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„Hast Du die Google-Meldung in der Financial Times Deutschland gesehen?“, fragte mich mein Ressortleiter heute in der Morgenkonferenz. Es geht dabei um den Bau eines Datenzentrums im österreichischen Dörfchen Kronstorf.

Ja, ich hatte sie gesehen. Im Mai. Als ich darüber für das Handelsblatt geschrieben habe.

Und so wird die eigentlich gar nicht so fürchterlich spannende Geschichte um den Google-Bau in einer neuen Wendung noch einmal zum Beispiel, wie sehr sich Journalisten noch einfinden müssen in die neue Zeit der Kommmunikation. Gelegentlich halte ich Vorträge über die Medienwelt. Eines der schlagenden Beispiele dafür, wie sich die Kommunikation verändert hat, liefert mir das Dörfchen Kronstorf. Jetzt noch mehr, denn je.

Dort hatte sich Dorfklatsch in eine Twitter-Nachricht verwandelt, die von maximal zehn Menschen gelesen wurde. Dann wurde daraus ein Blog-Eintrag, in dessen Diskussion die Indizien zu einer Gesamtlage geordnet wurden. Und dies landete dann in den klassischen Medien, im ORF und bei uns im Handelsblatt.

Heute nun gräbt die „FTD“ in Person ihres Österreich-Korrespondenten Christian Höller die gleiche Geschichte aus. Quelle: ein Sprecher der oberösterreichischen Landesregierung.

Diese Story also hätte Höller auch schon vor einem halben Jahr vermelden können – wenn er Twitter und Blogs lesen würde. Es hätte ihn auch ein Kollege darauf aufmerksam machen können. Dies aber nun als große Exklusivmeldung zu verkaufen, zeugt wohl davon, dass er nicht die üblichen Archive befragt hat, ob die scheinbar neue Meldung nicht schon irgendwo gelaufen ist. Nicht einmal Google scheint er genutzt zu haben. Hier wäre er bei der Wortkombination „Google Kronstorf“ auf reichlich Treffer gestoßen, unter anderem den Artikel von ORF Online und einen Blog-Eintrag.

Dieser strenge Glaube daran, dass eine Meldung neu ist, nur weil man sie als neu empfindet ist ein Manko unseres Berufsstandes. Dann nicht einmal im Internet kurz zu schauen, ob das eigene Gefühl nicht trügt, das ist eigentlich unentschuldbar.

Gleichzeitig aber müssen Journalisten eben auch lernen, Teil der Kommunikation ihrer Leser zu werden. Erst dann wird man Peinlichkeiten vermeiden wie die Behauptung, eine sechs Monate alte Geschichte sei exklusiv.


Kommentare


Grumpy 24. November 2008 um 17:37

Das Thema mit einem Twit zu unterlegen, ist aber auch gemein. Apropos: erstmal \’follow\‘.

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ich 24. November 2008 um 19:10

Naja, beim Handelsblatt wird auch jede Mini-News als Exklusiv-Story verkauft. So ist das heute nun einmal. Nur wer selbst genauso handelt, sollte nicht über die anderen schimpfen.

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Stefan 24. November 2008 um 19:31

\“Gelegentlich halte ich Vorträge über die Medienwelt. Eines der schlagenden Beispiele dafür, wie sich die Kommunikation verändert hat, liefert mir das Dörfchen Kronstorf.\“

… ich erinnere mich…!

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Arnulf 25. November 2008 um 1:09

Aber was hat das nun mit der \“neuen Zeit der Kommmunikation\“ zu tun? Nicht ins Archiv zu schauen und eine alte Geschichte als vermeintliche Enthüllung zu verkünden, gab es doch schon vor etlichen Jahren? Das war – egal ob das Ganze ursprünglich über Twitter oder DPA gelaufen ist – vom FTD-Korrespondenten einfach handwerklich schlecht gemacht.

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strappato 25. November 2008 um 12:10

Das erscheint mir weniger ein Hinweis an Journalisten zu sein, als vielmehr einer z.B. an die Politik.

Dass Exklusivmeldungen verbreitet werden, die eigentlich schon gut abgehangen sind, ist nicht neu. Fragwürdig ist die Sicherheit, mit der der Sprecher der Landesregierung die gute Nachricht verkündet – \“mehr als ein Jahr andauernde Geheimverhandlungen\“ – Dass lokale Gerüchte so schnell ihren Weg in die internationalen Medien finden und offizielle Verlautbarungen als auch \“Geheimverhandlungen\“ wertlos werden lassen, ist wirklich neu.

Der Kern scheint twitter zu sein. Die Geschwindigkeit mit der Twitter-Informationen verbreitet werden können, ist eine echte Herausforderung für Kommunikationsprofis, siehe auch den Fall:

gesundheit.blogger.de/stories/1270754/

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Thomas Wiegold 25. November 2008 um 17:44

Ich erlebe das als eine tiefe Spaltung unseres Berufsstandes: die Journalisten, die – online-affin – auch so was wie Blogs und Twitter verfolgen und gugeln. Und andere, die die klassischen Medien und deren Derivate – z.B. herkömmliche Presse-Datenbanken – heranziehen. In den vergangenen Wochen habe ich mehrfach erlebt, dass Kollegen entweder meine gedruckte Geschichte gesehen haben oder meine Online- und Blog-Geschichten kannten. Die Zahl derjenigen, die beides wahrgenommen hatten, war erschreckend gering. (Und dass ich mein Blog jetzt auch noch mit einem twitterfeed versehen habe, wird wieder manche abschrecken…)

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Alex 25. November 2008 um 19:29

Ein Blick ins Bildblog zeigt, wie viele angebliche neue oder Exklusivmeldungen von Bild woanders schon vor Monaten oder Jahren veröffentlicht wurden.
Ich vermute, dass es ähnliches auch bei anderen Medien in großer Zahl gibt, nur gibt es für diese anderen Medien kein weitbekanntes Blog, dem die wenigen Leser, denen die Wiederholung auffällt, ihre Hinweise schicken können.

Und? Ist das schlimm?
Es besagt lediglich, dass die Erstveröffentlichung keine weiten Kreise gezogen zu haben scheint

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» Medienkontrolle per Social Media, ein Interview · Helge’s Blog 16. Dezember 2010 um 22:33

[…] Probleme verursacht, weil es offenbar ein Stillhalteabkommen zwischen Gemeinde und Google gab. Ein halbes Jahr später wurde das dann offiziell in einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Und wir haben es halt ein halbes […]

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