Wohin eine Silvesterparty und der Kulturpessimismus eines Mitt-Dreißigers führen können. Sie kommt bestimmt, die Frage. Auf jeder Silvesterparty. Irgendwann, wenn mehr leere denn volle Weinflaschen den Raum füllen und die Fähigkeit zur klaren Sprache im alten Jahr verloren gegangen scheint.
In einem der Momente, in denen ein wenig Schweigen eintritt und jedem Gast eigentlich klar sein müsste, dass der Moment, da es am Schönsten war und man dementsprechend hätte gehen sollen, eine halbe Stunde zurück liegt.
Dann fällt sie, die Frage: „Uuuund… Welche Vorsätze hast Du fürs neue Jahr?“
Die Damen am Tisch haben es etwas leichter. „Ich will abnehmen/mehr Sport treiben“ zieht immer. Für die Singles im Raum geht das Auffinden der ultimativen Lebensabschnittsbegleiter durch. Ich aber stotterte und wählte die langweiligste und dämlichste aller Varianten: „Och, Du, eigentlich keine.“
Am nächsten Tag packte mich die Reue. Schließlich ist das Neujahrsvorsatz doch eine hübsche Tradition. Und Traditionen gibt es immer weniger, da in der Bundesliga schon ein Team aus Wolfsburg (mal ganz ehrlich: Wer will den VFL Wolfsburg sehen? Den Zuschauerzahlen zufolge anscheinend nicht mal die Wolfsburger) mitkicken darf und die Tagesthemen demnächst um 22.15 ausgestrahlt werden. Selbst Bleigießen zu Silvester wird immer seltener (OK, man hat ohnehin nie erkannt, was die entstandenen Metallklumpen darstellen könnten).
Nun komme ich mir ziemlich alt vor, im Alter von 29 (zugegeben, zum sechsten Mal), über verlorene Traditionen zu jammern. Also verbinden wir doch Kulturkonservatismus mit Hightech-Hoffnungsträger.
Jawohl, mein Vorsatz für das Jahr 2005 lautet (mit etwas Verspätung vorgetragen): Ich will ein Blog starten und regelmäßig, möglichst täglich, bestücken. Drehen soll es sich um das Alltagsleben in Redaktionen und dem, was daraus ensteht: Zeitungen, Magazine, Radio- und Fernsehprogramme. Vor allem aber um das immer skurrilere Verhältnis von PR und Journalisten. (Das Wort „skuril“ impliziert, dass dieser Bereich maßgeblich für den Unterhaltungswert sorgen soll.)
Der Name „Indiskretion Ehrensache“ entstammt dem gleichnamigen Buch meines Lehr-Herrn Professor Ferdinand Simoneit, dem langjährigen Leiter der Georg von Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten. Leider ist das lesenswerte Werk nur noch gebraucht zu bekommen.
Und nu ist Schluss mit Vorrede: Let’s blog!
Kommentare
blundstone 31. Januar 2005 um 13:51
ich bin schon gespannt, was sie hier alles an „indiskretionen“ bloggen werden! das erste sieht ja recht vielversprechend aus momentan.
gestoßen bin ich auf ihr blog übrigens über das e-business weblog von martin röll.
Mario 31. Januar 2005 um 14:20
Wie wäre es denn mit einem zweiten guten Vorsatz? Zum Beispiel „Blog“ künftig richtig zu schreiben? Mit einem einzigen „g“ nämlich 😉
JoeH 31. Januar 2005 um 14:33
Hallo Herr Knüwer,
einen Stammleser mehr haben Sie bereits. Lustigerweise haben wir im gleichen Alter den gleichen Vorsatz fürs neue Jahr: Let´s blog. Allerdings unterscheiden sich unsere Inhalte ziemlich, ich beschränke mich auf Drums und Musik.
Grüße
Joachim Heinz
P.S. Danke an Hr. Roell für den Linkeintrag
Tknuewer 31. Januar 2005 um 14:33
Ups, wird korrigiert…
Nico 31. Januar 2005 um 17:33
Mario, bring die Leute heir nciht auf doofe Gedanken, Blogg wird immer noch mit Doppel-g geschrieben. 🙂
PR Blogger 31. Januar 2005 um 20:12
Gar nicht gern werden einige PR-Leute das neue Handelsblatt-Blog
Tanja Aschenbeck 1. Februar 2005 um 9:49
Du hast wie immer Recht! Ich werde es weiter verfolgen!
selbr.de 12. April 2005 um 23:16
Wenn der Herr Netzjournalist schon stänkert, unsere Rubrik Wörtersee solle sich endlich des so genannten Unterschichten-Bloggings annehmen – schreibt doch der von uns sehr verhehrte [13:05, d. Red.] Kollege in Indiskretion Ehrensache das da: Nun gibt es…
Ugugu 31. Januar 2008 um 10:46
Ha, Ha, Ha, Blogg, Bloggg, Bloggg!
Sie entschuldigen die Schadenfreude 😉
Hero 13. April 2008 um 9:32
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Glaskugelige Kaffeesatzlesereien 2011 5. Januar 2011 um 17:18
[…] Andererseits: Dieses Blog begann einst mit dem Meckern über sterbende Traditionen… […]
Statt April-Scherz: Grübeln über April-Scherze 1. April 2011 um 15:47
[…] begann dieses Blog ja auch mit der Klage über sterbende Traditionen. Und deshalb bin ich persönlich ganz anderer Meinung. Ich finde Aprilscherze zeitlos und – so […]