Werber behaupten, kreativ zu sein. Doch oft genug werden sie nur von Auftraggebern ausgesaugt und von deren Agenturen kopiert. Vielleicht gibt es ja einfach nichts Neues mehr. Oder das, was neu wäre, entspricht nicht unseren aktuellen Geschmäckern. Auf jeden Fall finde ich es bemerkenswert, wie viele Kommentare zu meiner Geschichte über das Logo des Initiativkreises Ruhrgebiet aufgelaufen sind und wie viele ähnliche Logos dabei aufgetaucht sind (leider immer noch nicht jenes, das mir im Kopf herumspukt).
Nun gibt es bei einer ganz ähnlich gelagerten Kampagne einen handfesten Plagiatsvorwurf. Es geht um Be Berlin, eine Imagekampagne für Berlin. Beim Werbeblogger bin ich auf den Protest zweier Berliner gestoßen, die sich an der Ausschreibung beteiligt haben – und deren Entwürfe eine bemerkenswerte konzeptionelle Ähnlichkeit mit der daraus entstandenen Kampagne haben. Ein Telefoninterview mit einer der beiden gibt es hier.
Wenn dies so stimmt, haben wir wohl wieder einmal jene Unsitte, der sich manche Werber-Auftraggeber befleißigen. Sie laden Agenturen zum Pitch (als der Präsentation von Ideen) ein. Eigentlich sollte solch eine Pitch-Teilnahme honoriert werden. Es ist aber ein schmutziges Geheimnis der Branche, dass selbst große Agenturen schon mal ohne Honorar antreten, die Konkurrenz ist groß, die Belegschaft hungrig, da lässt man sich schon mal hinreißen.
Die Auftraggeber also lassen die Kreativen an- und überhaupt tanzen. Und dann picken sie sich das heraus, was ihnen gefällt – und lassen das von der Agentur umsetzen, die ihnen passt. Beides muss nicht übereinstimmen. Und so nimmt die Siegeragentur dann die Ideen der anderen und versucht sie so zu modifizieren, dass die Sache nicht vor Gericht landet.
Reden mag darüber niemand. Und vielleicht ist genau das eines der Probleme dieser Branche.
Kommentare
Frank Joster 18. März 2008 um 19:06
Der Herr Breitenbach hat nochmal nachgelegt und das gemacht, was man statt von einem Werber (Breitenbach) eigentlich von jedem Hauptstadtjournalisten erwarten sollte: recherchiert.
http://www.werbeblogger.de/2008/03/18/cui-bono-be-berlin/
Ui, und es stinkt.
Hans 18. März 2008 um 21:01
Die Berlin-Geschichte ist doch lächerlich. Was ist denn die wahnsinnige Ähnlichkeit zwischen beiden Logos wenn man berücksichtigt, daß das Logo mit dem Brandenburger Tor schon vorher als Logo von Berlin existiert hat?
Was ist jetzt genau die geklaute Idee? Das Logo von Berlin zu nehmen und um einen Schriftzug zu ergänzen? Einen Schriftzug der sich zwischen beiden Versionen sowohl inhaltlich wie graphisch sehr deutlich unterscheidet?
Sorry, aber man kann sich Plagiarismus auch einbilden.
niels | zeineku.de 18. März 2008 um 22:32
Das ist doch alles recht trivialer Krams. Da würde ich nicht von \“Plagiat\“ sprechen.
Spielereien mit \“be\“ drängen sich bei \“Berlin\“ so dermaßen auf, dass es mit der Originalität nicht weit her ist.
Frank Meier 18. März 2008 um 23:35
Mal unabhängig von Berlin, ist der Rest gelebte Praxis. Mittlerweile lehnen wir Pitches komplett ab, ohne wenn und aber. Wer uns möchte, weiß um unsere Qualitäten, der Rest frisst nur Zeit, Nerven und zieht einem das Geld aus der Tasche.
Ugugu 19. März 2008 um 8:46
Lustig zu beobachten, wie sich die Werber hier für die Plagiatöre in die Bresche werfen 😉
Berufskommunikator 19. März 2008 um 10:01
Tja, die Grenzen zwischen Abkupfern und Sichinspirierenlassen sind halt fließend…
Patrick Breitenbach 19. März 2008 um 10:30
Die Plagiatsgeschichte ist doch nur die Spitze des Eisberges, wie Frank Joster richtig kommentiert hat.
Würden uns freuen, wenn ein paar Profis da auch mal etwas tiefer vordringen könnten. Wir müssen ja leider nebenbei unsinnige Werbekampagnen produzieren. 😉
PS: Ich habe nicht alleine recherchiert und hatte somit sehr gute Unterstützung durch den \“Kaiser\“.
Sascha Stoltenow 19. März 2008 um 14:39
Vermutlich war´s die CIA. Mann, Mann, Mann, um mal meine Lieblingskolumne verboten zu zitieren, was glaubt Ihr eigentlich, wie groß die Berliner Werbewelt ist? Das ist auch nur eines der vielen sozialen Netzwerke, über das sich die Kommunikationswelt sonst so freut. Jetzt gibt es mal eins, bei dem zwei nicht mitmachen dürfen, und schon fangen sie das Weinen an. Das aber immerhin so laut, dass sie bald viele kennen. Eigen-PR beherrschen sie also, wie auch das von Ihnen vorgeschlagene Design recht ansprechend ist – nur leider auch schon tausendmal gesehen, der farbige Cubus mit dem linksbündigen Text. Und mindestens genauso of gehört sind die obskuren Verschwörungstheorien, auf die besonders die Schreiberlinge anzuspringen scheinen, die selbst auch nicht mit dabei sein dürfen. Zu Recht, denn die Artikel der \“professionellen\“ Journalisten lesen sich wesentlich differenzierter. Aber vermutlich sind die auch nur Teil dieser gigantischen Verschwörung, die ich Leben nenne.
Rainersacht 19. März 2008 um 14:42
Schmutzige Geschäfte einer schmutzigen Branche. Was ist neu daran? Remember Berlins Olympia-Bewerbung (GGK, Schirner etc pp)…
Nicht Denken 19. März 2008 um 15:44
Schreiberlinge? Na, na, Herr Stoltenow, sagt man sowas als professioneller Berater für Unternehmenskommunikation?
Klar kann ich verstehen, dass die Branche das alles schön unter sich im Stillen ausmachen möchte. Wenn sich dann jemand beschwert, kommt schnell die Andeutung von Nestbeschmutzung auf. Nur erklärt das nicht, warum Steuerzahler den Mund zu halten haben, wenn es nach Vetternwirtschaft und einem Geldverteilungskartell riecht. Oh, weil die Geschäfte der Branche gestört werden könnten? Na, da sch*** ich doch drauf.
Kai 19. März 2008 um 17:07
Ich kann aus meiner eigenen Berufserfahrung und zahlreicher gewonnener sowie verlorener Pitche zwei Dinge bestätigen:
– Ein Honorar bekommen die Agentur nur sehr selten. Und selbst wenn: Die gezahlten Summen entschädigend nicht annähernd den Aufwand.
– Nur eine verschwindend geringe Anzahl von Auftraggebern zeigt im Nachhinein der Sieger-Agentur die anderen Präsentationen und gibt damit deren Ideen preis. Sicher, Ausnahmen gibt es immer. Ich kann eine Regel dahinter aber nicht erkennen.
Thomas Knüwer 19. März 2008 um 17:28
Ich hab mit der Titulierung \“Schreiberling\“ keine Probleme. Können wir parallel dazu auch mal über die Einführung des Begriffs \“Bloggerling\“ diskutieren? Und \“Spindoctorling\“? \“PRlerling\“? \“Tanjaanjaling\“?
Sascha Stoltenow 19. März 2008 um 18:18
Au ja. Vor allem PR-Lehrling, was ja synonym zu Tajaanling ist. Und eigentlich hatte ich ja darauf gehofft, dass nicht der Terminus \“Schreiberling, sondern die Unterscheidung dieser von den professionellen Journalisten diskutiert wird. Denn hier stellt sich für mich die Qualitätsfrage, weils es nämlich mehr als einfach ist, aus den Verbindungen der Berliner Werbe-Community eine ganz dolle Verschwörungstheorie zu basteln. Sehr schwer dagegen ist es, eine womöglich vorhandene Verschwörungspraxis zu recherchieren, aufzudecken und aufzuschreiben. Da braucht es ein bisschen mehr Handwerk und weniger Werbeblogger-Spekulationsvermögen.
Und, Nicht Denken, woher wissen Sie, dass ich professioneller Berater für Unternehmenskommunikation bin? Warum sollte das meine Meinungsäußerungen als Privatperson determinieren? Und warum funken Sie nicht unter Klarnamen? (Ja, ja, ich weiß, die CIA)
Wie dem auch sein. Die schönste Selbstbeschreibung eines Jpurnalisten hat mit ein Redakteur eines wohlgeachteten Blattes aus Düsseldorf gegeben: Schreibeigener.
Mariana Mayer 19. März 2008 um 19:16
@Tanjaanjaling\“
tanja anja ling?
@Und, Nicht Denken, woher wissen Sie, dass ich professioneller Berater für Unternehmenskommunikation bin? Warum sollte das meine Meinungsäußerungen als Privatperson determinieren?
Genau ich kommuniziere doch nicht für eine bestimmte Organisation, sondern allgemein.
Im Schizophrenen ist es neutral und in verschiedene Organisationen die alle getrennt voneinander existieren sortiert und die Rechte weiß nicht was die Linke tut.
Bei Harvard (kam im Fernsehen) heißt es, mache dich nicht abhängig von einer Organisation und genau hier sieht man das Problem, dass alles im Rahmen einer Organisationsform gestellt wird, nur weil jemand mal irgendwo eingeladen war oder Mitglied ist.
Nur weil Frau mal mit jemand mal über die Strasse geht, ist das noch lange nicht der Freund, oder?
So sehe ich das. Da hätte ich ja jede Woche einen Neuen. So ein Quatsch. Was kann ich denn dafür, dass ich viele Leute kenne.
Mariana Mayer
niels | zeineku.de 19. März 2008 um 20:03
Ugugu: Ich bin kein Werber.
imr 21. März 2008 um 22:39
ab in die Eckke und schämt euch, ihr Herren in Berlin.