Bisher bestand die Beziehung zwischen Weblogs und Journalisten vor allem aus gegenseitigem Angiften. Dieses Gift brachten vor allem die Journalisten ins Spiel. Nun aber veröffentlicht der Verband der Fachjournalisten ein bemerkenswertes Thesenpapier. Kürzlich schrieb ich für das Magazin des Deutschen Fachjournalisten-Verband einen sehr, sehr langen Artikel über meine Erfahrungen mit dem Bloggen. Er wird in der aktuellen Ausgabe des Magazins wohl erscheinen, bekommen habe ich es noch nicht.
Das Magazin ist relativ monothematisch und ich hatte die leise Befürchtung, den Hofnarren spielen zu dürfen. Also der einzige zu sein, der pro Weblogs schreibt. Schließlich taten sich der Deutsche Journalisten-Verband und seine Organe bisher hervor mit abschätzigsten Einschätzungen dessen, was da so im Internet passiert.
Ich glaube, die Sorge ist unbegründet. Gerade lese ich bei Turi2 über 10 Thesen, die der Fachjournalisten-Verband zum Thema „Weblogs und Journalismus“ veröffentlicht hat. Und ich bin erstaunt: Mit dieser Haltung setzt sich der Verband deutlich ab von seinen Verstaubten Mitbewerbern. Ich entdecke derzeit keinen Satz, den ich nicht (von Details mal abgesehen) unterschreiben würde – Hut ab!
Und hier die Thesen:
„1. Blogs sind keine Konkurrenz zu journalistischen Angeboten, sondern eine Ergänzung. Sie können nicht auf die Infrastruktur von vollausgestatteten Redaktionen zurückgreifen und sind daher auf die Berichterstattung von Medien angewiesen. Ein Ersatz der
traditionellen Medien durch diese neuen Angebote kann schon deshalb nicht stattfinden, weil zahlreiche Blogs Berichterstattung aus den
Medien aufgreifen, zitieren und kommentieren und Diskussionen so erst angestoßen werden.
2. Blogs können durch eigene Berichterstattung über Medien die interne Blattkritik ergänzen, wenn sie von den Medien ernst genommen werden. Zudem können Blogs Berichterstattungsfehler aufdecken und so zur gesteigerten Qualität der Medien beitragen. Sie sind daher ein Raum für das unmittelbare Echo der Medienkonsumenten.
3. Auch „Leserreporter“ und „Leserfotografen“ können ein journalistisches Angebot nur ergänzen, niemals ersetzen. Dabei weist der DFJV darauf hin, dass die Leser bei ihren Einreichungen unter Umständen in Konflikt mit dem Presserecht geraten können. Es obliegt der Verantwortung der Verlage, dies durch Prüfung zu verhindern.
4. Blogs können als Quelle für Insider Informationen, Ideengeber und generelles Recherchemittel dienen. Naturgemäß ist dabei der
subjektive Charakter eines Weblogs zu beachten. Eine Prüfung der Inhalte ist obligatorisch, der Journalist bewahrt auch bei Blogs seine Gate-Keeper-Funktion.
5. Obwohl Blogs vor allem Meinungen widerspiegeln, können Journalisten dort auch Expertenwissen in spezialisierten Fach-Blogs finden. Diese Nischen können vor allem für Fachjournalisten wertvoll sein.
6. Blogs sind frei von den wirtschaftlichen und hierarchischen Zwängen des Verlagsbetriebs und verfolgen in der Regel keine kommerziellen Interessen. Damit bieten sie den nötigen Freiraum, um als kreativer Ideengeber für die klassischen Medien dienen zu können.
7. Durch ihre Subjektivität eröffnen Blogs Journalisten einen ungefilterten Blick in Debatten über aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen. Im Idealfall können Journalisten so auf ein breiteres Meinungsspektrum zurückgreifen und Debatten besser beschreiben.
8. Journalisten können Blogs als Interaktionsinstrument mit ihren Lesern, Zuhörern und Zuschauern nutzen. So kann der Journalist in den Dialog jenseits des Leserbriefes treten. Außerdem hat der Journalist die Möglichkeit, auf dieser Plattform die „Geschichte hinter der Geschichte“ darzustellen, etwas was in den klassischen Medien aufgrund Zeit- und Platzmangels nicht möglich ist.
9. Der journalistische Nachwuchs kann bei entsprechender Bereitschaft von den neuen Publikationsformen Blog und Podcast profitieren. Nachwuchsjournalisten können durch diese
Kommunikationsformen das Verfassen von Text-, Video- und Audiobeiträgen üben und entsprechende Erfahrung sammeln. Gleichzeitig können sie von der direkten Reaktion ihres Publikums profitieren.
10. Journalisten sollten sich daher der neuen Entwicklung offen und gelassen nähern und diese Formate selbst ausprobieren.“
Kommentare
jo 10. Oktober 2007 um 19:55
\“Bisher bestand die Beziehung zwischen Weblogs und Journalisten vor allem aus gegenseitigem Angiften. Dieses Gift brachten vor allem die Journalisten ins Spiel.\“
Ach, es gibt und gab auch genügend Blogger, die nicht müde werden, zu betonen, dass Blogger pauschal ehrlicher, tiefgründiger, wahrer und weniger bestechlich sind, als die im Klüngel der Abhängigkeiten dahinterstümpernde \“Johurnaille\“. Manche von Ihnen glauben das wohl wirklich.
Don Alphonso 11. Oktober 2007 um 4:30
Hä?
\“Eine Prüfung der Inhalte ist obligatorisch, der Journalist bewahrt auch bei Blogs seine Gate-Keeper-Funktion.\“
Danke, wer solche neuen Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.
Tamila 11. Oktober 2007 um 7:02
Ich sehe in den Thesen nur weitere Giftspritzen. Zusammengefasst
\“Der Blogger ist nichts, der (Fach)Journalist ist alles\“.
So direkt die 1. These, die in vielen gedrechselten Worten eigentlich behauptet \“Blogger schreiben ab\“.
Übersetzung von 2: \“Blogs sind bessere Leserbriefe\“.
Übersetzung von 3:\“Der Verlag hält sich die Kürzung von Leserbriefen vor.\“
Übersetzung von 4: \“Aus Blogs abschreiben geht ok. Als Gatekeeper muss man seine Quellen nicht angeben.\“
Übersetzung von 5: \“Besonders bei fehlende mFachwissen von \“Fach\“journalisten sind Blogs eine prima Quelle zum Abschreiben.\“
Übersetzung von 6: \“Und nochmal, damit es auch der letzte Journalist unseres Verbandes kapiert: Aus Blogs kann man prima abschreiben wenn einem nichts mehr einfällt.\“
Übersetzung von 7: \“Blogs schreiben zwar Müll, aber, nochmal, liebe Journalistenkollegen, aus Blogs kann man prima abschreiben, besonders, wenn man eine Meinungsäußerung benötigt, welche die eigene Agenda unterstützt. Irgendwas lässt sich in Blogs immer finden\“.
Übersetzung von 8: \“Ok, Blogs sind Über-Leserbriefe und wen euch der böse Chef mal wieder euren Zeilenmüll zusammengekürzt hat, dann könnt ihr den Restmüll einfach in einem Blog abladen.\“
Übersetzung zu 9: \“Blogs sind Kinderspielzeug. Was zum Üben für angehende Journalisten. Buntes Fisher-Price bevor in den Redaktionen der Ernst des Lebens beginnt. \“
Übersetzung von 10: \“Das mit Blogs wird sowieso nichts. Locker bleiben, abschreiben.\“
Kurz und gut, diese Thesen sind eine ausgemachte, hinterhältige, dreckige Frechheit. Man sollte sie den Autoren quer reinschieben und mit einem Stahlkappenstiefel nachteten. Feiges, selbstgefälliges Geschmiere.
Und schalten sie Morgen wieder ein, wenn ich mich mal so richtig über das sogenannte Fachwissen der sogenannten Fachjournalisten in meinem Fachgebiet aufrege. Heute nur ein Wort zur diesen Damen und Herren: Flaschen.
spätburgunder 11. Oktober 2007 um 7:16
@jo – ja, die fundierten und sachlichen Äußerungen, die DA und Tamila hier ablassen, zeigen das. Insofern: Beiden Seiten täte mal ein wenig mehr Contenance, vulgo \“vor dem Schreiben Denken\“, gut.
@Thomas: Richtig, es ist ein erster Schritt. Dem noch viele weitere folgen müssen. Und denen vielleicht ein Buzzword wie Gatekeeper irgendwann zum Opfer fällt.
Wobei diese Funktion natürlich die Aufgabe des Print-Redakteurs ist. Er soll filtern – auch dafür kriegt er sein Geld. Das sollten zumindest Blogger, die auch mal redaktionelle Verantwortung trugen, wissen.
Tim 11. Oktober 2007 um 8:30
Gatekeeper ist der Prinrredakteur, der die Artikel mit den Zahlungen der Unternehmen und Anzeigenschaltungen abgleicht.
Ute 11. Oktober 2007 um 9:00
Ich finde es lustig, dass viele der angestammten Journalisten, die vormals über Blogger die Nase rümpften, nun plötzlich verstärkt ihr Interesse für das neue Medium entdecken – das beobachte ich zumindest in meinem Bekanntenkreis.
Na ja, es ist wohl so: Als Journalist willst du in erster Linie publizieren – Image der Zeitung, in der du es tust, hin oder her, im Blog kannst du dein eigenes Ding machen, dich mit Deinen Geschichten darstellen und präsentieren.
Ein Blog ist für die meisten Medienschaffenden so gesehen wahres Opium. Ich denke, dass sich da über kurz oder lang einiges ändern wird: Jeder vernünftige Journalist (sagen wir zumindest mal die jüngeren), der was auf sich hält, wird schon bald ein eigenes Weblog betreiben – warten wir es ab!
Die kleinen eitlen Selbstdarsteller sind diesbezüglich zu leicht zu durchschauen und es ist ja auch nicht schlimm, wenn die Blogosphäre durch geistreiche Schreiberlinge bereichert wird. 🙂
Thomas Knüwer 11. Oktober 2007 um 9:02
Natürlich bleibt der Journalist Gatekeeper für das Objekt, für das er arbeitet. Ebenso ist der Blogger Gatekeeper für sein Blog. Alles andere nämlich ist ein Wiki.
Jan 11. Oktober 2007 um 9:49
Punkt 1 ist Unsinn. Ich brauche keine \“vollausgestattete Redaktion\“, um Leute anzurufen oder anzumailen oder Infos im Internet zu recherchieren. Jeder Blogger und Podcaster hat alle Rechercheinstrumente zur Hand. Dass sie (noch) nicht oft genutzt werden, wäre der eigentliche Punkt. Ich fühle mich auch überhaupt nicht auf die Berichterstattung der Medien \“angewiesen\“. Worüber die Blogger schreiben, findet ja zu 99 Prozent in den hier wohl gemeinten Medien nie statt. Ich denke, hier wurden die 10, 20 meistgelesenen Blogs Deutschland auf alle Blogs hochgerechnet und auch da nur ausgewählte Artikel betrachtet.
Die restlichen Punkte erklären, dass Blogs & Co. als inhaltlicher und evtl. personeller Steinbruch für die eigene Berichterstattung genutzt werden können. Dass man Fachjournalisten dabei mehrmals erklären muss, mit Quellen kritisch umzugehen, ist schon bezeichnend. Das sollte alltägliches Wissen eines Profis sein.
Man hätte die 10 Thesen auf die letzte These beschränken sollen. Es wäre für viele Journalisten-Kollegen sehr hilfreich und förderlich, müssten sie sich ihr Publikum einmal selbst besorgen, sich mit ihren Lesern direkt auseinandersetzen und eigenverantwortlich ein Medium betreiben. Denn das ist es, was Blogger und Podcaster tun.
Eine Friedenserklärung kann ich hier nicht erkennen. Ich denke, das wird noch ein, zwei Jahre dauern. Dass Blogs nicht grundsätzlich die \“Schmuddelkinder\“ sind und man zumindest mal in ihre Richtung schauen darf (um sich ein paar coole Tricks abzugucken) ist aber immerhin schonmal was 😉
Drüberschreiber 11. Oktober 2007 um 10:13
Die 10 Thesen sind doch völlig banal. Das liegt doch alles auf der Hand. Die ganze Aufregung um das Thema \“Blogs vs. klassische Medien\“ resultiert doch letztlich aus der unzulässigen Verknüpfung zweier Aspekte: Nur, weil Blogs eine neue Art der Verbreitung von Inhalten sind, entwickelt sich ja nicht gleich eine neue Art von Journalismus.
Journalismus ist ein Handwerk, und die Grundregeln dieses Handwerks sind immer die gleichen – unabhängig davon, auf welchem Weg die Ergebnisse schließlich an das Publikum gelangen.
Und in Blogs wie in klassischen Medien kann sowohl guter und seriöser Journalismus als auch handwerklich schlechter Journalismus betrieben werden.
Tatsächlich haben professionalle Redaktionen aber natürlich aufgrund der Infrastruktur und Arbeitsbedingungen erstmal die größere Chance, fundiert und umfassend zu recherchieren als eine Einzelperson, die ein Blog betreibt.
Natürlich ist das manchen Verlagen sehr egal und so findet auch in den klassischen Medien viel schlechter Journalismus statt.
Trotzdem gibt es, und ich hoffe, das sehen auch die bisherigen Kommentatoren so, ein paar völlig zurecht so genannte Qualitätsmedien, deren Berichterstattung seriös und glaubwürdig ist.
Diese Seriosität und Glaubwürdigkeit kann nur durch hohen personellen, zeitlichen und finanziellen Aufwand erreicht werden – und genau hier ist der Unterschied zu (von Privatleuten oder kleinen Gruppen betriebenen) Blogs.
Ein so betriebenes Blog kann eine gute Tageszeitung oder die Tagesschau also nicht ersetzen.
Was Blogs aber tatsächlich können, ist das Besetzen von Nischen und das Beitragen zu Diskussion und Meinungsbildung – und genau zu diesem Schluss kommen ja auch die Verfasser des Thesenpapiers.
Mir ist es völlig unbegreiflich, wie man das negieren kann und wie einige der bisherigen Kommentatoren hier auf die 10 Thesen reagiert haben. Gibt es hier wirklich jemanden, der keine Zeitung abonniert hat und keine Tagesschau guckt, sondern sich auschließlich über Blogs über die Nachrichtenlage informiert???
Übrigens: Ich bin der Meinung, dass es eine ganze Reihe von Bloggern gibt, die sich tatsächlich vorwerfen lassen müssen, schlechten Journalismus zu betreiben.
99% aller Blogger haben gar nicht den Anspruch und Erwecken auch nicht den Eindruck, irgendeine Form von Journalismus betreiben zu wollen und verbreiten Inhalte, die für die Öffentlichkeit gar nicht relevant sind – völlig legitim.
Es gibt aber auch Blogs, die aktuelle Nachrichten verbreiten und/oder kommentieren und in gesellschaftliche Debatten eingreifen und sich damit an ein großes Publikum richten – und trotzdem journalistische Grundsätze außer Acht lassen, insbesondere bei der Überprüfung von Informationen aus fremden Quellen.
Spontan fällt mir da ein Eintrag bei \“Medienrauschen\“ ein, die über ein Blog unter dem Namen \“Murat Kurnaz\“ geschrieben haben. Bei diesem Blog war zunächst nicht klar gewesen, ob es wirklich Kurnaz war, der da bloggte. Und was machte Medienrauschen? Schrieb unter den Eintrag einfach noch \“Echt oder Fake?\“ – was soll das? Niggemeier hat damals völlig zurecht darauf hingewiesen, dass ein bloßer Anruf bei Kurnaz\‘ Anwalt reichte, um hrauszufinden, dass das NICHT Kurnaz Blog war. Schon diese minimale Recherche wurde aber nicht geleistet, stattdessen wurde ein völlig nichtsnutziger weil durch die fehlende Beantwortung der Frage der Echtheit informationsloser Eintrag ins Blog gehauen.
Solche Beispiele finden sich viele, und es ist auch ok, so zu bloggen – aber nur, solange man nicht den Ansprich erhebt, Journalismus zu betreiben und eine echte Alternative zu klassischen Medien sein zu wollen.
http://www.medienrauschen.de/archiv/kurnaz-bloggt/
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/index.php?s=kurnaz
Drüberschreiber 11. Oktober 2007 um 10:46
Nachtrag: Um das nochmal klarzustellen: Ich will mit meinem Kommentar den Machern von Medienrauschen gar nichts vorwerfen. Die betreiben dort ein Blog und stellen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, ein interessantes Produkt her. Es ist aber eben ein im kleinen Stil betriebenes Blog – mit allen damit verbundenen und oben aufgeführten Vor- und Nachteilen.
Bemerkenswerter Journalismus ist es aber in meinen Augen nicht, und daher ist es ein gutes Beispiel für die Bestätigung der 10 Thesen.
Jörg Friedrich 11. Oktober 2007 um 10:47
Man kann alles so interpretieren, dass es ins eigene Weltbild passt, der Tamila-Kommentar zeigt dies beispielhaft. Ich ziehe daraus die Lehre, dass es nicht möglich ist, so zu schreiben, dass man nicht falsch verstanden werden kann.
Die Thesen finde ich in Ordnung.
Ute 11. Oktober 2007 um 10:51
@ Drüberschreiber: Ja, das ist viel wahres dran. Was mir in in den letzten Tagen aufgefallen ist (und was mich irgendwie tierisch angenervt hat: Noch jeder Medienblogger, aber wirklich jeder, musste seinen Senf zu Eva Herman bei Kerner dazugeben – was soll das? Vor allem, da wirklich nichts neues dabei war. Das mutet fast so an, als wäre jeder Blogger gerne FAZ-Feuilleton-Chef.
Wobei ich mich ja generell davon verabschiede Blogger und Blogs über einen Kamm zu scheren. Blogs sind eine Medienplattform mehr nicht.
Ich musste letztens im Blogspiel auf Deutschlandradio Fragen zur Blogosphäre beantworten und war nachher so angenervt von allem: Von den Fragen, von meinen duseligen Antworten, dass ich mich für das ganze Bloggen fast schämte und danach feststellen musste: Ich bin kein Blogger! Ich bin Cartoonistin, Kolumnistin oder was auch immer, jeden falls kein Blogger! Ich nutze das Blog, aber jemand, der ein Buch schreibt nennt sich auch nicht Bücherschreiber.
Die Fragen waren in etwa so, als fragte man jemanden der ein Buch geschrieben hat, wie sich der Büchermarkt in Deutschland weiter entwickeln wird. Hallo? Wie soll man das bitte angesichts von tausenden von an Büchern beantworten können. Okay, man kann vielleicht sagen, dass Ratgeber und Biographien im Trend sind, aber sonst??? Und genauso verhält es sich doch mit Blogs. Jedes kann völlig und total anders gestaltet werden! Von banal bis anspruchsvoll von gefaked bist gegatekeepert 😉
Es liegt also an jedem selber, wie er sein Blog betreibt: Ob als anspruchsvolles Magazin, als Tagebuch, als Videplattform, oder, oder, oder – das ist ja das schöne an Blogs sie bieten eine irre Vielfalt an Nutzungsmöglichkeiten.
Wobei, das muss ich sagen, ich denke schon, dass wir an einem Übergang von \“Privat-Tagebuch\“ hin zu professionellen Angeboten stehen, die wirkliche Mehrwerte bieten und ein interessantes Nischen- und Alternativprogramm zu den Massenmedien darstellen können.
Insofern sind die 10 Regeln wirklich Stuss, da sie immer noch zeigen, wie groß die Ressentiments sind und beweisen, dass das Potenzial von Blogs nicht im geringsten erkannt wird.
Ute 11. Oktober 2007 um 10:56
Achso und zur Qualität: Das liegt m.E. einfach daran, dass man mit Blogs noch kein Geld verdienen kann und sie bislang bei den meisten Betreibern eher Nebenprodukte sind.
Ich habe einen Fulltime-Job und blogge nebenbei. Herr Knüwer hat auch noch anderes zu tun und so geht es wohl den meisten Bloggern – umso erstaunlicher und lobenswerter ist es doch, was schon auf die Beine gestellt wird – kostenlos!
Es wäre ein Traum, man fände einen Spender oder Unterstützer – man, was könnte man da alles auf die Beine stellen! Und ja, diese Botschaft kann als öffentlicher Aufruf verstanden werden! 😉
Ute 11. Oktober 2007 um 11:08
Jetzt muss ich doch noch was los werden zur Qualität: Natürlich haben Zeitungen, Bücher und das TV noch einen anderen Qualitätsstandard. Und das liegt natürlich auch an der (Vor-)Selektion: Es werden Redakteure ausgewählt und eingestellt, die was drauf haben, die Redakteure werden ziemlich gut bezahlt und arbeiten meistens im Team, sie schreiben nicht hoppla-hopp alles sofort rein, sondern (sollten im Idealfall) gut recherchieren und saubere, reflektierte Fakten bringen, bei Büchern findet ebenfalls eine Vorauswahl statt: Der Verlag sucht gute Autoren aus, es gibt ein Lektorat etc., etc. das alles gibt es beim Bloggen (noch) nicht wirklich.
Allerdings glaube ich schon, dass wir mittelfristig dahin kommen (müssen): Nicht alles immer sofort ungefiltert reinkloppen, sondern: Konzept für das Blog überlegen, filtern, prüfen, ggf. korrigieren, reinstellen. Hier finde ich das schon sehr (!) gelungen – schleim, Thomas, dafür musst du mir demnächst einen Kaffee Spendieren 🙂
Ich weiß ich bin sogesehen ein Ketzer, aber ich frage mich die ganze Zeit, warum Spreeblick so gehypt wird – ich kapiere es einfach nicht, vielleicht weiß es ja einer von Euch.
Ute 11. Oktober 2007 um 11:20
Ach jetzt weiß ich, warum so viele auf einmal über Eva Herman bloggen – das sorgt für satt viele Kommentare (Niggemeier zählt fast 250). Lächerlich die Tante und das Geblogge darüber!
Drüberschreiber 11. Oktober 2007 um 11:40
@Ute: Das Lustige ist ja: Natürlich könnte man mit einem edlen Spender ganz viel auf die Beine stellen. Man füllt sein WordPress nicht mehr \“ungefiltert\“ und \“reingekloppt\“, sondern \“überlegt, gefiltert, geprüft und ggfs. korrigiert\“. Und damit das Ganze noch ein Bisschen interessanter wird, postet man auch nicht nur 1 oder 2 Einträge am Tag, sondern mehr und stellt dafür noch ein paar Leute ein. Und irgendwann denkt man sich, dass man das Ganze Zeug vielleicht nicht nur chronologisch, sondern auch thematisch sortieren sollte und erfindet Ressorts wie \“Politik\“ und \“Kultur\“…
Und dann wacht man morgens auf hat im E-Mail-Eingang Post von wütenden Bloggern, die einen als bösen Journalisten beschimpfen, denn in der ganzen Diskussion wird – ich wiederhole mich – eine künstliche Front zwischen Blog und Nicht-Blog gezogen, die es eigentlich gar nicht gibt. Die eigentlichen Fronten sind doch \“objektiv/subjektiv\“ \“fundiert/oberflächlich\“ oder \“geprüft/ungeprüft\“. Und diese Fronten teilen nicht verschiedene Kommunikationskanäle voneinander (also z.B. Blog/Kein Blog), sondern verlaufen mitten durch alle Verbreitungswege und trennen letztlich einfach nur zwischen gut und schlecht (stark vereinfacht formuliert).
Warum nur haben so viele Leute – Blogger wie professionelle Journalisten – ein so großes Problem damit, das wahrzunehmen?
Thorsten 11. Oktober 2007 um 13:01
Fragwürdig finde ich These 3, nach der \“Leserreporter\“ und \“Leserfotografen\“ ein journalistisches Angebot niemals ersetzen könnten. Klar können Amateure nicht von heute auf morgen ein Handelsblatt auf die Beine stellen. Gibt man ihnen aber die richtigen Werkzeuge in die Hand, kann das Ergebnis abgesehen von der inhaltlichen Qualität sehr wohl eine zumindest wirtschaftlich erfolgreiche Publikation sein, wie zum Beispiel myheimat.de mit seinen lokalen Magazinen zeigt.
arboretum 11. Oktober 2007 um 13:23
Ach ja, ach ja, der Deutsche Fachjournalistenverband. Der ist doch dafür bekannt, dass in ihm eher Kaufleute und Leute, die ihren Beruf außerhalb des Journalismus ausüben, organisiert sind. Das ist doch auch der Verband, der als eine Funktion des Presseausweises explizit die Erlangung von Presserabatten nennt (und praktischerweise mit über 300 Anbietern zusammenarbeitet). 1998 haben die sich ja mal ihre eigenen Presseausweise gebastelt, dummerweise verletzten die aber das Geschmacksmuster der offiziellen. Kostete die damals eine Unterlassungserklärung. Und hat dieser Verein nicht auch im November 2006 einmal in einer Pressemitteilung angekündigt, in eine Aktiengesellschaft umgewandelt zu werden? Ist Victor A. Tiberius, aka Alexander Ralf Cyberski, da eigentlich noch aktiv?
arboretum 11. Oktober 2007 um 13:27
Grumpf. Die Links wurden \’mal wieder gefressen. Na gut, dann gibt es die halt extra.
– Funktion des DFJV-Presseausweises: http://www.presseausweis.de
– Tiberius / Cyberski und der DFJV:
http://209.85.129.104/search?q=cache:TD2dhXmUWb4J:www.medien-mittweida.de/uploads/media/20070719_me_azeutsch_Stellungnahme_Presseausweise.pdf+%22Alexander+Ralf+Cyberski%22&hl=de&ct=clnk&cd=1&gl=de
Fragen kostet ja nix 11. Oktober 2007 um 14:31
@Arboretum: Und?
Jörg Friedrich 11. Oktober 2007 um 14:36
@drüberschreiber: Lustiges Szenario. Und du hast völlig recht. Allerdings kommt eines noch dazu: Das Handwerk, welches die meisten Journalisten meines Wissens gelernt haben. Und da ist es so wie bei allen Diskussionen um Profis und Laien: Es ist was dran, aber es ist kein Argument.
Sauerländer 11. Oktober 2007 um 15:35
»Im neuen Duden befindet sich ›Blog‹ zwischen ›Blödsinn‹ und ›blöken‹. Ich finde, da ist es ganz gut aufgehoben….
Übrigens gibt es das im Sauerland schon ganz lange, dass man sich mit wildfremden Menschen über alles Mögliche austauscht und Äußerungen von anderen Leuten kommentiert. Das heißt hier aber nicht Blog, sondern Schützenfest.«
Worte eines überzeugten Print-Journalisten
Thomas Knüwer 11. Oktober 2007 um 16:01
@Ute: In einem Punkt kann ich Dir überhaupt nicht zustimmen. Wenn Du forderst, ein Blog solle über ein Thema nicht schreiben, wenn dieses Thema schon bei vielen anderen Blogs auftaucht, dann implizierst Du eine kollektive Leserschaft. Doch ist die vorhanden? David Weinberger hat als Benimmregel mal vorgeschlagen, man solle als Blogger nicht annehmen, dass ein Gesprächspartner das Blog liest, denn meistens ist es so.
Und deshalb finde ich: Jeder sollte einfach über das schreiben, was ihn reizt. Bloggen ist obsessiv und kontrollierte Obsession ist Unterdrückung. Und wenn ein Leser ein bestimmtes Thema satt hat, möge er den Blog-Eintrag einfach nicht lesen.
Ute 11. Oktober 2007 um 16:32
Thomas: Ne, darum ging es nicht, natürlich kann jeder das schreiben, was er will. Ich habe – wenn ich meinen Feedreader öffne – nur manchmal den Eindruck, dass in allen Blogs das Gleiche steht und das wundert mich dann schon, dass ich denke: Gibt es denn keine anderen Themen? Muss denn jetzt auch noch Fritze Meier seinen Senf zu Eva Herman abgeben? Na ja, ist eben meine Meinung. Ich las letztens ein schönes Wort: Ochlokratie – bisweilen erinnert mich das Bloggen und Kommentieren daran. (Thanks to N.N.)
Ute 11. Oktober 2007 um 17:01
@ Nachtrag: Wobei ich es hier nicht ochlokratisch finde – ganz im Gegenteil.
MarkS 11. Oktober 2007 um 18:29
\“Natürlich bleibt der Journalist Gatekeeper für das Objekt, für das er arbeitet. Ebenso ist der Blogger Gatekeeper für sein Blog.\“
Eine erstaunlich triviale Aussage. Damit kann man jeden Besitzer einer Fernbedienung als Gatekeeper seines TV-Gerätes bezeichnen.
Klar, Journalisten dürfen Thesen aufstellen, zu was auch immer sie wollen. In diesem Fall machen sie sich aber nur lächerlich.
arboretum 11. Oktober 2007 um 18:49
@ Fragen kostet ja nix: Wenn in dem Verein keine oder so gut wie keine Journalisten sind, dann ist das auch keine Friedenserklärung von Journalisten, ganz einfach.
Tamila 11. Oktober 2007 um 20:06
Herr Friedrich, das ist keine Frage der Interpretation, sondern des Textverständnisses. Es steht Ihren durchaus frei auch einmal ihre Übersetzung von solchen Perlen journalistischer Aussagen wie \“7. Durch ihre Subjektivität eröffnen Blogs Journalisten einen ungefilterten Blick in Debatten über aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen. Im Idealfall können Journalisten so auf ein breiteres Meinungsspektrum zurückgreifen und Debatten besser beschreiben.\“
Nehmen wir einfach die ersten drei Worte:
\“Durch ihre Subjektivität …\“
Soll ja wohl heißen das es kein objektives Weblog gibt. Pauschal wird das allen Blogs abgesprochen. Im Kontext der Thesen bedeutet es weiter, dass im Gegensatz zu Bloggern Fachjournalisten objektiv sind. Fachjournalisten … ha, ha, ha. Darf\’s noch etwas Presserabat sein?
Weiter muss man schon gar nicht mehr lesen um zu erkennen das auch diese These als hinterfotziger Arschtritt gedacht ist.
Wir können es auch andersrum betrachten. Wenn dieser Text eine Arbeitsprobe der deutschen Top-Fachjournalisten ist, von denen man klare, präzise, bewusst gewählte Formulierungen erwartet, dann sind die Thesen zehn bewusst formulierte Arschtritte für Blogger.
Wenn diese Thesen-Text ungewollt Blogger diskreditiert, dann ist die Creme des deutschen Fachjournalismus nicht in der Lage klar und eindeutig zu kommunizieren. Ein schwerer handwerklicher Mangel.
Fragen kostet ja nix 11. Oktober 2007 um 21:02
@ arboretum: Na und? Um über den Inhalt der Thesen (die Frage, ob sie zutreffend sind oder nicht) zu diskutieren, ist es nicht erheblich, wer sie formuliert hat und zu welchem Zweck.
Ich würde sie auch zutreffend finden, wenn ein 3jähriger sie geschrieben hätte.
@ Tamila: Was genau ist denn eigentlich Ihr grundsätzliches Problem? Sie mögen Blogs? Dann bloggen sie und lesen sie Blogs. Niemand hindert Sie daran. Und auf den Segen der Journalisten, die Sie offenbar nicht mögen, können Sie doch eigentlich getrost verzichten. Wozu also die Aufregung? Sie plärren grundlos wie ein kleines Kind, also dürfen Sie sich nicht wundern, wenn es Leute gibt, die Sie nicht ernst nehmen.
arboretum 11. Oktober 2007 um 21:34
@ Fragen kostet ja nix: Da Herr Knüwer diese Thesen explizit als journalistisches Friedensangebot betrachtet, ist das schon erheblich. Warum sonst hätte man jetzt hier darüber diskutieren sollen? Denn Aussagen wie \“Blogs sind keine Konkurrenz zu journalistischen Angeboten, sondern eine Ergänzung\“ sind ja wohl keine besonders neue oder gar bahnbrechende Erkenntnisse.
Jörg Friedrich 12. Oktober 2007 um 10:12
Hallo Tamila, habe lange über den ersten Satz Ihrer Replik gegrübelt. Bin diesem offenbar nicht gewachsen, da mir die Alternative \“Textverständnis\“ kontra \“Interpretation\“ nicht aufgeht. Für mich ist Textverständnis Produkt von Interpretation.
Vermutlich sind die Thesen gar nicht an Blogger, sondern an Journalisten gerichtet. Auch Knüwer bezeichnet sie nicht als \“Friedensangebot\“ sondern als \“Friedenserklärung\“. Die Thesen scheinen der Selbstverständigung innerhalb des Verbandes zu dienen. Deshalb ist es unwahrcheinlich, dass sie mit der Intention eines mehr oder wenniger versteckten \“hinterfotzigem Arschtritt\“ geschrieben oder gedacht sind.
Andreas Streim 12. Oktober 2007 um 15:31
Sowas wie ein manueller Trackback:
http://www.streim.de/2007/10/10/alles-nur-meinung/
Kurz nachdem ich den Beitrag von Thomas Knüwer hier gelesen habe, habe ich (offline) im \“Manager-Magazin\“ ein Interview mit H. Burda gelesen und darin stand diese schöne Frage:
\“Manager-Magazin: In Blogs werden nur Meinungen ausgetauscht. Niemand käme auf die Idee, das jahrtausendalte Marktplatzgeschnatter oder das Handygesabbel eines Wochenendes, das man ebenfalls digitalisieren, sortieren und im Netz platzieren könnte, der Menschheit als neue Kulturleistung unterzujubeln.\“
So gesehen sind die \“10 Thesen\“, bei aller berechtigter Kritik an dem Laden, doch schon ein echter Schritt in die richtige Richtung.
arboretum 12. Oktober 2007 um 22:05
@ Jörg Friedrich: Sorry, beim zweiten Kommentar habe ich mich vertan, gemeint war \“journalistische Friedenserklärung\“. (Die Überschrift war mir aufgrund des langen Kommentarstrangs aus dem Blick geraten.) Aber egal wie, mangels Journalisten in diesem Verband, mag es zwar eine Friedenserklärung sein, aber eben keine journalistische.