Das neue Magazin „Dogs“ aus dem Hause Gruner + Jahr ist ein neuerlicher Beweis dafür, dass manche sich über Hunde mehr Gedanken machen, als über die Herrchen. Auf den Medientagen in München erntete Gruner + Jahr-Vorstand Bernd Buchholz noch mitleidiges Lächeln, als er von „Dogs“ sprach, dem Magazin für Hundebesitzer. Die Vorlage ist natürlich leicht zu verwerten: Verlage in der Krise – verzweifelte Suche nach Zielgruppen – Magazin für Hunde – und als nächstes kommt wohl eins für Hamster-Eigner.
Gestern entdeckte ich die Premierenausgabe auf dem Schreibtisch meines Kollegen Hans-Peter Siebenhaar – und konnte nicht anders als zugreifen. Denn ich gehöre zu der Ist-der-süüüüß-Rufer-Fraktion, geht es um Hunde.
Optisch ist das Blatt ein Hammer. Wunderwunderschön. Das ist wohl der Teil für den Hund, weil man ihm Bilder von Artgenossen zeigen kann. Denn der Hund an sich ist in Sachen Alphabetismus ja noch ausbaubedürftig.
Herrchen bekommt dagegen weniger. Also in Sachen Text. Einige wirklich schöne Stücke von Star-Autoren wie Elke Heidenreich wechseln sich ab mit Werken auf „Apotheken-Rundschau“-Niveau. Einen Artikel über das – wenn auch schon oft beschriebene – Thema „Flirtfaktor Hund“ zu beginnen mit „Der Erstkontakt ist ausschlaggebend. Das ist bei Hunden und Menschen gleich.“, zeugt fast von Arbeitsverweigerung. Ein Stück über das modernste Tierheim der Republik schwallt erst über Architektur in der Hauptstadt, statt direkt den Leser in das Heim mitzunehmen.
Ganz peinlich ist Juli Zehs Stück über das Wandern mit Hunden, pseudo-geschrieben aus der Sicht ihres Vierbeines: „Diesen Herbst holt mein Frauchen die größte Reisetausche aus dem Schrank. Sofort verfalle ich in Schreckstarre.“ Ich auch, wenn ich solche Texte lese, die es nicht mal zur Abschlussarbeit beim Creative-Writing-Kurs der Volkshochschule Kattenvenne bringen würden.
Leserverdummend ist das Product Placement. Da wird über zwei Seiten ein Kartenspiel mit Hunden vorgestellt. Auszug:
„Überhaupt fällt das Karten-Hergeben, der eigentliche Sinn des Spiels, schwer. Selbst Alleinspieler, die nicht im Rudel bei Doppelkopf, Rommee oder Canasta sitzen, geraten beim Anblick ins Träumen.“
Albträume für echte Hunde-Freunde mutmaßlich, denn die Bilder zeigen grausam kostümierte Köter, deren Mensch-Machung jedem, der an das Tier-Sein von Hunden glaubt in die Wutattacke treibt.
Nur zwei Seiten weiter darf der Redaktionshund Hundekuchen testen. Nein, nicht quer durch die Klefferkantine – sondern ausschließlich vom Hersteller Jeffo, der sich über diese breite Berichterstattung sicher freut. Wenn er nicht zu viel bezahlt hat.
Es ist schade, dass der Text nicht mithalten kann mit der opulenten Optik. Sonst hätte hier wirklich etwas originelles, gutes, neues entstehen können. So aber versinkt es leider im Morast der hübsch verpackten Alltagsware. Auch wenn für uns Medienbranchisten noch was zum bebellen dabei ist: Auch die Verlegerfamilie in Gestalt von Angelika Jahr, Tochter Anna Stilcken und Bearded-Collie-Mix Leo muss vor die Kamera.
Kommentare
der arbeitsgreis 24. Oktober 2006 um 20:40
Und das Ganze ist irgendwie ein alter Hut, der mal neu aufgedämpft wurde. Irgendwo im Regal habe ich noch ein paar altes Mags aus den USA, in den späten 70er und frühen achtziger Jahren dort gekauft, die trugen den Titel „Catmopolitan“ und „Dogmopolitan“ und hatten wenigstens Pfiff, weil sie eine gehörige Portion Ironie mitbrachten. Aber vielleicht kann man so ein Ding ja mal über die Merkel produzieren, ooops, sorry, jetzt sind mir die Hottes durchgegangen…
Marita 24. Oktober 2006 um 21:04
Großartig – so wuffiwauzi, wie sich das anhört, sollte man es eigentlich schon des Spaßes wegen kaufen. Und sei es nur, um das Hunde-Kartenspiel mal live zu sehen…
Dirk Ploss 24. Oktober 2006 um 21:38
Also ich sehe das ja mal ganz pragmatisch positiv: Solange wir uns mit so einem Sch… befassen können, kann es uns doch nicht wirklich schlecht gehen. Oder ist das nur die letzte Phase der Dekadenz – und wird damit die letzte Runde unserer Kultur eingeläutet?
Übrigens (feiner Spaß am Rande): Mal „Hundekot“ ausgooglen und auf die AdWords achten!
Prospero 25. Oktober 2006 um 1:44
Ich musste spontan bei den kostümierten Hunden an „Spaced“ denken. Und an tolle lebendige Farben. 😉
Ad Astra
Luclog 26. Oktober 2006 um 19:58
Der Moers Klassiker, ist zwar ein Klassiker, aber kein Moers Klassiker.