Vielleicht ist es einfach zu viel verlangt, von PR-Leuten die Vorstellung zu erwarten, dass ihre E-Mails nicht so toll sind, dass man sie mehrmals bekommen möchte. Oder die Erwartung, dass Journalisten nicht so blöd sind, als dass sie nicht erkennen, wenn es eine inhaltliche Differenz zwischen Betreff einer E-Mail und ihrem Inhalt gibt. Manche Geschäftsmodelle sind für mich einfach eklig. Zum Beispiel die Idee einer PR-Agentur, Fachartikel (also PR, deren Autor ein Mitarbeiter des Kunden ist) auf Erfolgsbasis zu platzieren. Zu sehr riecht das nach Koppelgeschäft: Der Kunde zahlt, Agentur und mies beleumdetes Fachmagazin teilen sich die Einnahme. Gute PR lässt sich nach Qualität bezahlen, nicht nach Quantität. Gute PR ist Berater nicht Drückerkolonne.
Natürlich ist so etwas nur die düstere Vision, die mir in den Kopf kam, nachdem ich auf eine Agentur namens Arcendo gestoßen bin. Denn so wirbt diese Firma:„Ihr Produktmanager hat einen interessanten Fachbeitrag geschrieben? Der Anwenderbericht liegt fertig in der Schublade? Wir kümmern uns um die Platzierung. Sollten wir dabei ausnahmsweise nicht erfolgreich sein, kostet Sie das nicht mehr als ein müdes Lächeln. Und sonst nichts.“
Nein, ich bin überzeugt, die machen solche dunklen Geschäfte nicht. Denn wenn ich dieses Unternehmen nach seinem aktuellen Formstand beurteile, wären solche Konzepte noch zu hoch für die dort tätigen Mitarbeiter.
Arcendo bringt es fertig, eine Pressemitteilung zu verschicken, die den Betreff trägt:
„Presseinformation: Vasco bringt Identikey Server 3.0 auf den Markt“
Nur: In der Mitteilung geht es gar nicht um den Identikey Server, sondern um dem Firefox Companion von Ebay. Das fällt den Tanjaanjas bei Arcendo dann auch irgendwann auf. Und was machen sie? Sie verschicken die gleiche Pressemitteilung nochmal in voller Länge:
„Sie haben diese Nachricht bereits mit einer falschen Betreffzeile erhalten. Bitte entschuldigen Sie das Versehen.“
Nein, wer seine Umwelt so penetrant belästigt, der kann auch problemlos Fachartikel platzieren – weil man aus diesem Haus einfach keine Anrufe mehr haben möchte.
(Danke für den Hinweis an Herrn Alphonso)
Kommentare
Michael Finkenthei 26. März 2008 um 17:07
arcendo? arcando? Da gabs doch noch jemanden, der so hiess… oder? Man darf gespannt sein auf die Abmahnung, die da kommen wird.
Christian 27. März 2008 um 6:58
Grundsätzlich sind Fachbeiträge nichts schlimmes. Schließlich werden sie inkl. Namen und Position des Autors abgedruckt. Da kann sich jeder selbst seine Meinung bilden. Wenn Angela Merkel in der FAZ schreibt, ist das nichts anderes.
Und dass man sich für diesen Job erfolgsorientiert bezahlen lässt, zeigt den Druck auf dem Markt. Es muss aber nicht für Schmu sprechen. Taxifahrer, Fischer oder Immobilienmakler werden ja auch nur bei Erfolg bezahlt. Das System funktioniert, wenn die Honorare bei Erfolg die Kosten für erfolglose Arbeit mitabdecken.
Dennoch ist Ihre Theorie wahrscheinlich – aber sie ist auch reine Spekulation.
satya singh 27. März 2008 um 11:24
Es gibt doch hunderte von \“Fachmagazinen\“. Sie alle wollen ihr Blättchen voll kriegen. Dazu gibt es aberhunderte von Unternehmen, die was erzählen wollen. Und dazwischen die Pr-Agentur. Sie fungiert mehr als Makler und kassiert dafür gut ab. Meist texten sie die Artikel noch. Als Autor nach außen fungiert meist jemand aus dem Management des Kunden.
Das ist natürlich weit vom feinen Journalismus weg. Jaja. Diese Fachmagazine laufen auch nicht über Abos oder liegen im Kiosk aus. Man muß in den betreffenden Branchen nur in entsprechender Position und Abteilung arbeiten (Marketing, Vertrieb, GF, CIO ect) dann bekommt man die Blättchen eh regelmäßig zugesanndt. Es ist also eine graue Scheinwelt des Gebens und Nehmens.
Aber trotzdem gibt es sie. Eure Handelsblattbeilagen spielen auch in der Liga (\“ekliges Geschäftsmodell\“). Und Eure Handelsblatt-Tagungen ebenfalls. Es kommt also meist nur auf den Stil drauf an, wie man die Inhalte platziert. Arcanos Mäuschen war halt ein bissl – äh- ungeschickt?
Also: Erst Fenster auf im Glashaus, dann Steine gezielt rauswerfen…
Szene-Beobachterin 14. April 2008 um 12:00
Wie wär\’s mit interner Weiterbildung in der eigenen Verlagsgruppe. Lt. Checkliste \“Realisierung eines redaktionellen Medien-Beitrags\“ auf ww.absatzwirtschaft.de , Copyright Fachverlag der Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH, sollen sich Verlagsmanager fragen, ob sie bei Eintreffen einer Pressemitteilung ein Gegengeschäft abschließen können… Sie werden sicher auch Freude an den Bemwerkungen weiter unten in der Checkliste zur journalistischen Arbeitsweise finden (Pressemitteilungen würden wg. \“Berufskrankheit/Berufsstolz\“ nie unverändert übernommen…)Dazu ein Kommentar auf www.pr-journal.de
http://www.pr-journal.de/redaktion/pfeffer–salz–senf/checkliste-zum-wegwerfen-20080409-5913.html