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Eine neue Studie wirft ein erschreckendes Bild auf Deutschlands Jungmanager.

In Amerika gibt es einen Begriff, der sich nicht so wirklich ins Deutsche übersetzen lässt: Nerd. Diese Nerds vergraben sich, schotten sich meist ab von der Außenwelt, manchmal nicht bewusst, es sind die, die oft früher Klassenstreber waren.

Auf keinen Fall sind es die Menschen, mit denen man nach einem Meeting auf die Schulter klopft mit den Worten: "Lassen Sie uns mal Mittagessen gehen." Es sind nicht die Kollegen, mit denen man nach der Arbeit noch ein Bierchen zischen geht – außer aus Mitleid, weil man weiß, dass sie sonst kaum jemand haben.

Nun fand ich beim PR-Blogger den Hinweis auf eine Befragung der Mitglieder des OpenBC-Netzwerkes. Nüchtern und unkommentiert steht sie da – mir aber wurde ziemlich schlecht.

Es sei angemerkt, dass ich auch Mitglied dieses Netzwerkes bin. Bis auf ein paar wieder aufgefrischte Kontakte aber hat es mir bisher wenig gebracht. Die Idee an sich ist nicht schlecht: Unbekannte online finden – und sich dann mal treffen und schauen, ob sie einem weiterhelfen können.

Allein: Die Realität scheint eine andere zu sein. "Gerade einmal 29,5 Prozent der befragten OpenBC-Mitglieder halten das Networking außerhalb des Internets für sehr wichtig. Die meisten Befragten pflegen ihre alten und neuen Kontakte inzwischen am liebsten online", heißt es da. Nix mehr mit Bierchen und Mittagessen, die heute Lunch heißen. Und es kommt noch schlimmer: "Nicht weiter verwunderlich ist es, dass die Beziehungspflege via E-Mail (79,4 Prozent) und Telefon (77,9 Prozent) den meisten Befragten noch immer am wichtigsten ist."

Kommunikation ist immer eine Sache des Vertrauens. Es steht zu befürchten, dass Deutschlands Führungskräfte neuerdings Personen vertrauen und mit ihnen Informationen austauschen, die nichts anderes sind, als mit E-Mail-Adressen verbundene Positionen in ihrem Blackberry.

Nerds sind schlampig gekleidet, tragen dicke, unmodische Brillen und sind entweder spargeldürr oder dramatisch überernährt. All das sind Deutschlands Jungmanager nicht. Sie tragen Maßanzüge, die ihnen Prince of Wales verschnitten hat (merken sie aber nicht), deren Taschen sich vom PDA beulen, sie treiben Sport bei Holmes Place und wissen immer, wo es die teuersten Cocktails gibt.

Doch innerlich, glaube ich der Studie, sind sie nur die deutsche Übersetzung von "Nerd".


Kommentare


korfstroem 25. Februar 2005 um 14:15

Das sind häufig genug die Leute, die glauben, über einen Online-Stellenmarkt einen Job zu finden.

korfstroem

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PR Blogger 25. Februar 2005 um 14:37

Sind die deutschen Jungmanager vielleicht sogar Nerds, die sich vergraben und von der AuÃ?enwelt abschotten? Thomas Knüwer fragt sich in seinem Blog, ob die Zeit der Bierchen und des Mittagessens vorbei sind. In Harz-IV- und Ich-AG-Zeiten schauen zwar au…

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Don Alphonso 25. Februar 2005 um 18:28

Jungmanager bei Open BC? Aber, aber – in Ich AGs und 3-Prakti-Klitschen oder Kleinstfamilienbetrieben ist es doch nicht schwer, einen tollen Titel zu bekommen. Mancher, der dort als Senior Irgendwas drin steht, arbeitet in einer Firma, in der die Junioren schon seit Jahren weg sind.

Vielleicht liegt es auch nur daran, dass sie sich den Aufenthalt in Lokalen nicht leisten können?

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Der Schulz 26. Februar 2005 um 3:22

Würde mich nicht wundern, wenn es sich bei einem nicht kleinen Teil der E-Mail-Kontakter (79,4%) und der Telefonierer (77,9%) inzwischen Voice over IP, respektive eine Kombination mit (neudeutsch) Video-Conference-Facility (das fragte neulich wirklich mal einer bei mir nach) nutzen. Da sind ja bekanntlich die Grenzen zwischen der sog. ON- und der OFF-Welt inzwischen fließend.

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Thomas Thelen 26. Februar 2005 um 13:15

Hi Ihr Indiskreten, auch ich bin OpenBC-Nutzer, war zunächst sehr skeptisch und bin inzwischen recht angetan. Doch BeziehungsPFLEGE online setz eine solche: Beziehung! – voraus, die basiert meiner Erfahrung nach immer auf einem persönlichen Kontakt, auf einem einander ins Gesicht schauen. Dann klappts auch mit der weiteren Pflege online, auch über große Distanzen hinweg.
Und: Auch zur Neu-Kontakte-Recherche eignet sich OpenBC sehr gut, doch dann muss schnell ein reales Treffen erfolgen – s. o.

Dann aber ist die Online-Pflege, wie dieses Blogg ja auch – ne feine Sache.

Zum Glück sind meine Maßanzüge weder vom Princen noch verschnitte,

TT

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Der Schulz 28. Februar 2005 um 18:26

Sorry, aber diese Korrektur muss einfach sein:
… ein nicht kleiner Teil der E-Mail-Kontakter (79,4%) und der Telefonierer (77,9%) inzwischen Voice over IP … nutzen.

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