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„Ich bin nicht wie alle“, schnurrt der braun-getigerte Kater: „Ich habe meinen eigenen Lifestyle.“
Und Peter Wippermann nickt. Ja, genau so hatte er sich das gedacht.
Der schwarze Kater in der Mitte der Fokus-Gruppe reckt sich erst einmal, bevor er kurz mit seiner Zunge über die rechte Pfote leckt: „Njiiiaauuu, aber vergessen Sie nicht die Gesundheit. Wir haben uns lang genug diese dreckigen Mäuse reingestopft. Ich bin nicht mehr der Jüngste. Und mein Herrchen nimmt zum Joggen immer so ein neonleuchtendes Getränk mit. Der weiß was gut ist.“

Und Peter Wippermann, Chef des Hamburger Trendbüros, nickt.

Die graue Katze direkt neben ihm tupft sanft seinen Oberschenkel: „Grrrrrrroße Tüten mit Trrrrrockenfutter – das ist doch kein Stil. Im Fernsehen sehe ich immer diese hübsche Frau, die ihrer Katze Sheba zur Petersilie reicht. Das ist nicht nur Stil, das ist Style.

Und Wippermann nickt.

Ja, so muss es gewesen sein, als Dr. Doolittle-Wippermann mit den Katzen sprach und bewies, dass er sich nicht nur mit intelligenten Schwärmen auszukennen glaubt, sondern auch mit kratzbürstigen Einzelviechern.

Denn ich habe – das ist kein Scherz – Katzenfutter zugesandt bekommen. Im Auftrag von Masterfoods, die jene individuelle Futterbegrünung die einst Sheba popularisierte, weiter in den Irrsinn steigern.

Sheba hat zwei Dinge erreicht: Schöneres Essen für Katzen und die Degradierung ihrer Besitzerinnen, so diese Singles sind, in die Unvermittelbarkeit. Denn seit jenem Spot und dem Slogan „Für besondere Momente zu zweit“ gilt eine Katze im Haushalt einer allein lebenden Frau unter vielen Single-Männern als Manifestation der sexuellen Selbstaufgabe.

Künftig wird die Anwesenheit von Muschi-Pucki-Stanislaus wohl eher als Zeichen für fortgeschrittenen Irrsinn gewertet werden, sollte die Besitzerin zur weißen Tüte mit der Aufschrift „Perfect Fit“ greifen. Denn diese neue Marke ruft mit Hilfe von Trendbüro-Wippermann den „Megatrend ,Myselfing'“ aus. Dieser Trend brach so überraschend schnell aus, zu schnell auch für das Trendbüro, dass seinen jährlichen Trendtag nun zu dem Weniger-Mega-Trend „Simplexity“ abhalten muss. Schade.

Umso schöner natürlich, dass Wippermann die Zeit fand, mit Katzen zu sprechen und zu erkennen, dass auch sie Individuen sind:

„Fressen, um satt zu werden, war gestern – heute geht es um die optimale gesunde Ernährung passend zum jeweiligen Lebensstil“, zitiert ihn die Pressemappe.

Und: „Haustierhalter, besonders Katzenliebhaber, beginnen immer mehr, den eigenen Lebensstil ihrer Tiere zu entdecken. Sie suchen beim Einkaufen nach Produkten, die auf Eigenschaften der vierbeinigen Partner Rücksicht nehmen.“

Ja, ein persönlicher Lifestyle für jede Katze, weshalb es Nutztierendverwertungsprodukte in verschiedenen Variationen gibt, für „Lebhafte Abenteurer“, „Empfindliche Samtpfoten“ und „Gemütliche Salonlöwen“. Zu vermuten ist, dass die Besitzer der Tiere die Variante wählen, die ihnen selbst am nächsten kommt, nicht ihren Tieren. Denen wird das vermutlich egal sein, denn im Gegensatz zu Herrn Wippermann dürfte den Vierbeinern das Fressen immer noch das Wichtigste beim Fressen sein.

Ich aber freue mich schon darauf, dass unser putziger kleiner Salon-Diagnostiker Wippermann sich sein kleines Schnäuzchen von Buffet-Resten reinigt und uns erzählt, dass auch Schlangen ihren individuellen Lifestyle zu pflegen haben und es deshalb für Reptilienhalter künftig die Wahl gibt aus unterschiedliche Lebend-Mäusearten. Je nachdem, ob in ihrem Terrarium eine „Kuschelige Cobra“ züngelt, eine „Naturverbundene Natter“ oder eine „Besondersaktive Blindschleiche“.


Kommentare


Björn Eichstädt – Storyblogger 10. April 2006 um 19:22

Das findest Du vielleicht komisch, aber Du hast sicher keine Katze. Ich finde das gut…

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August 10. April 2006 um 19:34

Es braucht keine Sheba-Werbung im TV um zu lernen, daß Singlefrauen mit Katzen häufig, ähm, „anders“ sind. Spätestens, wenn man ein paar Exemplar kennengelernt hat. Frauen, nicht Katzen.

Eine Katze ist nur ein Warnsignal. Zwei Katzen bedeutet Großalarm. Drei oder mehr Katzen: WEGLAUFN!

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mxsmart 10. April 2006 um 20:23

Also nicht gegen schnurrende Frauen, die sich wie Katzen reckeln 😉 (Als Mann musste der Spruch einfach sein, aber ich kraule sie dann auch gerne lange)

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Weltherrscher 10. April 2006 um 20:41

katzen sind aber auch anfällig für solcherlei fresschen.
mein kater, der schon lange nicht mehr ist, hatte es immerhin auf fast 13 kilo lebendgewicht gebracht, obwohl ich ihm eine strenge diät verordnet hatte.

aber ich glaube heut noch immer, dass der fremdfressen gegangen ist. ob’s mäuse oder vögel waren, weiß ich leider nicht.

vorsetzen konnte ich ihm übrigens nur das leckerste, alles andere hat er kategorisch abgelehnt. katzen sind halt auch menschen, na ja fast…

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Mats 11. April 2006 um 9:30

@ August: Ähnliche Erfahrungen gemacht… Allerdings sind 2 Katzen schon Grund genug zum Weglaufen. Da braucht’s keine 3 oder 4. Brrrrrr….

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blog of geewiz 11. April 2006 um 10:48

…sich an den Kopf fassen, wenn sie die neuesten Ansätze verstehen könnten, ihnen Lifestyle angedeihen zu lassen.

Angesichts der Tatsache, dass täglich noch immer tausende von Menschen an Unterernährung sterben, grenzt dieser Trend, Haustierhaltern mit

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