andere ausbremst.

Ich denke zu oft wird vergessen, dass man keinen Trend schaffen kann. Ein Trend wird dort sichtbar, wo ein vorhandenes Bedürfnis angesprochen und befriedigt wird. Das ist auch das Geheimnis der Social Media Plattformen, die scheinbar aus dem Nichts zum Super-Erfolg schießen.

Vorteile der Social Media Plattformen: Man kann der aufdringlichen Werbung recht gut aus dem Weg gehen, man bewegt sich unter Gleichgesinnten, und fühlt sich glaubhafter an. Scheint also unsere menschlichen Bedürfnisse recht genau zu treffen. Kann man das wirklich aufhalten?

Es gibt Strände in Südafrika mit gefährlichen Strömungen. Schwimmer werden von Land weggetrieben, und schon manch ein starker Schwimmer ist dabei ertrunken weil er dagegen ankämpfte und versuchte an den rettenden Strand zu schwimmen. Der Trick ist, sich von der Strömung mit nehmen zu lassen, um dann zwei bis drei Kilometer weiter wieder gegen den rettenden Strand gespült zu werden. Ist vielleicht doch was Wahres dran, dass Gesetze aus der Physik auch 1:1 auf andere Bereiche übertragen werden können?

Der Einzelne muss halt darüber nachdenken wie er einen Ausweg findet. Wer sich fragt warum es so ist, der verbittert nur und bleibt stehen.

Hoffe es hilft
Markus Trauernicht

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Einladung zum Opernbesuch an Bodo Hombach 27. Januar 2010 um 15:00

[…] Hombach, erinnern wir uns, das ist Waz-Co-Geschäftsführer, der Kommunikation einfordert, sie selbst aber verweigert. Nun hat er ein Interview gegeben und zwar dem hauseigenen Online-Ableger Der Westen. Es ist von […]

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Bodo Hombach, der Müll und das Netz 6. Januar 2011 um 19:54

[…] das, was er vor einiger Zeit für das Hausblatt schrieb. Vielleicht würde es ihm helfen, endlich jenen Diskurs einzugehen, den er einst selbst forderte – sich ihm aber seitdem schweigenderweise entzieht. Da hat auch eine Videoschulung nichts geholfen, […]

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next: Ich möchte Bodo Hombach und Thomas Knüwer auf dem Panel sehen! » Pottblog 11. Februar 2011 um 7:31

[…] was jedoch irgendwie nicht klappte (siehe beispielsweise die Versuche von Thomas Knüwer: Offener Brief an Bodo Hombach, Einladung zum Opernbesuch an Bodo Hombach und Bodo Hombach, der Müll und das […]

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