Die TV-Berichterstattung über Reaktionen auf die Papstwahl macht ein grundlegendes Problem des Fernsehjournalismus offensichtlich: Niemand arbeitet gern für den Papierkorb.
Als Fernsehzuschauer muss man glücklich sein über die Papstwahl. Nein, nicht unbedingt darüber, dass es Ratzinger getroffen hat (das diskutieren Sie bitte hier). Sondern darüber, dass der Bildschirm von N-TV und N24 nicht über Wochen zerstückelt wird durch ein kleines Fenster, das einen bewegungslosen Schornstein zeigt. Und selbst wenn er dann auf vollem Bildschirm zu sehen ist, machen gestandene Kommentatoren, die darüber philosophieren, ob aus ihm nun schwarzer oder weißer Rauch (war das eigentlich schon immer so schwer zu erkennen?) entweicht, die Sache nicht interessanter.
Wer gestern Abend dann "Heute Journal" oder "Tagesthemen" durchstand, musste glauben, es gebe für die gesamte Welt nichts anderes als diese Wahl. Da füllten sich die Kirchen mit Betenden, weinten Gläubige vor Freude. Fast musste man fürchten, die Frage "Wo warst Du, als das World Trade Center brannte?" würde ersetzt durch "Wo warst Du, als Ratzinger gewählt wurde?"
Nun hat das Fernsehen in Sachen Berichterstattung einen immanenten Systemfehler: Passiert etwas, muss schnell gesendet werden. Im Gegensatz zu Zeitungen, bei denen das Material für einen Artikel immer noch mal wieder verwendet werden kann, müssen Bilder raus. Jetzt. Sofort. Doch der Sendeplatz ist knapp. Sehr knapp.
Gleichzeitig aber arbeitet kein Kameramann und kein Reporter gern für den Papierkorb – was man nur verstehen kann. Also sind die Bild-Berichter geneigt, Bilder und Geschichten so anzulegen, dass sie besser scheinen, als das Material von anderen Kollegen, die sich ebenfalls um die knappe Sendezeit bewerben.
Nehmen wir also an, in Rio würden die Menschen vor Ratzinger-Freude auf den Straßen Samba tanzen, auf der Kölner Domplatte aber wäre nichts los – gewänne sicher Rio, Köln würde mit einem Nebensatz erwähnt. Und deshalb muss Köln auch tanzen. Und tat es dem Anschein nach auch, glaubt man "Tagesthemen" & Co. Der "Spiegel Online"-Kollege Patalong aber war da. Und er braucht keine Bilder. Und schreibt das wenig los war.
Das sagte heute morgen übrigens auch ein Beobachter im Frühstücksfernsehen. Aber das kommt nach den "Tagesthemen" und muss Geschichten "weiterdrehen". Und deshalb hat die einsame Domplatte wieder eine Chance, weil man jetzt senden kann, dass die Bilder von gestern so ja gar nicht stimmten.
So funktioniert sie halt die Nahrungskette des Fernsehens. Ist das neu? Jein. Zumindest gab es früher gelassene und (über)bezahlte Redakteure, die es ruhig angehen ließen. Nochmal drüber nachdachten, ob dieses Bild gut ist, ob jener Eindruck stimmt. Heute sind sie ersetzt durch Freie Mitarbeiter, die um jeden Cent kämpfen. Und deshalb muss sie halt tanzen, die Domplatte. Auf Teufel komm raus.
PS: Sollte die lateinische Überschrift dieses Artikels nicht korrekt sein, bitte ich um Nachricht. Hat halt nur für’s kleine Latinum gereicht…
Kommentare
Der mit dem Stowasser 20. April 2005 um 14:45
Die Überschrift ist garantiert nicht korrekt und ich kann nur folgende Hilfestellung geben:
pictus gibt es zwar, ist aber eine Form des Verbs pingo (zeichnen, malen,…).
Das passende Wort ist eher imago und ist feminin.
Viel Spass beim Berichtigen mit dem korrekten Fall des Wortes… (nein, ich kann es auch nicht 🙂
marcc 20. April 2005 um 15:21
Aber Herr Patalong gibt noch einen prima Tipp wie man Reportern entgeht:
„Ich bin von Sat. 1!“
„Und ich von SPIEGEL ONLINE“, sage ich. „Ah“, stockt der Kollege und schwingt das fellumpuschelte Mikro schon in eine andere Richtung.“
Das merke ich mir, wenn ich nichts gefragt werden will.
Arthur Dent 23. April 2005 um 12:38
Habemus imaginem.