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Manchmal macht mir dieses Blog ein wenig Angst. Zum Beispiel in den vergangenen zwei Tagen auf dem Burda-Zukunftskongress DLD. Ich bin ja nicht erst seit gestern Journalist. Und in all den Jahren sprachen mich Menschen immer wieder mal auf Artikel an, die ich gerade geschrieben hatte. Warum aber passiert das mit dem Blog so ungleich häufiger? Auf dem DLD (oder heißt es eigentlich die DLD?) begann gestern jeder, aber auch wirklich jeder Gesprächspartner aus dem deutschsprachigen Raum die Konversation mit: „Ich hab ja schon ihren Verriss gelesen.“

Gemeint war damit meine kurze Zusammenfassung des enttäuschenden ersten DLD-Tags. Doch bevor hier ein falscher Eindruck entsteht: Es war nur der erste Tag, der daneben war. Und dafür konnten die Veranstalter nur bedingt etwas. Das erste Podium, eine fröhliche Kumpel-Runde, hätte man man verhindern können. Dass aber Martha Stewart derart sedative Züge trägt, dass hatte niemand erwartet.

Wo wir gerade bei der Organisation sind: Die hat sich erheblich gegenüber dem Vorjahr gesteigert. Sprich: Verspätungen bewegen sich im Rahmen des Normalen. Und gestern, als ich einen Sonderwunsch hatte, wirbelte die Presseabteilung so schnell, dass ich mir ernsthaft Sorgen um die Gesundheit der Damen und Herren machte.

Vom zweiten Tag habe ich inhaltlich leider wenig mitbekommen. Mehrere Interview-Termine standen an, außerdem beschäftigte mich die Inkompetenz einer PR-Agentur, die nicht in der Lage war, Fotos ihrer Klienten zu schicken. Jimmy Wales und Jason Calacanis aber waren, nach einer Aufwärmphase, unterhaltsam und interessant. Und alle, die ich gesprochen habe, waren angetan vom Diskussionsniveau am Montag. Heute dann konnte ich ein wenig zuhören, zum Beispiel beim leider müden Podium zur Zukunft des Fernsehens.

Problematisch ist allerdings häufig die Besetzung des Moderatorenpostens. Zu oft moderieren Freunde ihre Freunde. Und das ist langweilig. Manchmal fühlte ich mich an die Re-Publica in Berlin erinnert, wo Konflikte durch diese Konstellationen ebenfalls ausblieben. Ohne Gegensätze aber gibt es keine interessanten Gespräche.

Den Höhepunkt lieferte dabei Burda-Bald-Vorstand Christiane zu Salm-Salm ab. Knallhart fragte WPP-Chef Martin Sorrell aus dem Podium nach den Umsatz- und Gewinnzahlen der auf dem Podium sitzenden Startups. Salm-Salm bedankte sich für die Frage und entschuldigte sich dafür, dass sie diese nicht selbst gestellt hatte: „I just wanted to be polite.“ Höflich? Ein Moderator hat nicht höflich zu sein. Wenn Frau Salm-Salm so weich moderieren will wie ein aufgetauter Lachs, dann möge sie bitte künftig Abstand nehmen von solchen Funktionen.

Spannend ist beim DLD die Vermischung der Kulturen. Zum Beispiel das etwas schockierte Schweigen, als Craig Venter mal so richtig ins visionieren kam. Aber auch die Verwunderung mancher Anzugträger – und deren Dichte ist höher als bei anderen Web-Konferenzen – über den Stand der Diskussion. Vielleicht kommt manchem doch die Idee, dass diese Sache mit dem lebenslangen Lernen nicht so übel ist.

Das spannendste neue Ding? Nach meiner Meinung ein Startup aus den USA, bei dem ich das Glück hatte, den Deutschland-Start in der heutigen gedruckten Ausgabe exklusiv zu verkünden. 23andme ist gegründet worden von Anne Wojcicki und Linda Avey. Wojcicki ist die Frau von Google-Mitgründer Sergey Brin, was die Geschichte natürlich schon reizvoll macht. Das Unternehmen bietet für 1000 Dollar persönliche DNA-Tests an. Deren Auswertung liefert dann zum Beispiel Verwandtschaftsverhältnisse und Wahrscheinlichkeiten für die Anfälligkeit gewisser Krankheiten.

Warum sollte ich das wissen wollen?, fragt mancher. Und in der Tat ist dies die Frage: Will ich wissen, dass ich eine 70-prozentige Wahrscheinlichkeit für Alzheimer habe? Ich denke, viele Menschen wollen es wissen. Mancher wird den Test auch machen, ohne genau über die Folgen nachzudenken. Und Ärzte werden ohnehin überfordert sein, kommen die ersten Patienten mit den Resultaten.

Google hat uns gezeigt, was wir wissen können. 23andme könnte uns zeigen, was wir wissen wollen. Wojcicki und Avey, übrigens, sind ein äußerst sympathisches und wirbeliges Team.

Und doch, obwohl die Diskussionen oft so interessant waren, steht der DLD am Scheidweg. Denn eines ist nicht akzeptabel: das HVB-Forum als Veranstaltungsort.

Schon im vergangenen Jahr war es zu voll, zu eng, zu stickig. Gestern, bei einem Presse-Dinner der Burda-Kommunikatoren, hat jemand behauptet, es seien weniger Besucher als 2007 – keiner hat das ernst genommen.

In den schlimmsten Stunden am Montag war im großen Saal kaum ein Stehplatz zu bekommen, der kleine Saal gerappelt voll und das Atrium, wo es Essen und Getränke gibt, ebenfalls voll. Wer ein paar Minuten nach draußen geht um frische Luft zu schnappen, der erkannte bei Zurückkommen, dass es ernsthaft müffelte. Wie voll es war, zeigt dieses Foto: Dort vorne sitzt auch Hubert Burda – auf dem Boden.

Vielleicht findet irgendjemand diese Enge hipp. Studi-Feeling. Unkompliziertheit. Doch sie ist nicht cool – sie ist unerträglich. Spätestens ab 14 Uhr waren am Montag alle genervt, die fröhliche Networking-Stimmung der Picnic kam niemals auf. Auch den Podien war schwer zu folgen. Die Akustik im großen Saal ist mies, und deshalb kommen schnell ein paar Stehplatzbesucher ins Schwätzen und das stört die anderen.

Mehrere Besucher sagten mir, sie kämen gerne wieder – aber nicht ins HVB-Forum. Natürlich könnte die Veranstaltung dort bleiben. Dann aber höchstens mit der Hälfte der Besucher. Und ob es sich ein Verlag aus der Hauptstadt des Bussi-Bussi mit sovielen Menschen verderben will.

Nachtrag: Was ich noch vergessen hatte – die Arbeitsbedingungen für Journalisten waren unter aller Sau. Muss man so klar sagen. Ein lärmiger Raum mit einem Tisch à la Hühner-auf-Stange, ein ebenso lärmiger Interviewraum, aus dem man gelegentlich mal vertrieben wurde. Sorry, liebe DLD’ler so geht das nicht.


Kommentare


Marc | Wissenswerkstatt 22. Januar 2008 um 19:56

Danke für diesen Stimmungsbericht vom DLD. Sehr gut, daß man nun auch die Einschätzung der (gestressten) Teilnehmer nachlesen kann.

Eine kritische Anmerkung habe ich allerdings doch: das erwähnte Startup \“23andme\“ mag spannend sein, innovativ und meinetwegen originell.

Die Sache ist aber (im mehrfachen Sinne) fragwürdig. Das fängt damit an, daß es so etwas wie ein Recht auf Nichtwissen gibt (jaja, niemand \“muß\“ sich dem DNA-Test unterziehen… aber wielange noch?) und geht weiter mit der Frage, wie wir in diesem Bereich mit wissenschaftlichen Irrtümern umgehen. Denn diese haben eine andere Tragweite, wenn ich Individuen mit einem vermeintlich gesicherten Risikoprofil ausstatte und mit dem Wissen oder der Ahnung nach Hause entlasse, daß sie mit der Wahrscheinlichkeit X diese oder jene (Erb-)Krankheit entwickeln werden.

Ich sehe da viele offene Fragen und hatte mir (als ich die Teilnahme von Anne Wojcicki und Linda Avey am DLD sah) ohnehin notiert, daß ich selbst was drüber schreibe…

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Uwe 22. Januar 2008 um 19:58

Stimme zu, schöne Zusammenfassung. Als Moderator hat sich übrigens auch der Handelsblatt-Vertreter nicht mit Ruhm bekleckert (Panel-Gäste zum Vortrag auffordern, wenn die noch in den Zuschauerreihen sitzen?), ist halt doch ein Job, den man lernen kann (und muss). Echte Highlights heute: Das packende Plädoyer von Shai Agassi, der ganz Israel mit Elektroautos ausstatten will und das anschließende Panel Exploding Media wegen der sehr anschaulichen Präsentation von Clay Shirky. Insgesamt hat die Veranstaltung einen überraschend hohen Unterhaltungswert, kein Wunder, dass es so voll war. Nächstes Mal vielleicht in der Olympiahalle?

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*gelöscht* 22. Januar 2008 um 20:01

***Hier stand ein Kommentar, der sich allen Ernstes positiv zu einem rechtsradikalen Konzept der Welt äußerte. Deshalb habe ich ihn und die daraus folgende Diskussion gelöscht.***

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Sascha Stoltenow 23. Januar 2008 um 0:22

Lese gerade Bill Brysons Short History of Nearly Everything. Das macht so schön bescheiden, denn was wir hier alles so als Wissen und Wissenschaft bezeichnen ist angesichts der Phänomene im großen Genlabor Universum maximal ein good guess.

Und habe ich das richtig verstanden, es gibt bald ein Profilfeld DNA in allen Social und Business Networks? XXing und YXing? DNABook? VenterSocialAndroid? Da mendel ich doch lieber weiter.

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mju 23. Januar 2008 um 0:25

Ich habe mal einen sehr interessanten Vortrag vom Leiter eines Labores gehört, das unter anderem Tests auf genetische Krankheitsrisiken durchführt, wenn ein Arzt einen Verdacht auf so etwas hat. Er erzählte, dass aus Kostengründen gleich auf eine ganze Reihe von Krankheiten getestet wird, weil die Tests — so wie ich das verstanden habe — aus einer Art Pad bestehen und sich dort Punkte je nach Risiko verfärben. Es ist billiger, komplette Pads für ein breites Spektrum von Tests herzustellen als für jeden einzelnen.

Aber, und das fand ich sehr bemerkenswert, es werden nur genau die Ergebnisse mitgeteilt, nach denen gefragt wurde, selbst wenn die anderen Test ein hohes Risiko für ganz andere Krankheiten ergeben. Begründet wurde das mit dem oben von Marc schon erwähntem \“Recht auf Nichtwissen\“. Selbst wenn der Patient also ein hohes Risiko auf Erbkrankheit xy hat, bekommt er und der Arzt (!) das nur mitgeteilt, wenn er direkt nach dem Risko der Krankheit fragt.

Übrigens machte das Labor auch Verwandtschaftstests. Z.B. \“bin ich wirklich das Kind des verstorbenen Vaters\“ (dazu reicht z.B. ein alter getragener Hut des Vaters aus). Der Leiter erzählte, dass er auch Tests ablehne, wenn er Bedenken hätte, aber er entscheide \“aus dem Bauch heraus\“. Er meinte aber auch, dass es sicher kein Problem wäre, jemanden zu finden, der diese Tests trotzdem mache. Der Preis für Verwandtschaftstest lag übrigens nach seiner Auskunft bei etwa 500 EUR, je nach Aufwand (Anzahl zu testender Personen, usw.) Übrigens reicht zum Test eine Zelle aus, also z.B. eine angefasste Oberfläche. Und das Genmaterial wird archiviert.

Bei dem Gedanken Startup und DNA-Tests wird mir eher schlecht. Man sollte sich klar machen, dass es Dinge gibt, die man vielleicht gar nicht wissen will. Und vielleicht wird einem das erst klar, wenn es schon zu spät ist und man es weiß. (Abgesehen davon, dass andere sie das wissen sollten, wieviel würden wohl Lebens- und Krankenversicherungen zahlen, um an Daten für Krankheitsrisiken zu kommen?)

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Markus Hübner 23. Januar 2008 um 2:17

Ich denke nicht, dass die im Panel angesprochene \“Gen-Leistungsdaten\“ für Versicherer der Hauptanreiz für diese Unternehmensgründung war. Wäre spannend herauszufinden inwiefern Google hier eine Hintertür zu 23andme eingebaut hat … NSA läßt grüßen, auch wenn ich kein Verschwörungstheoretiker bin 🙂

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Andreas F. 23. Januar 2008 um 7:30

Es ist schön für den Autor, dass er einen Exklusivbericht über (den D-Start von) 23andnme ergattern konnte. Jeder braucht Erfolgserlebnisse. 😉 Darüber aber so erfreut zu sein, das Thema völlig unkritisch durch die rosarote Brille zu sehen und statt Journalismus hier PR dafür zu machen, halte ich jedoch für falsch.

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Thomas Knüwer 23. Januar 2008 um 8:47

Moment: Bitte schauen Sie sich den Artikel mal an, bevor Sie urteilen. Ich spreche dort durchaus das generelle Problem an. 23andme stellt die Frage, was wir wissen wollen. Wollen wir wissen, dass wir überdurchschnittlich anfällig sind für eine Krankheit, um gegen sie anzugehen? So einfach ist die Antwort auf diese Frage nicht.

Den Artikel als völlig unkritisch zu bezeichnen ist aus meiner Sicht ein starkes Stück.

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Thomas Kurbjuhn 23. Januar 2008 um 9:13

Steter Tropfen höhlt den Stein.

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Thomas Knüwer 23. Januar 2008 um 9:26

Blödsinn. Es gibt aber Weblog-Autoren, die den Abend woanders verbringen als im Netz.

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stephan uhrenbacher 23. Januar 2008 um 9:29

Es ist ein verglichweise harmloses Thema, was wir wissen wollen. Fuer mich haette es schon Charme, zu wissen, ob ich zu der Minderheit von Menschen gehoere, durch Verzicht auf Cholesterin ihr Risiko verringern, oder zu der Mehrheit, bei denen das unnoetige Qual ist.Aber selbstverstaendlich will ich nicht wissen ob ich an einer unheilbaren Krankheit leiden werde, die mich garantiert in 5 Jahren dahinrafft.

Empfehlung: Matt Ridley: \“Genome\“ lesen. Leicht geschrieben, hilft beim lebenslangen lernen.
Ersschreckend finde ich den fehlenden Aufschrei bei dem was Craig Venter in (zu freundlicher) Runde von sich gibt.

Hier findet der brutalstmoegliche Schritt von Analyse zu Manipulation statt. Und Venter hatte selbst auf die mildeste Frage von Dawkins zu Risiken keinerlei Antwort. Und dabei ist schon Dawkins (den ich sonst schaetze) erschreckend gleichgueltig: Beide nehmen als gegeben an, dass die Evolution ab jetzt durch gezielte genetische Veraenderung am Erbgut bestimmt wird. Und zwar nicht konditional (koennte) sondern definitiv.

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Benedikt 23. Januar 2008 um 10:16

@stephan: Genau darin liegt auch das Problem, das Marc mit dem Begriff \“Nichtwissen\“ angesprochen hat. Man (für mich gilt das auch) ist auf der einen Seite interessiert an manchen Informationen über das eigene Genom, vor allem dann wenn es um Wissen geht, das dann auch praktische Relevanz hätte. Auf der anderen Seite gibt es Dinge, die man nicht wissen will. Man könnte sich nun vorstellen, dass es eine Checkliste gibt, auf der man Dinge auswählt, die man nicht erfahren will, aber wie ist das mit Daten, die man erhalten könnte, die aber erst in ein paar Jahren zu echtem Wissen werden, weil z.B. neue Krankheiten oder genetische Risiken entdeckt wurden?

Oder noch etwas weiter gedacht: Wenn ich etwas über meine genetische Disposition erfahre, erfahre ich in vielen Fällen auch etwas über meine Eltern bzw. meine Kinder. Diese haben keine Möglichkeit zum opt-out.

Interessante Begleitlektüre zu diesem Podium war für mich Neal Stephensons \“Diamond Age\“, das viele der Venter-Ideen schon vorwegnimmt, z.B. ein künstliches Immunsystem von Städten, das aus in der Luft schwebenden \“nano-sites\“ besteht, die Viren und ähnliches auffressen.

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Christian Praetorius 23. Januar 2008 um 10:37

Wenn man ein wenig in der Materie drinsteckt, ist das, was 23andme anbietet, keine wirkliche Neuigkeit mehr. Hier werden Techniken verwendet, die in der Wissenschaft seit Jahren erflgreich angewendet werden (Microarrays, Sequenzierung etc.) und die durch die massenhafte Anwendung jetzt erheblich günstiger geworden sind. Das neue an diesem Ansatz ist das Angebot diese Tests für verhältnismässig wenig Geld einer breiten Öffentlichkeit anzubieten. Ich vermute stark, das sich dieser Ansatz lohnen wird, das Stichwort Neugier ist ja schon gefallen. Ob diese Informationen auch wirklich den einzelnen Personen nutzen können, wage ich zumindest teilweise zu bezweifeln, da für eine Reihe von Faktoren gar nicht alle Bedingungen und Ursachen bekannt sind. Es ist dann auch denkbar, das man zwar eine 70% Chance hat, eine gewisse Erkrankung zu erleiden, aber andere Faktoren (die aktuell noch unbekannt sind) dem genau entgegenwirken. Im Bereich der Genomanalyse und der Kenntnis über die Wirkungen sind noch sehr viele (eigentlich überwiegend) weisse Flecken auf der Landkarte und in der Forschung sehr viel Bewegung.

Zu Craig Venter lässt sich nur sagen, das der Mann Visionen hat und es immer schon verstanden hat, zu polarisieren. Ein gutes Beispiel dafür ist das humane Genomsequenzierungsprojekt, das er mit seiner Firma Celera entscheident vorangebracht hat, die Roadmaps des öffentlich geförderten Projektes sahen eine Entschlüsselung bis 2007 vor, die erste Zusammenstellung wurde so aber bereits im Jahr 2000 veröffentlicht. Sein Ansatz Gene zu patentieren hat sich übrigens nicht erfüllt, Celera hat später die komplette Sequenzdatenbank zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt.
Inwiefern sich seine aktuellen Ideen verwirklichen lassen, wird sich also erst noch zeigen müssen. Lebewesen zu emailen, wie er das so nett plastisch ausdrückte, kann man bereits heute, sofern die Seuqenzen vorliegen und man in der Lage ist, ausreichend lange DNA-Moleküle zu synthetisieren (was tatsächlich das technische Problem dahinter ist). Und der Unterschied zwischen Mikroorganismen, die aufgrund einer Manipulation quasi als Fabrik verwendet werden (humanes Insulin ist so ein Beispiel) und solchen, die speziell dafür designt sind (aktuell ist noch nicht bekannt, welche genetische Grundausstattung beispielswiese ein Bakterium braucht), ist nicht sehr hoch. Letztere werden aufgrund von deutlich weniger vorhandenen Stoffwechselwegen vermutlich effizienter produzieren (eben weil sie keine \“unnützen\“ Teile der Zelle unterhalten müssen), sind aber auch erheblich empfindlicher gegen Schwankungen ihres Lebensoptimums.

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Sven Türpe 23. Januar 2008 um 10:43

Gleichgültig? Vielleicht nur realistisch. Wenn etwas technisch möglich ist, dann wird es auch jemand tun. Gezielte genetische Veränderung ist bekanntermaßen möglich. Anzunehmen, dass man auf die Verwendung dieser Technik einfach so verzichten oder ihre Auswirkungen auf die Evolution auf ewig begrenzen könne, halte ich für Augenwischerei. Man denke nur an Kernwaffen, die werden wir auch nicht mehr los, und was wir als Non-Proliferation bezeichnen ist in Wirklichkeit nur eine Verlangsamung. Was also sollte die Evolution durch gezielte Eingriffe verhindern?

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textexter 23. Januar 2008 um 11:18

Zu 23andme hätte ich mir mehr Distanz und noch mehr Ausleuchten der negativen Aspekte gewünscht….. Immerhin hats ja ein wenig mit Krake Google zu tun.

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Giesbert Damaschke 23. Januar 2008 um 12:26

Also über diese flotte Behauptung:

> \“Google hat uns gezeigt, was wir wissen können\“

würde ich ja bei Gelegenheit noch mal ernsthaft nachdenken.

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Rainersacht 23. Januar 2008 um 13:00

Nur weil den Investoren im Web nix mehr einfällt, muss man ja nicht gleich die Genomiker bejubeln. Oder waren 23andmes Tanja-Anjas besonders hilfsbereit? Deren \“Angebot\“ mag nicht neu und harmlos sein, mich erschreckt es zutiefst. Und manchmal bin ich froh, dass ich als etwas älteres Modell den zukünftigen Menschenpark nicht mehr werde erleben müssen. Mein DNA gehört mir!

Antworten

Thomas Knüwer 23. Januar 2008 um 13:28

Also nochmal: In meinem Print-Artikel habe ich die Zweifel an 23andme ja deutlich gemacht. Dass die beiden aber sympathisch sind, ist nicht abhängig von ihrem Geschäftsmodell.

Übrigens, Rainer, die Behauptung, die beiden seien Tanja-Anjas ist bemerkenswert sexistisch. Die beiden sind studierte Biologinnen und waren erfolgreich als Analystin und Forscherin. Hättest Du das auch so beschrieben, würde es sich um männliche Gründer handeln?
Das aber mit dem „Meine DNA gehört mir“ ist schnell daher gesagt. Was aber, wenn es möglich wird, persönliche Medikamente zu entwickeln? Heroisch sagen viele: Wenn ich gehen muss, dann gehe ich. Doch wenn die Aussicht auf Leben besteht, werden unsere Instinkte nicht dafür sorgen, dass wir diese Möglichkeit nutzen?

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pretzel_logic 23. Januar 2008 um 14:52

> Übrigens, Rainer, die Behauptung, die beiden seien
> Tanja-Anjas ist bemerkenswert sexistisch.

Rainer bezog sich dabei wohl eher auf ein evtl. anwesendes PRaktikanten-Geschwader der Firma.

> Was aber, wenn es möglich wird, persönliche
> Medikamente zu entwickeln?

Steht/stand das etwa in dem Prospekt von dem Verein?

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Rainersacht 23. Januar 2008 um 15:09

@Thomas: Wäre es Jungs gewesen, hätte ich von Sven-Kevins gesprochen ;–)) Und tatsächlich meinte ich – ganz im Sinne deiner Doku-Soap – möglicherweise hostessisierende PR-Damen.

Zum Thema: Ich halte die genetisch-biologische Manipulation des menschlichen Körpers zum Zwecke der Lebensverlängerung für einen Irrweg komsologischen Ausmaßes. Weißt du, der Kleinbürger, der will ja nur gesünder sein, damit er den Nachbarn überlebt und an dessen Grab \“Ätsch\“ machen kann. Es geht um gelebtes Leben, nicht um länger leben… Also um Qualität statt Quantität. Siehe dazu auch Robert M. Pirsigs Moralroman \“Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten\“.

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Rainersacht 23. Januar 2008 um 15:11

@Nochwas, Thomas: Ich wollte dir beileibe nicht \“unkritische\“ Berichterstattung unterstellen. Mich hat nur die ziemlich prominente Herausstellung von 23andme etwas irritiert.

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Andreas F. 23. Januar 2008 um 15:53

@Thomas Knüwer: Ich bezog mich nicht auf den Print-Artikel, den ich gar nicht kenne, sondern auf die drei Absätze oben zum Thema, hier in diesem Blog-Artikel.

Aber mal eine Frage zum Print-Artikel: Gibt es den Artikel inzwischen vielleicht auch irgendwo Online? Und wurde dort die Problematik der auch unternehmerischen Nähe zu Google (die alles wissen wollen, aber selber höchst intransparent und geheimniskrämerisch sind) bei diesem ethisch heiklem Thema angerissen?

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Thomas Knüwer 23. Januar 2008 um 16:25

@Andreas F.: Nun ist der Artikel oben verlinkt. Durch einen technischen Fehler war er nur gegen Bezahlung sichtbar.

Übrigens kann ich auch hier keine rosarote Brille erkennen. Ich sage doch ganz klar, dass man sehr genau überlegen muss, ob man selbst diesen Test machen möchte. Und ob wir wirklich solche Tests haben wollen.

Eines aber ist doch wohl klar: Die Menschen haben immer das technisch möglich ausgetestet, das ist nun mal so. Und deshalb wird 23andme aus meiner Sicht auch reichlich Kunden bekommen. Deshalb bitte ich bei der Diskussion zu trennen zwischen den ethischen Fragen und den wirtschaftlichen. Also bitte nicht behaupten, das Unternehmen habe keine Chance, weil man selbst diesen Test nicht machen will.

In Sachen Google: Das Unternehmen ist ein Investor. Solange keine Überschneidungen feststellbar sind, ist alles weitere substanzlose Spekulation – und das ist nicht unser Stil.

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Andreas F. 23. Januar 2008 um 16:57

Danke für die Verlinkung.

Apropos \“substanzlose Spekulation\“: Laut Computerwoche/CW hat Google-Vorstandschef Eric Schmidt schon Mitte 2007 über 23andme gesagt, die Investition passe zu Googles Unternehmensziel, \“alle Informationen der Welt zu organisieren\“.

Klingt für mich nach einer ziemlichen Überschneidung wenn es keine Presse-Ente war.

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Christiane 23. Januar 2008 um 18:30

Bei dem Artikel fehlen aber wirklich ein paar Aspekte, die auch eine Wirtschaftszeitung vertragen sollte (viel besser sogar als die Bademode bei der Hochzeit der Gründerin). Zum Beispiel die Frage nach den Versicherungen etc. Was bedeutet das für meinen Versicherungsschutz, wenn ich weiß, dass ich eine hohe Wahrscheinlichkeit habe, Alzheimer zu bekommen? Was macht das mit einem, wenn man weiß, dass diese oder jene Krankheit ausbrechen könnte? Was für eine Grundhaltung steckt eigentlich dahinter, wenn wir meinen, unser Leben mit einem Gentest eine andere Wendung geben zu können?

Dem Artikel hätte eine fundierte kritische Stimme gut getan. Die Gründerinnen zu hören, ist mir zu wenig.

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marcus 24. Januar 2008 um 11:04

» dass die Evolution ab jetzt durch gezielte genetische Veraenderung am Erbgut bestimmt wird«

ja aber warum denn auch nicht? ich verstehe die zweifler nicht …

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Sissi Pitzer 24. Januar 2008 um 11:56

Kleine Anmerkung zum Stimmungsbild DLD: Sie haben mir aus der Seele geschrieben! Als – berichtende – Journalistin fand ich Atmosphäre, Enge und Arbeitsbedingungen unterirdisch und haben an jedem Tag nach ein paar Stunden entnervt die Konferenz verlassen. Dabei ist DLD eigentlich klasse, interessante Leute, endlich mal eine Tagung in Deutschland, die nicht im eigenen Saft schmort. Die Kollegen von der Burda-Pressestelle haben sich übrigens wirklich größte Mühe gegeben – aber gegen die Location kommen sie nicht an.

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L. 25. Januar 2008 um 2:32

Ihr Artikel im Handesblatt Print (nicht bild.de)….ich sage nur: !!Wahnsinn!!…/spannendste neue Ding/… USA… /Deutschland exklusiv ../Frau von Google-Mitgründer / 1000 Dollar persönliche DNA-Tests/ 23 Chromosomenpaare eines Menschen /…!!Wahnsinn!!/ Erst 2003 Erbgut entschlüsselt. (*)/Auswertung liefert dann zum Verwandtschaftsverhältnisse (**) / Fröhlich und zupackend / „Ideenfabrik“ /spielte sie Eishockey / Mann, einem Merrill-Lynch-Manager / trug einen weißen Schwimmanzug, er einen schwarzen/ „Google ist natürlich ein spektakulärer Investor“
!!Wahnsinn!!! Danke Herr Knüwer!!!! Deutscher Qualtätsjournalismus, Gütegrad 1a.

(*) Biologie, wahrscheinlich 10.Klasse
(**) Kennen Zuschauer und Teilnehmer diverser Nachmittagstalkshow schon seit x Jahren – kostet dann auch nicht 1000$, sondern wird gerne vom jeweiligen Sender bezahlt.

P.S. Ich gebe zu: verglichen mit den Kollegen Jessen und Geyer ist dieser Quark natürlich harmlos.

P.P.S: \“Die beiden sind studierte Biologinnen und waren erfolgreich als Analystin und Forscherin.\“ Und Sie sind studierter…., Absolvent einer Journalistenschule, erfolgreicher Journalist, Alphablogger….und? Ändert das etwas an diesem Artikel?

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Thomas Knüwer 25. Januar 2008 um 9:33

Vielleicht hätte ich ergänzen sollen, dass dieser Artikel auf einer Seite stand, in der wir Menschen aus der Wirtschaft vorstellen. Deshalb die starke persönliche Ausrichtung. Faktische aber werfen Sie mir vor, dass ich zwei Gründerinnen beschreibe und ihr Unternehmen spannend finde. Finden Sie das Unternehmen nicht spannend? Die Diskussion quer über die Blogs zeigt wohl, dass sehr viele Menschen dieses Gefühl teilen.

Wenn wir eine Meldung exklusiv haben, schreiben wir es rein. Kann man gut finden und nicht – können wir gerne drüber diskutieren.

Und ihre beiden Sterne verstehe ich nicht. Die 2003-Information ist doch wohl richtig und dient zur Einordnung der folgenden Sätze. Und dass solche Tests in TV-Shows gemacht werden, ist mir ehrlich gesagt neu. Können Sie ein Beispiel liefern?

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L. 27. Januar 2008 um 19:15

Der Artikel stand in handesblatt.de in der Rubrik \“Technologie> Forschung+Innovation\“, genauso wie der Artikel von Susanne Donner \“Ferndiagnose per Internet\“, den ich leider erst heute entdeckt habe.

Eine Rubrik \“Menschen aus der Wirtschaft\“, der die persönliche Ausrichtung verständlich machen würde, findet sich in der Online-Ausgabe leider nicht. Sie erklärte natürlich den \“personality\“-Fokus, der mir besonders missfällt.

Frau Donner setzt sich vergleichsweise ausführlich mit der zugrundeliegenden Technologie der Genanalyse auseinander. In ihrem Artikel stellen sie das Unternehmen 23andme in den Mittelpunkt, erkären aber nicht was das eigentlich neue daran ist. DNA-Tests sind immer naturgemäß immer \“persönlich\“ und DNA-Test bzw. Gentest als solches sind eben nichts neues: Tests zur Bestimmung der Verwandschaftsverhältnisse (\“Vaterschaftstest\“) gehören schon seit langem zum Repertoire jeder Nachmittagstalkshow(*), Tests zur Ermittlung von Erbkrankheritsrisiken sind medizinisches Standardrepertoire, und auch in der Forensik sind Vergleiche von DNA-Proben schon lange üblich. Auch ist die vollständige Entschlüsselung des menschlichen Genoms (2003) dafür keine Voraussetzung. Sie haben schon länger die Möglichkeit aus Spaß an der Freude einen Test im Labor ihres Vertrauens machen zu lassen; allerdings würden Sie in Deutschland vielleicht etwas Verwunderung auslösen, wenn Sie dies ohne eine konkrete Fragestellung täten. Gegen entsprechende Bezahlung findet sich sicher auch ein Genetiker der Ihnen Ihr \“persönliches\“ Erbgut erklärt.

Neu ist bei 23andme eben nur die Vermarktung von Gentest an Personen, die Ihn eigentlich aufgrund fehlender medizinischer oder genalogischer Fragestellung nicht brauchen, die Möglichkeit des Abgleichs mit allen möglichen zur Zeit verfügbaren medizinische und genealogischen Daten und die Erläuterung in einer für Laien verständlichen Form, sowie die klare Zielsetzung genetische Daten zu sammeln, um diese dann wiederum zu vermarkten.

Ich bin generell für weniger Hype und mehr nüchterne Analyse – siehe z.B den Artikel von Frau Donner. Aber o.k, es war halt der Personality-Bereich des Handesblattes….

Ansonsten empfehle ich noch die Diskussion/Kommentare auf http://rebellmarkt.blogger.de/stories/1026668/#comments und den auch nicht ganz Hype- und Personality-freien Artikel in \“wired\“ 17.November 2007 (!) http://www.wired.com/print/medtech/genetics/magazine/15-12/ff_genomics.
Und: (*)http://www.rtl.de/tv/tv_olivergeissen.php, dort die fünfte Überschrift….
Schöne Grüße, L.

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