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Manchmal ist mir zum Kotzen zumute, geht es um gewisse Vertreter des PR-Standes. Zum Beispiel jener junge Herr, der neben seiner Berufstätigkeit noch in Leipzig studiert und öffentlich per Weblog halbseidene Börsenmanipulation als Gewinn seines Berufsstandes bejubelt. Die PR-Arbeit ist oft genug eine, die in der Öffentlichkeit nicht großartig auftaucht. Da bringen die Berufskommunikatoren ihre Chefs oder ihre Auftraggeber ins Rampenlicht – und sie selbst bekommen nichts ab. Vielleicht verleiht das manchem ein Minderwertigkeitsgefühl. Oder es hilft, sämtlichen Anstand, jede Art von Rückgrat und Berufsehre über den Haufen zu werfen.

So wie jener Herr Daniel Krolzik, der sich „Student des Jahres“ der Leipziger Public Relations Studenten nennen darf, eines gemeinnützigen Vereins der Studierenden eben jenes Fachs in eben jener Stadt, und auf den ich dank Medienlese aufmerksam wurde.

Welche Art von Einstellung zum eigenen Beruf dort anscheinend gepredigt wird, erfahren wir durch das Blog von DPA News Aktuell, dem Media Coffee:

„Was derzeit am Kapitalmarkt passiert, ist großartig für die Kommunikationsbranche! Während sich mancher PR-Stab den Kopf darüber zerbricht, wie er seinen Wertschöpfungsbeitrag gegenüber dem Vorstand mit Kennzahlen belegen kann, werden anderswo Milliarden-Werte mit Kommunikation bewegt. Einfach so.“

Ja, endlich darf auch einer wie Krolzik sich mit der Hoffnung schmücken, einmal wichtig zu werden. Oder wenigstens reich. Ein Master of the Universe, ein Gordon Gekko. Und nicht irgendein stiller Diplomat, der im Hintergrund bleibt.

Und als Beweis für die eigenen Wichtigkeitswerdungshypothese wählt er die Tatsache, dass jüngst nichts mehr von Heuschrecken zu lesen war, außer der Permira-Übernahme von Hugo Boss. Dass deren Geschäft in der Finanzmarktkrise schwer ins Rutschen gerät, ignoriert Krolzik mal munter. Vielleicht weiß er es auch nicht. Auf jeden Fall sieht der die Übernahme von Conti durch Schaeffler als Beweis dafür, dass Private-Equity-Unternehmen die kommunikative Wende geschafft hätten – was für ein Unsinn.

Und so glaubt der Tanja-Anja-Jungspund sich vor tollen Zeiten. Hach, das seinen doch keine Lügen, davon rede er doch gar nicht, gibt er in den Kommentaren zu Protokoll und versieht dies mit einem neckischen Smiley. Seinen Blog-Eintrag schließt er mit den Worten:

„Der Raum für Interpretation wird immer größer und mithin auch die Notwendigkeit zur Steuerung selbiger. Man könnte einwenden, dies finde nur am Kapitalmarkt statt. Aber: Tragen solche Geschehnisse nicht generell zur Steigerung der Akzeptanz von Kommuniktionsmanagement bei? Die Welt wird komplexer und mithin Realität gestaltbarer. Lässt derlei den Gedanken eines Unternehmenslenkers, dass Kommunikation eine Schlüsselfunktion für die Unternehmensführung sein könnte, selbigem nicht weniger absurd erscheinen? Kommt er nicht zwangsläufig ins Grübeln darüber, welchen Risiken er und sein Unternehmen ausgesetzt sind?“

Eines ist sicher: Unternehmenslenker, die sich mit solchen PR-Leuten umgeben – die gehen mit Sicherheit ein großes Risiko ein. Und der Leipziger PR-Studiengang kann sich mal fragen, ob ein Seminar in Sachen Ehrenkodex angesichts solcher Studenten nicht harte Pflicht werden sollte.


Kommentare


Berufskommunikator 4. August 2008 um 17:01

Willkommen im Kapitalismus. Haben wir das \“sozial\“ vor \“Marktwirtschaft\“ nicht schon längst gestrichen? Dieser Sachverhalt erfasst freilich auch die Kommunikation…

Aber ich gebe Ihnen völlig Recht: Viele \“Nachwuchstalente\“ in der PR-Branche fühlen sich als waschechte Spin Doktoren. Mithin: Das einzige was spinnt ist ihre Fantasie. Diese Leute sollten sich zunächst mit dem entzaubernden Alltag des PR-Business in Agentur oder Unternehmen auseinandersetzen, bevor sie sich realtitätsfremden Ergüssen über Kommunikationsmanagement, Komplexität der Welt und gestaltbarer Realität widmen…

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Tapio Liller 4. August 2008 um 17:45

Die Diskussion um den Beitrag professioneller Kommunikation (ob sie nun PR, Unternehmenskommunikation, Investor Relations, etc. heißt ist fast unerheblich) zum Unternehmenswert und zur Gesellschaft insgesamt ist so alt wie der Berufsstand. Jeder Beitrag dazu ist aus meiner Sicht willkommen, wenn er ein Stückchen Erkenntnisgewinn liefert. Leider kann ich den in Daniel Krolziks Post nicht entdecken. Wenn er da sein sollte, geht er im sprachlichen Schwulst unter. Da ist es kein Wunder, wenn das nach \“sicht selbst zu wichtig nehmen\“ klingt. Für einen Berufs- (und oft auch Auftrags-)Kommunikator ist diese Art Selbstüberschätzung gefährlich.

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Karin Kremendahl 4. August 2008 um 19:29

Mir sagte ein Bekannter: \“Es ist egal, wie du bekannt wirst, Hauptsache, es wird über dich geredet.\“
Ethik hat in überreifen Zivilisationen wenig Platz. Oder vielleicht gerade doch. Da bleibt es dann jedem freigestellt, wie er sich verhält.
Freiheit birgt Gefahren.

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cdv 4. August 2008 um 19:33

Kann beiden Vor-Kommentierern nur Recht geben. Leider haben viele PR-Menschen in ihrem Leben noch keine Redaktion von innen gesehen, geschweige denn darin gearbeitet. Und gute PR-Berater überzeugen ihre Kunden auch davon, die ein oder andere Meldung nicht zu veröffentlichen. Und am besten nicht darüber zu reden. Auch das Schweigen kennzeichnet die guten aus.

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Christian 4. August 2008 um 20:24

Wenn man den ganzen Schmarrn und Schwulst von Daniel Krolziks Beitrag wegnimmt, bleiben – wenn ich richtig verstanden habe – zwei Punkte, denen ich zustimmen kann:

1. Die genannten Fälle sind erstmal interessante Beispiele für Unternehmenskrisen, die durch Kommunikation ausgelöst wurden.

2. Unternehmen müssen darüber nachdenken, ob es Möglichkeiten gibt, solchen Krisen zu begegnen. Auf den ersten Blick würde man sagen: Nein, was soll ich gegen haltlose Gerüchte machen? Auf den zweiten Blick könnte man sagen: Vielleicht doch. Zumindest kann ich meinen Öffentlichkeiten gegenüber Vertrauen rechtfertigen, indem ich mich stets vertrauenswürdig verhalte.

Ich stimme Daniel Krolzik zu, sofern er das gemeint hat. Ich habe aber das Gefühl, dass er das selbst nicht so genau weiß.

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Daniel Krolzik 5. August 2008 um 1:04

Vor dem oben herausgepickten Zitat steht „These:“. – Ich vertrete keineswegs die Meinung, dass man am Beispiel Bear Stearns sehen kann, zu welchen Wundertaten PR-Leute in der Lage sind, geschweige denn, dass ich gut fände, was dort passiert ist.

Vielmehr habe ich eine (bewusst provokante) These zur Diskussion gestellt: Die These, dass diese Geschehnisse für das Standing der Kommunikation generell in Unternehmen einen glücklichen Umstand darstellen (so unschön der einzelne Fall mit allen Auswirkungen als solcher ist!). – Und eben nach der Meinung der Leser des Blogs gefragt.

Meine persönliche, Meinung ist: Vertrauen stellt in einer solchen Situation ganz offensichtlich einen immensen Wert dar, denn es sorgt dafür, dass der Vertrauende genauer hinschaut und hinterfragt, bevor er aufgrund wilder Gerüchte in Aktionismus verfällt. In meinem Studium habe ich gelernt, dass Vertrauenserwerb eine (wenn nicht DIE) originäre Aufgabe von PR ist. Ich glaube an den Beispielen kann man sehen wie wichtig es ist, sich um den Vertrauensaufbau zu bemühen und keine intransparente Organisation zu sein. Es geht meiner Meinung nach eben nicht darum, dass PR ein lautstarkes Organ nach außen ist, sondern im Hintergrund und gerade auch nach innen wirken muss: daraufhin, dass sich das Unternehmen vertrauenswürdig verhält und so wenig wie möglich Raum für falsche Interpretation läßt. – Was aber nur geht, wenn die Kommunikation einen entsprechenden Stellenwert hat. Deshalb – so die zur Diskussion gestellte THESE – kann dieses Geschehnis dazu beitragen, dass der Kommunikation in Unternehmen mehr Stellenwert beigemessen wird.

„Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.“ – Womit sich Lügen und (gute) PR aus meiner Sicht ausschließen. Ethisch sowieso (das Seminar zur PR-Ethik ist in Leipzig tatsächlich Pflicht!), aber eben auch schon ganz pragmatisch: es schadet dem Unternehmen. Nicht Wahrheiten verdrehen, sondern Missverständnisse vermeiden bzw. aufklären, scheint mir eine wesentliche Aufgabe von PR. Ich versuch´s jedenfalls gerade…

Scheinbar habe ich mich missverständlich ausgedrückt, das tut mir leid. Ich hoffe, richtiggestellt zu haben, was ich meinte. Für meinen Post bei media coffee meine Kommilitonen oder gar den ganzen PR-Lehrstuhl an der Uni Leipzig in Sippenhaft zu nehmen, finde ich jedoch nicht in Ordnung.

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Thomas Knüwer 5. August 2008 um 1:52

@Daniel Krolzik: \“Ethik\“ – wissen Sie denn überhaupt, was dieses Wort bedeutet? Es bedeutet nicht \“die Wissenschaft vom so tun als ob man gut handele\“. Bestellen Sie bitte in diesem Sinne einen Gruß an die Herren Ethik-PR-Professoren.

Ich möchte Ihnen ein kleines Rätsel aufgeben. Mailen Sie die Lösung an t.knuewer@handelsblatt.com, wenn Sie beweisen wollen, dass Sie keine Tanja-Anja sind. Also: zwei Leipziger PR-Professoren betreten Hand in Hand die Mensa. Plötzlich springt eine Studentin auf, zeigt auf ein Fenster und schreit: \“1931 war ein guter Jahrgang!\“ Was ist passiert? Einsendeschluss: heute, 23:00h. Ihre Lösung und meine Lösung teile ich morgen um die gleiche Zeit mit.

In der Tat gibt es nichts, was ich mehr hasse, als Ethik-PR-Seminare. Wenn diese Witzfiguren dann ausstudiert haben rufen Sie mich an und begrüßen mich ethisch mit \“Herr Kollege\“. Das ist ekelerregend.

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John F. Nebel 5. August 2008 um 10:04

Ach Herr Knüwer, ich finde es immer wieder interessant wie sich der Stand der Journalisten als ethisch-moralisch besser hervorhebt. Keine Frage – PR ist eine moralfreie Sache, aber der Journalismus steht dem in kaum etwas nach. Nur dass eben das Journalistenethos immer schön hochgehalten wird ohne sich daran zu halten.

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André Pechmann 5. August 2008 um 10:10

Gibt es auch PR-Menschen die Sie mögen? 😛

Und was müsste ein solcher tun um Sie mit \“Herr Kollege\“ anreden zu dürfen?

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Thomas Knüwer 5. August 2008 um 10:15

@André Pechmann: Oh ja, die gibt es! Es gibt ohne Frage professionell arbeitende PR-Leute. Aber Kollegen sind sie deshalb nicht. Mein Automechaniker sorgt dafür, dass ich zum Termin komme, ist aber trotzdem nicht mein Kollege.

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Julian Schönbeck 5. August 2008 um 11:10

Sehr geehrter Herr Knüwer,
der Vergleich von Prler und Automechaniker bescheinigt eine etwas naive Sichtweise der Situation und hinkt gewaltig.
Ihre Degradierung der PR zu einem rein operativen Handwerk lasse ich an dieser Stelle unkommentiert.
Wenn ich meinen Wagen aus der Werkstatt abhole, bin ich zuversichtlich, sicher fahren zu können – ohne Reifen und Bremsen noch einmal eigenhändig kontrollieren zu müssen.
Wenn ein Journalist die Inhalte und Standpunkte aus Pressetexten der PR-Abteilungen genauso ungeprüft übernimmt, fährt er seinen Ruf als Journalist auf kurz oder lang gegen die Wand.

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Thomas Knüwer 5. August 2008 um 11:25

Tja, so ist das mit Wortbildern – sie sind nicht immer 100 Prozent passend. Das Mechaniker-Bild bezog sich weniger auf Inhalte als auf die Zusammenarbeit. Gute PR-Leute sorgen dafür, dass Journalisten ihr Ziel erreichen, spielen sich selbst aber nicht in den Vordergrund – das wollte ich damit aussagen.

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Julian Schönbeck 5. August 2008 um 11:43

Gute PR-Leute sorgen in erster Linie dafür, dass ihre Botschaft die Öffentlichkeit erreicht. Das funktioniert am besten, in dem man den Journalisten in dem (Irr-)Glauben lässt, lediglich zur Erreichung seines Ziels beitragen zu wollen.
Was aber die gewünschte Medienpräsenz mancher PR-Menschen betrifft, stimme ich voll und ganz zu.

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Christian 5. August 2008 um 12:25

@ Julian:
Genau das ist ja der Irrglaube, dem anscheinend Daniel Krolzik – der die Lügen mit Smiley versieht – und Sie – mit dem \“(Irr-)Glauben\“ – erliegen.

Sie glauben, Sie könnten Ihre Zielgruppen (seien es Journalisten, Konsumenten, Meinungsbildner oder wen auch immer) für doof verkaufen. Wir PRler müssen verstehen, dass Vertrauen in unserem ureigensten Interesse liegt. Das baue ich aber nur auf, wenn es mir tatsächlich am Herzen liegt.

Jeder Journalist soll wissen, dass ich von einem Unternehmen bezahlt werde und dessen Interessen vertrete. Aber jeder Journalist soll auch merken, dass ich eine tatsächlich vertrauensvolle Zusammenarbeit für ein sehr hohes Gut halte.

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Don Alphonso 5. August 2008 um 12:34

Wenn ein PRler der Kollege des Journalisten ist und der seinen Job anständig macht, das Raser auch der Kollege des Baums, um den er sich wickelt.

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Berufskommunikator 5. August 2008 um 12:44

Das Wortbild passt nun auch gar nicht. Der Journalist zieht einen Nutzen aus der PR, der Autofahrer aber keinen Nutzen aus dem Baum.

Ich probiere es mal hiermit: PR-Praktiker sollten sich als Quelle für Journalisten verstehen. Als Glied in der Recherchekette. Und genauso sollten Journalisten auch die PR verstehen.

Wer als PR-Praktiker hier nicht 100prozentig ehrlich, vertrauens- und glaubwürdig ist, mit dem arbeiten Journalisten (völlig zurecht) eben nicht zusammen.

Wer jetzt wieder auf persuasive Theorien, Lügen, bezahlte PR etc. verweist, den verweise ich ans Marketing. Denn das hat mit seriöser PR (so wie ich sie verstehe und für meine Kunden praktiziere) nichts zu tun.

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Julian Schönbeck 5. August 2008 um 13:59

@ Christian:
Ich möchte niemanden für „doof verkaufen“. Und natürlich erleichtert die gute Zusammenarbeit mit einem Journalisten (die auf Vertrauen basiert), die Arbeit eines PRlers ungemein. Allerdings muss sich jeder ernsthafte Journalist dessen bewusst sein, dass meine Information durch Exklusion von bestimmten Inhalten und das Exponieren anderer, parteiisch ist.

@ Berufskommunikator:
Infrage stelle ich die hier häufig empfundene Hierarchie, in der die PR als Futterquelle für den Journalismus verstanden wird.
Es entspricht nicht der Stellenbeschreibung eines PRlers, einen Journalisten mit Informationen zu versorgen. Vielmerhr soll er, oftmals über die Medien – also mit Hilfe eines Journalisten, seinen Auftraggeber in ein positives Licht rücken.
Journalisten und PRler arbeiten zusammen, meistens nicht in der gleichen Absicht, aber meiner Meinung nach immer auf gleicher Augenhöhe.

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Robert 5. August 2008 um 14:03

Also Herr Knüwer,
Sie sind doch immer der erste, der mangelnde Recherche kritisiert 😉 Nur mal kurz korrigiert: Daniel Krolzik ist nicht \“Student des Jahres\“ beim LPRS geworden, sondern beim PR-Report Award.

Abgesehen davon fühle ich mich durch Ihre herablassende Äußerung zum Leipziger PR-Studium schon ziemlich mies angegangen – ich habe dort auch studiert und empfinde mich nicht als jemand, der gegen die Codizes der Berufsgruppe verstößt. Das tut übrigens auch Krolzik mitnichten, dafür würde er nämlich in seinem Verein ordentlich Prügel einstecken. Solche Verallgemeinerungen sind von der gleichen berufsethischen Qualität wie das, was Sie an seinem Artikel beim mediacoffee kritisieren. Auf den Artikel möchte ich nicht eingehen, ich sehe das ebenfalls kritisch, aber aus anderen Gründen als Sie.

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Sascha Stoltenow 5. August 2008 um 14:44

Auch die PR-Branche selbst diskutiert derzeit mal wieder über den Ethos des Berufsstandes. Angestoßen u.a. durch einen Beitrag im Handelsblatt, der wiederum u.a. sich auf einen Vortrag anlässlich einer (PR-)Veranstaltung bezog.

http://www.pr-journal.de/redaktion/branche/pr-ethikrat-fordert-von-complus-bekenntnis-zu-pr-codices—complus-antwortet-20080718-6363.html

http://www.handelsblatt.com/technologie/geisteswissenschaften/luegen-in-zeiten-des-internets;2009362

Das muss man nicht alles lesen, um festzustellen, dass Diskussionsbedarf besteht. Manchen mag es dabei an Anstand oder Haltung fehlen, vielleicht fehlt aber auch nur ein Mangel an grundsätzlicher intellektueller Auseinandersetzung. Denn wer würde bestreiten wollen, dass die Welt, in der wir leben, vor allem aber das, was wir über sie denken, Mensch gemacht ist und damit durch Kommunikation entsteht. Seit wir kommunizieren besteht also Interpretationsbedarf.

Dass sich in einer komplexen Mediengesellschaft ein eigenständiger Berufsstand entwickelt hat, der Unternehmen und Organisationen dabei unterstützt, ist nur logisch – ebenso wie der Umstand, dass dieser eine andere Perspektive einnimmt als der Journalismus das tut. Die Polemik von Klaus Jarchow: \“PR’ler, das sei ihnen aus Gründen der nötigen Demut mal gesagt, PR’ler wird ein Mensch in der Regel, weil es zum Journalisten bei ihm nicht langte.\“ ist dabei zwar nicht wirklich hilfreich, allerdings führt er mit \“Demut\“ einen Begriff in die Debatte ein, mit dem sich alle Beteiligten gerne beschäftigen dürfen.

Der vermeintlich höhere Interpretationsbedarf macht die Welt nämlich nicht zum Bonanza der Spin-Doktoren, sondern führt tendenziell eher zum Kontrollverlust. Und zwar auf allen Seiten (denn auch den Medien trauen die Menschen ja offensichtlich nicht mehr zu, die Welt richtig zu interpretieren).

Die Beherrschbarkeits- bzw. Steuerungsfantasien mancher PR´ler sind dabei – wie die Wahrheitsfantasien mancher Journalisten – vor allem Selbsttäuschung. Damit wird das Konstrukt \“Vertrauen\“ tatsächlich zu einem integralen Bestandteil – es sei denn, wir ersetzen es durch andere Kategorien wie Macht oder den Preis (oder kombinieren beide, wie es u.a. in einigen aufstrebenden, lupenrein demokratischen Staaten geschieht).

Losgelöst von diesen theoretisch-philosophischen Erwägungen bedeutet dies für die PR´ler, dass sie ihrer interessengebundenen Arbeit mit hoher handwerklicher Präzision nachgehen und Mittel und Wege finden, um die Beziehungen zu den für ihre Auftraggeber relevanten Bezugsgruppen zu gestalten. Dann kann sogar zwischen PR´lern und Journalisten (die viel weniger, als sie vielleicht glaube, die primäre Bezuggruppe sind) ein vertrauensvolles – aber zu Recht nie kollegiales – Verhältnis entstehen. Und das ist viel weniger eine Frage von Anstand und Haltung (die sollten in allen Professionen gleichermaßen gelten) als vielmehr eine Frage, wie ich meine Ziele bzw. die meiner Auftraggeber am besten und langfristig erreiche.

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Berufskommunikator 5. August 2008 um 15:34

@ Julian Schönbeck:

Sicher verstehen sich PR-Praktiker mit Journalisten auf Augenhöhe agierend. Und empririsch untermauern dies auch verschiedene Ansätze, die PR und Journalismus als bilaterales und interdependentes Verhältnis darstellen. In der Wahrnehmung vieler Medienschaffender sieht dies aber immer noch anders aus: Da wird die PR mal flugs als vom Journalismus abgängig betrachtet – schließlich benötigt sie ja Multiplikatoren, um die Bezugsgruppen zu erreichen.

Ein kleines Gedankenspiel kann aber diese Sichtweise schnell in Frage stellen: Was wäre, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt alle PR-Agenturen, Pressestellen von Verbänden, Unternehmen, politischen Instanzen etc. ihr Arbeit fallen ließen; alle Websites offline gingen u.s.w.?

Und benötigt die PR in einigen Jahren überhaupt noch Journalisten als Multiplikatoren? Verändert das Web 2.0 (3.0, however) und die voranschreitende Verfügbarkeit und Selektionsmöglichkeit von Information nicht den kompletten Kommunikationsprozess von Organisationen und Insttutionen? Wird der mündige Bürger vielleicht selbst zum Gatekeeper von Information, an Stelle des Redaktionsleiters?

Womit sich der Kreis zur Moral- und Ethikdiskussion wieder schließt: Wie gehen die Spin Doktoren dann mit ihrer Macht um?

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Mattias Schlenker 5. August 2008 um 17:39

> Und benötigt die PR in einigen Jahren überhaupt noch
> Journalisten als Multiplikatoren? Verändert das Web 2.0
> (3.0, however) und die voranschreitende Verfügbarkeit
> und Selektionsmöglichkeit von Information nicht den
> kompletten Kommunikationsprozess von Organisationen
> und Insttutionen? Wird der mündige Bürger vielleicht
> selbst zum Gatekeeper von Information, an Stelle des
> Redaktionsleiters?
>
> Womit sich der Kreis zur Moral- und Ethikdiskussion
> wieder schließt: Wie gehen die Spin Doktoren dann mit
> ihrer Macht um?

Dieses Gedankenexperiment sollten wir eine Stufe weiter spinnen: Wie wichtig ist denn in dem von Dir beschriebenen Szenario noch der zentrale Provider von Information? Wenn man keinen zentralen Abnehmer hat, benötigt man dann noch einen zentralen Anbieter? Sollte man in dieser Situation nicht auch von einem dezentralen Angebot ausgehen, das authentischer und unverfälschter direkt aus den einzelnen Unternehmensabteilungen kommt? Ob Microsofts Entwicklerblogs oder Opels Testfahrerblogs da der Weisheit letzter Schluss sind, wage ich zu bezweifeln, sie sind jedoch der Versuch, die Beziehung zur Öffentlichkeit nicht nur über den PR-Flaschenhals stattfinden zu lassen, sondern mündigen Abnehmern auch mündige Informationsanbieter gegenüber zu stellen.

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Berufskommunikator 5. August 2008 um 18:02

@ Matthias Schlenker: Diesen Aspekt habe ich in der Tat vergessen zu notieren. Aber in meinen Gedanken mit einbezogen. Wichtige Stichworte sind hier sicherlich RSS Newsfeeds und Blogs. Fraglich bleibt allerdings, ob einer jeder soviel Zeit und Medienkompetenz besitzt, sich seinen täglichen \“Informationskuchen\“ selbst zu belegen…

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Robert 5. August 2008 um 18:13

@Matthias Schlenker:
Was glauben Sie denn, wer in den Unternehmen diese Blogs schreibt oder unter wessen Anleitung das passiert? Das sind Leute aus PR- oder Kommunikationsabteilung, zumindest in den größeren Unternehmen.

@Thomas Knüwer:
Habe ja erst jetzt Ihre Kommentare komplett gelesen. Problematisch ist, dass jeder, der will, sich als PR-Berater bezeichnen kann (als Journalist übrigens auch). Die Ausbildung, wenn sie denn absolviert wurde, divergiert derart, dass es natürlich unseriöse und unethische Anbieter, Berater und PR-Leute in Unternehmen gibt. Die Tatsache, dass die Ethik der PR an Universitäten unterrichtet, erforscht und reflektiert wird, ist doch ein Schritt auf dem Weg zur Professionalisierung. Denken Sie bitte nicht, dass die schwarzen Schafe nicht zu Diskussionen in der Branche und den Verbänden führten. Ihre Unterstellung, dass die Profs und ihre Studenten (ich nehme mal an, dass Sie das nicht auf eine Uni beschränken) nicht wüssten, was Ethik sei, speziell im Zusammenhang mit der PR, ist anmaßend.

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Mattias Schlenker 5. August 2008 um 18:35

@Robert, @Berufskommunikator: Man verschenkt viele Chancen, wenn man nur PRler oder Kommunikatoren bloggen lässt. Das haben einige größere Unternehmen erkannt, die nun auch Leute aus R&D bloggen lassen. Die Kontrolle (oben war von Gatekeeperfunktion in einem anderen Zusammenhang die Rede) abzugeben fällt vielen PRlern schwer, aber im Ergebnis erfährt man häufig sehr detailliert, welche technischen Gründe zu einer bestimmten Entscheidung geführt haben.

Die Aussage \“unter welcher Anleitung das passiert\“ halte ich für etwas arrogant. Jede Unternehmenskommunikation hat für ein einigermaßen konsistentes Auftreten abesprochen zu sein, R&Dler oder Designer sind aber keineswegs kleine Kinder, die eine Nanny PR-Abteilung benötigen.

Für Leute wie mich, die häufig Artikel für ein technisch versiertes Publikum schreiben müssen (nein, ich bezeichne mich nicht als Journalist), ist es ein echter Glücksfall, auf diese Art und Weise technische Hintergründe zu erfahren und Ansprechpartner zu finden, die detaillierte Nachfragen technischer Natur gut beantworten können.

Das heisst übrigens nicht, dass PRler überflüssig wären. Im Gegenteil, ein guter PRler sollte sich nicht als Herr über Art, Form und Inhalt der verbreiteten Informationen aus einem Unternehmen und über ein Unternehmen sehen, sondern auch als Vermittler von Kontakten. Gerade technische oder detaillierte Wirtschaftliche Informationen kann ein \“Allroundtalent PR-Mensch\“ eben nicht fachlich präzise beantworten — dann muss er eben auch mal einen Kontakt vermitteln und loslassen können anstatt jedes Schriftstück zu filtern.

Sowohl PRler als auch Journalisten sollten sich mal nicht so wichtig nehmen. Beide sind für ihre jeweilige Klientel nicht der einzige Punkt über den die Information fließt, die letztlich zur Meinungsbildung beim gemeinen Volk beiträgt.

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Schnutinger 6. August 2008 um 12:21

Muss Thomas Knüwer beipflichten.

Es gibt zwar ein paar nette PR-Leute, die durchaus sehr fähig und selbstkritisch sind (was aber meistens eher in ihrer Persönlichkeit begründet ist), aber Menschen wie Herr Krolzik und viele andere mehr aus der Branche zeigen auch mir einmal mehr: Das Wort Ehtik hat in der Branche nun wirklich nichts zu suchen – die meisten sind doch ziemlich gewissenlos und würden ziemlich skrupellos für jeden arbeiten: egal ob Zigarettenbranche, Glücksspielbranche, Atomindustrie, etc.

Das lässt auch mich immer vor Agenturen schauern. Kaum einer macht PR, weil er von der Sache überzeugt ist (jetzt mal abgesehen von diesen Good-Causes Feigenblattaktionen), sondern schlicht, weil sie einen lukrativen Auftrag bekommen.

Für mich sind PR-Menschen wie Werber, sie wollen Menschen verführen, sie für ganz bestimmte Ziele begeistern – egal wie. Sie tun das vielleicht auf etwas intellektuellere (ja sogar studierte) Weise, als ein Werber, aber die Ziele sind die Gleichen.

Ich muss zugeben, ich halte nach den Erfahrungen, die ich in der Branche sammeln durfte, wenig von der Branche. Menschen, die darin arbeiten sind mir suspekt.

Empfehle Herr Krolzik den Film 39/90 – damit er weiß, wo er steht, aber das braucht man ihm vermutlich gar nicht zu sagen, wenn ich mir seinen Kommentar so durchlese …

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Schnutinger 6. August 2008 um 12:26

Korrektur: Ethik, da waren die Finger mal wieder zu flott.

Und wenn eine Branche sich Regeln gibt, dann sollte man das bitte nicht mit Ethik verwechseln … Ethik in Bezug auf Unternehmen und Branchen ist genau so ein Quatsch wie das Wort Unternehmensphilosophie.

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Berufskommunikator 6. August 2008 um 14:18

Liebe Frau Schnutinger: \“Für mich sind PR-Menschen wie Werber, sie wollen Menschen verführen, sie für ganz bestimmte Ziele begeistern – egal wie.\“ Was halten Sie denn so von Politikern? Oder Greenpeace? Oder Religionen?

Aber ich kann Sie beruhigen: Auch mir sind die meisten Mitglieder \“meiner\“ Branche suspekt…

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Sascha Stoltenow 6. August 2008 um 17:28

Willkommen in Pauschalistan, liebe Frau Schnutinger. Ihr Beitrag ist ähnlich hilfreich, wie die Behauptung von Herrn Jarchow, dass PR´ler die seien, bei denen es nicht zum Journalisten gereicht habe.

Und dass Sie mit Ihrer Behauptung, dass Ethik in Bezug auf Unternehmen Quatsch sei, en passant die komplette Wirtschaftsethik und damit auch die substantielle Arbeit vieler intelligenter Menschen in die Meinungstonne kloppen, spricht nicht dafür, dass Sie sich damit qualifiziert beschäftigt haben. Etwas Bescheidneheit würd´ nicht schaden. Und wie sehen Sie in diesem Kontext eigentlich die journalistische Ethik?

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Schnutinger 7. August 2008 um 9:22

Berufskommunikator 🙂 Ja, da sind interessante Gedanken drin, das gebe ich zu.

Dennoch erlebe ich den Unterschied zwischen den genannten Gruppen tagtäglich in meiner Arbeit. Ich arbeite für ein Glücksspielunternehmen im Bereich Suchtprävention. Ich habe hier Kontakt sowohl mit (sher großen und namhaften) PR-Agenturen, wie auch mit Suchverbänden, namentlich der Landesfachstelle Glücksspielsucht NRW. Diese arbeitet völlig unentgeldlich für uns und ich bekomme mit, wie schwierig sich die Arbeit für diese Non-Profi-Organisationen darstellt. Um ihre Ziele durchzusetzen müssen sie richtig kämpfen und wirklich gegen viele Mauern anrennen, das ist ein ziemlich hartes Brot. Natürlich wäre es ein leichtes für solche Non-Profit-Organisationen, Geld von den Glücksspielanbietern zu nehmen, für ihre \“Diensleistungen\“ (z.B. Schulung und Beratung), nur tut gerade die Landesfachstelle das nicht, um ihre Glaubwürdigkeit gerade auch den Spielsüchtigen gegenüber nicht zu gefährden. Stattdessen müssen sie sich in langwierigen um öffentliche Gelder bemühen.
Ich muss zugeben, ich finde diese Haltung sehr bemerkenswert und toll und bekomme hautnah mit, wie schwer ist es (allen monetären Verführungen zum Trotz und es gibt viele NGOs die sich schlicht und ergreifend kaufen lassen) Idealist zu bleiben und sich unbeirrt für seine Sache einzusetzen. Wenngleich es aus Unternehmenssicht für uns leichter wäre, wir würden einen großen Betrag rüberschieben und hätten dafür das rundum-sorglos Paket, aber so müssen auch wir uns selbst sehr stark in Frage stellen, sehr glaubwürdig Maßnahmen ergreifen, um nicht das Verrauen und die Zusammenarbeit mit der Landesfachstelle zu gefährden. Isgesamt erlebe ich diese Art der unabhängigen Zusammenarbeit trotz aller verschiedenen Ansichten, als ungemein gewinnbringend, weil beide Seiten sehr glaubhaft agieren – ohne großen Pomp und PR. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen und uns in das Thema Sucht mächtig hineinbüffeln.

Will sagen: Echte Idealisten sind nicht käuflich, schon gar nicht von der Gegenseite! Sie setzen sich für eine Sache ein, weil sie davon überzeugt sind und nicht, weil sie dafür bezahlt werden.

Bei den PR-Agenturen sieht das anders aus – logisch. Sie arbeiten für Geld. Das tun sie mal besser, mal schlechter, in unserem Fall sehr gut und sehr fundiert. Aber ich weiß gleichzeitig auch, dass sie genau das, was sie für uns tun, auch für unsere Gegenseite getan hätten. Okay, so ist das Leben, so funktioniert Wirtschaft, ja, mir behagt es nur nicht sonderlich.

Kenne ja sogar auch ein paar Leute aus PR-Agenturen unserer Gegner, sprich den privaten Anbietern, das sind nette Menschen. Die machen einen guten Job – vor allem, indem sie ihre hervorragenden Kontakte in die Politik nutzen. Bekommt man auf der anderen Seite mit wie z.B. in Berlin Dinge laufen – z.B. dass der CDU-Parteitag von BWin mitfinanziert wird, dass Claudia Roth beim Grünen Parteitag völlig gedankenlos am Glücksspielautomaten von Gauselmann herumdaddelt und noch sagt: Ach das macht ja so viel Spaß, dass Gauselmann den kompletten DFB bei der EM mit Spielautomaten auststattet, obwohl man weiß, dass gerade (ehemalige) Fußballprofis überproportional häufig glücksspielsüchtig werden – dann kann man über das ganze vernetzte PR-Werk nur noch den Kopf schütteln. Aber so funktioniert politische Meinungsbildung wohl inzwischen in Deutschland – ich finde das ganze System aus Lobbying, PR-Maschinerie, Parteienfinanzierung durch Spenden etc. höchst bedenklich.

@Sascha: Ja, ich finde in der Tat, man sollte den Begriff Ethik sehr sorgsam und vorsichtig verwenden und ihn nicht so inflationär benutzen. Wenn ich mir ansehe, was in deutschen Unternehmen in den letzten Jahrzehnten so passiert ist, dass von hohen Manangern schlichtweg Recht gebrochen wird – dann finde ich es in der Tat absurd, sich mit Floskeln wie Ethik, Verantwortung und diesem ganzen PR-Bla-Bla nach außen hin zu schmücken – will sagen: Ich kann es nicht mehr hören! Für mich sind das mittlerweile ziemlich leere Worthülsen. Wie ist es denn ethisch zu erklären, dass die IKB-Bank so dermaßen daneben haut und nun von meinen Steuergeldern gesundsubentioniert wird?! Ich sähe das Geld lieber woanders, meinetwegen im kulturellen oder sozialen Bereich.

Ein Unternehmen will in erster Linie erfolgreich wirtschaften, gute Geschäfte abwickeln, dazu sind ihnen bisweilen alle Mittel recht, das kann man gut oder schlecht finden, aber das ist doch nunmal ein wesentliches Hauptziel von Unternehmen. Wer sich für diese Branche entscheidet, ist eben drin in diesem auf Gewinnmaximierung abzielenden System. Leider ist vielen Unternehmen schon ziemlich egal, was sie teilweise der Gesellschaft oder der Umwelt mit ihren Produkten antun.

Unternehmen sollen sozial verantwortlich und nachhaltig handeln, offen und transparent kommunizieren, gut wirtschaften, Arbeitsplätze schaffen und öfter mal die Klappe halten. Ich bin mir sicher, fast jedes größere Unternehmen hat einige Leichen im Keller und eine Menge Baustellen zu beackern.

Journalisten und Ethik, schwieriges Thema. Ich hoffe, es gibt sie noch, die guten Journalisten, die ihrem Berufsehtos uneingeschränkt und idealistisch folgen. Bin aber optimistisch, dass es noch andere Journalisten als Jürgen Emig gibt. Aber auch hier ist die Verführung durch das Geld immer wieder groß, und oft sind Journalisten auch die Hände gebunden (u.a. weil der Verlag auf die Gelder der großen Werbekunden angewiesen ist, wie z.B. Post AG, stand ja hier auch jüngst) – leider, das ist wirklich bedauerlich. Schlimm natürlich auch die Machenschaften der Boulevard-Presse, das ist oftmals wirklich ganz üble Hetze und hat mit der Würde der Menschen wirklich nichts mehr zu tun.

Mittlerweile arbeiten in Deutschland mehr Menschen in der PR-Branche als im Journalismus. Nur, wohin soll das bitte führen? Mich besorgt vor allem, die Vermischung von PR und Journalismus, hier sollten ganz klare und eindeutige Grenzen gezogen werden.

Zum Thema journalistische Ehtik gibt es den Pressekodex – wenn der befolgt würde und u.a. die Landesmedienanstalten an vielen Stellen konsequenter gegen schwarze Schafe eingreifen würden, wäre uns an vielen Stellen schon geholfen.

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Schnutinger 7. August 2008 um 9:40

Ist Parteienfinanzierung durch Unternehmen ethisch? Ist Fast-Food ethisch? Ist sexistische Werbung z.B. für Mode ehtisch? Ist Germanys-Next-Topmodel ethisch? Ist Glücksspiel ethisch? Sind Zigaretten ethisch? Sind Autos ethisch?

Aber der Begriff (Berufs-)Ethos klingt natürlich toll und groß, wenngleich vermutlich die wenigsten wissen, was das eigentlich sein soll. Ethik. Wozu? Um das höchste Gut zu erreichen? Welches ist das? Freiheit, Macht, Bedürfnisbefriedigung, Glück, Tugendhaftigkeit, Weisheit, Mitgefühl? Ein dehnbarer Begriff, den jeder vermutlich anders interpretieren würde – ein Unternehmer möglicherweise anders als ein Buddhist, es sei denn, der Unternehmer ist Buddhist oder möglicherweise überzeugter Christ, oder er hat einen philosophischen Hintergrund, dann müsste er zumindest anders denken, als z.B. ein Machiavellist – aber viele denken irgendwie gar nicht mehr, oder haben ihre Ideale über Bord geworfen und handeln entgegen ihrer eigenen ursprünglichen Prinzipien. (dazu gab es letztens eine interessante Statistik in der Wirtschaftswoche – reiche ich nach)

Der Begriff Ethik ist ein sehr komplexes, philosophisches Gebilde. Deshalb plädiere ich schlicht für unternehmerische Verhaltensregeln.

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Schnutinger 7. August 2008 um 10:02

Sorry, nochmal ich, aber ich finde gerade ein so schönes Beispiel für die o.g. Verdrahtung: Der IOC-Olympia-Propaganda, pardon PR-Fim im öffentlich rechtlichen Programm:

http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/auch-das-erste-muss-werben/

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Jörg Friedrich 7. August 2008 um 10:04

Liebe Frau Schnutinger, für dich ist offenbar Ethik das gleiche wie Idealismus. Das ist eine gefährliche Einstellung. Aus Idealismus werden genauso viele moralisch verwerfliche Dinge getan wie aus Profitstreben.

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Jörg Friedrich 7. August 2008 um 10:12

Gegenstände (Zigaretten, Autos) sind ethisch sicherlich neutral. Der Einsatz eines schnellen Autos zur Lebensrettung z.B. ist sicherlch moralisch in den meisten Ethiken geboten. Und im übrigen ist es auch wenig hilfreich, wenn man bereits vorbelastete Begriffe (\“Sexistisch\“, \“Fast-Food\“) benutzt, um rhetorische Fragen zu stellen.

Ethik beschäftigt sich schlicht mit der Frage \“Was soll ich tun?\“ Unternehmensethik beschäftigt sich entsprechend mit der Frage: \“Was sollen unternehmerisch tätige Menschen tun?\“ bzw \“Was sollen Menschen in Unternehmen tun?\“ warum soll das unsinnig sein?

Und \“Ethos\“ und \“Ethik\“ sollte man auch nicht vermischen.

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Schnutinger 7. August 2008 um 12:28

Jörg Friedrich, ja, das sehe ich ein 🙂

Und ja, mir war auch bewusst, dass Dinge nicht ehtisch oder unethisch sein können, genauer formuliert: Ist unsere Nutzung der Dinge ethisch? Welches Frauen- und Menschenbild liegt z.B. Germanys-Next-Topmodel zugrunde? Handle ich demzufolge unethisch, wenn ich es mir anschaue?

Nach welchen Maßstäben ist also Ethik zu messen? Christliche Ethik? Werte? Mitmenschlichkeit? Würde des Menschen? Ein sehr komplexes Gebilde. Denn die Frage ist: Was sol ich tun? – Wozu? Was will ich mit meinem ethischen Tun letzlich erreichen?

Zerstöre ich, wenn ich Auto fahre die Umwelt, ist das also unethisch? Verhalte ich mich unethisch, wenn ich bei McDonalds esse? Verhalte ich mich unethisch, wenn ich für die Zigarettenindustrie PR mache und damit in Kauf nehme, dass dadurch tausende von Leuten möglicherweise an Lungenkrebs erkranken?

Oder empfinde ich es als ethisch vertretbar, den Menschen Genussmittel wie Zigaretten und Alkohl anzupreisen und einen saftigen Big-Mac mit knusprigen Pommes anzubieten? Finde ich Atomstrom wirklich ethisch vertretbar? Das liegt ein wenig im Auge des Betrachters und es ist auch klar, dass derjenige, der für etwas wirbt, immer zwangsläufig vom größten Nutzen für den Konsumenten bzw. Adressaten ausgehen muss und nicht vom möglichen Schaden.

Ich habe in dem Thema in der Tat vermutlich zu viele (negative) Emotionen drin, das stimmt. Und ja, ich verbinde Ethik irgendwie schon mit einem gewissen Idealismus (vielleicht gerade wegen der eher negativen Erfahrungen), oder sagen wir besser einem (christlichen) Humanismus, denn es stimmt zweifelsohne, auch Idealismus kann Menschen in die falsche Richtung bringen.

Unsinnig ist die von Ihnen aufgezeigten Überlegung keinesfals, so sie denn genau so ernsthaft, nachvollziehbar und glaubwürdig von den Unternehmen angestellt wird – und genau dieses fehlt mir eben noch allzu oft. Aber vielleicht ändert sich das ja noch – ich bin im Grunde ganz guter Hoffnung, nicht zuletzt wegen der \“kritischen Masse\“ hier im Internet und hoffentlich auch mehr und mehr bei den Konsumenten (aber das wird wohl noch länger dauern) und einigen fleißigen und unbeugsamen und investigativen Journalisten, die nicht müde werden, Verfehlungen aufzudecken.

Deswegen gefällt mir dieses Blog ja auch so gut 🙂

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Schnutinger 7. August 2008 um 12:36

PS Es tut mir ja auch leid für die guten Berufskommunikatoren, die durchaus Werte vertreten, aber immer, wenn ich an PR-Leute denke, habe ich Klaus Kocks vor Augen…

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,459450,00.html

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Tanja-Anja 8. August 2008 um 10:23

Wie lautet denn nun die Lösung des Rätsels? Und was hat Herr Krolzik geschrieben?

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Mandy-Sandy 11. August 2008 um 19:54

ja, ich will auch des Rätsels Lösung!

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BEN 14. August 2008 um 20:23

Mit dem Jahrgang ´29 hätte ich mehr anfangen können.

Was ist des Rätsels Lösung?

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Daniel Krolzik 14. August 2008 um 21:08

Stimmt, aber Herr Knüwer meint wohl den Zusammenbruch der Banken 1931. Was das mit meinen Kommilitoninnen oder meinen (händchenhaltenden) Professoren zu tun haben soll, ist mir allerdings auch schleierhaft. Jedenfalls hatte ich wenig Lust mir eine hanebüchene Geschichte aus den Fingern zu saugen, nachdem ich klar gestellt habe, dass ich MITNICHTEN den Zusammenbruch von Bear Stearns bejubel. Denke die Geschichte ist jetzt damit aber auch gegessen.

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Kerstin Hoffmann 4. Dezember 2008 um 18:55

(Mal ganz abgesehen davon, dass Ethik die Lehre von der Sitte ist – und von den meisten nicht nur in dieser Diskussion fälschlicherweise im Sinne von Moral eingesetzt wird:)

Dabei kann es so einfach sein mit der Moral in der PR. Auch wenn das vielleicht nach Blogger Ethos nicht ganz astrein ist, muss ich jetzt mal zu einem eigenen, schon etwas älteren Beitrag verlinken: http://taeglichfrisch.wordpress.com/2008/05/19/zehn-dinge-die-pr-leute-tun-konnen-um-public-relations-neu-zu-erfinden/

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Kerstin Hoffmann 6. Dezember 2008 um 11:09

(Blogger-Ethos; natürlich mit Bindestrich. So viel Zeit muss sein.)

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