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Gut, jede deutsche Kommune scheint in Chaos zu verfallen, sobald 3,5 Schneeflocken drohen, den Bürgersteig zu streifen. Doch was in Köln die Mischung aus Karneval und Bier schafft, das bewirkt in Hannover die Mischung aus Cebit und Schnee: eine Großstadt wird ausgeschaltet. Das hier macht mir echt Sorgen.

Denn die nächsten Tage werde ich – nach jahrelanger Pause – mal wieder auf der Cebit verbringen. Cebit und Schnee – das ist nicht gut. Gar nicht gut. Zum Beispiel damals, als UUnet Vinton Cerf einflog. Ein schöner Abend war es mit spannenden Gesprächen und gutem Essen. Dumm nur, dass der Ort des ganzen am Maschsee lag, also etwas weiter abseits. Und dass es schneite und fror. Eine Stunde lang ließ sich kein Taxi blicken, obwohl zehn bestellt waren. Schließlich griff die Presseabteilung zur Notfallmaßnahme: Die Medienvertreter wurden vom Pressesprecher heimgefahren, unter Einsatz des Dienstwagen ohne Winterreifen ein bleibendes Erlebnis auf Straßen, die für das Jugendtraining der Hannoveraner Eishockey-Clubs geeignet gewesen wären

Doch auch tagsüber bringt die raue niedersächsiche Witterung in zuvor wohl erzogenen Anzugträgern und Kostümträgerinnen das Tier hervor.

Es beginnt auf dem Weg in die Hallen. Jeder Andere ist Gegner im Kampf um den schnellen Weg hinein in die warmen, meist zu warmen Hallen. Bloß raus aus der Kälte, die sich ätzend durch den Boss-Anzug frisst. Den Gebrauch eines Mantels, seit dem Umhängen von Fellen eine der großen zivilisatorischen Errungenschaften, wählt der Großteil der Cebitter nur für den Weg zur Messe, auf dem Gelände selbst wird alles wärmende an der Garderobe deponiert in dem Irrglauben, die Wege seien so kurz, dass die Friergefahr kalkulierbar sei.

Unser Immunsystem aber ist im Laufe der Jahrhunderte auf ein messeuntaugliches Niveau degeneriert. Spätestens ab dem Freitag haben die von schniefenden Schulklassen und den Mann markierenden Männern herbeigetragenen Viren leichtes Spiel. Gut, Gesundheit sagt man ja angeblich nicht mehr – doch der durch Standpartys bedingte Schlafentzug sorgt für eine an Willenlosigkeit grenzende Ignoranz gegenüber der, zwecks Krankheitsbegrenzung erdachten, westlichen Sitte beim Niesen die tröpfchensprühende Gesichtsfläche mit einem tuchartigen Hilfsmittel abzudecken.

Der schlimmste Moment auf dem Weg der Rückmutation vom menschlichen Wesen zum Homo Cebitus folgt an jedem schlechtwettrigen Abend an den Taxiständen. Sicher, man könnte auch den öffentlichen Nahverkehr nutzen, der in Hannover auf den putzigen Namen Üstra hört. Wäre schneller. Aber mein Gott, wenn der Arbeitgeber schon nicht mehr den Business-Klasse-Flug zahlt, dann soll er wenigstens mit der Taxirechnung bluten.

Hannover aber, die Stadt deren zentraler Platz Kröpke heißt und auch so aussieht, erfreut den Besucher mit einem dauerhaften Defizit an Taxis zu Messezeiten. Das ist ärgerlich, wenn das Wetter frühlingshaft ist. Es macht aus Mitbürgern Pitbulls, wenn es kalt und nass ist.
Wer einen Eindruck gewinnen möchte, wie es damals, im 30jährigen Krieg in Mitteleuropa so aussah, der möge sich an einem Cebit-Taxistand gegen 17 Uhr einfinden. Würden Keulen ausgeteilt, das Blut könnte die Notfall-Depots aller Hospitäler Niedersachsens füllen.

Hannover kommt näher – und es wird immer weißer.

Sollte übrigens jemand der geneigten Leser sich dieses blutigen Spektakels durch gemeinsamen Kaffeegenuss entziehen wollen, bitte ich um E-Mail


Kommentare


Peter Giesecke 7. März 2006 um 14:14

Soso, wenn um 17 Uhr die Messepartys anfangen, stellt Herr Knüwer sich an den Taxistand. Noch schöner als tagsüber der Slalomlauf durch die Hallen (bloß nicht an die frische Luft) ist es, nachts nach der Party auf dem Expogelände zu Fuß nach Hause zu gehen. Und der Mantel hängt an der Garderobe.

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Björn Eichstädt 7. März 2006 um 15:27

Freue mich auf den Kaffee! Bis Freitag..

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kaltmamsell 7. März 2006 um 16:52

Es schneit IMMER auf der Cebit.
Zu meinem ersten Cebit-Besuch reiste ich mit einer messeerprobten Kollegin. In den Tagen davor war Frühling mit 15 Grad. Sie legte mir dennoch dringend nahe, Schal und Handschuhe mitzunehmen, denn: „Auf der Cebit schneit es. Immer.“ Erst lachte ich, dann hatte sie Recht. Und wir brauchten im stöbernden Schnee neun Stunden von München nach Hannover im Auto.

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sirstick 7. März 2006 um 17:11

Ich geb gerne einen Kaffee aus. Halle 17 Stand D12.

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Hannes 7. März 2006 um 19:17

Sie haben mein Mitgefühl! Vier Jahre CeBIT-frei und ich habe immer noch keine Entzugserscheinungen. Die Stadt an der Leine mit ihren Abzock-Bewohner kann mir gestohlen bleiben.

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Storyblogger 8. März 2006 um 11:45

von Björn Eichstädt
Um mal die Wortspielerei, die andernorts zur CeBIT erschienen ist, noch ein bisschen in eine unmittelbarere Richtung zu bringen: Die CeBIT wird einfach kalt werden. Im sechsten Jahr bin ich ab heute abend dabei – gutes Wetter g…

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haake 8. März 2006 um 13:57

Besserwissend: Der Platz heißt aber immer noch „Kröpcke“ …

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tknuewer 8. März 2006 um 15:31

Macht ihn auch nicht erträglicher 😉

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Jens 8. März 2006 um 19:00

Das letzte Mal als ich auf der CeBIT war ist schon länger her – aber da schneite es nicht. Okay, da gab es auch noch WordStar für Windows. 😉

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