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Vor zwei Wochen besuchte ich mal wieder die Le Web in Paris. Mit über 3000 Besuchern ist sie die größte und wohl wichtigste Konferenz in Europa für die Internet-Branche. Da ich ein paar Artikel für die „Wirtschaftswoche“ schreiben werde, war ich dort als Journalist akkreditiert.

Dies war eine recht kommode Situation: Denn ich musste keine Interviewtermine anfragen – sie wurden mir zuhauf angetragen. Egal ob Evernote-Chef Phil Libin oder Paypal-Lenker David Marcus, es war kein Problem exklusive Gespräche mit ihnen zu bekommen. Das hatte einen simplen Grund: Die Zahl der Journalisten aus Deutschland, einem nicht unwichtigen Markt, war höchst überschaubar. Es scheint mir – und natürlich kann es sein, dass ich jemand nicht getroffen habe -, dass nur Bild.de und Venture-TV in Paris waren.

Muss man denn dort hinreisen? Nicht jeder muss. Aber wer die Internet-Branche für ein Medium betreut, wird sicherlich mit vier, fünf oder mehr Geschichten heimreisen. Denn es sind ja nicht nur die Großkopferten interessant – genauso trifft man den Gründer eines neuen Systems für Paid Content, das sogar mich hat grübeln lassen.

Es muss ja auch nicht jeder, der über Digital-Themen schreibt anreisen. Aber wenigstens eine Hand voll? Leute von den großen Medienhäusern?

Doch es ist ja bezeichnend, dass die Le Web auf der Akkreditierten-Seite so deutschbefreit war. Denn genauso geht es in den Redaktionen insgesamt ja in diesem Feld zu. Das Internet ist zwar die disruptivste Technologie unserer Zeit, der digitale Wandel eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen – doch kompetente Autoren sind in Deutschland eine Seltenheit.

Selbst wenn es Redakteure gibt: Reisen dürfen sie oft genug gar nicht mehr. Und überhaupt sind die Redaktionen inzwischen zum Hort von Praktikanten und Volontären geworden, wie wir heute erfahren: Ein Sechstel der Mitarbeiter der eingestellten „Financial Times Deutschland“ gehörte in diese Rubrik.

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Natürlich gibt es noch gute Redakteure, die das Feld betreuen. Doch es sind verschwindend wenige – und oft arbeiten sie nicht fest angestellt oder sind Betreiber von Tech-Blogs.

Deutlich zeigt sich die mangelnde Branchenberichterstattung über Netz-Themen in Großredaktionen auch am Beispiel Instagram. Gestern veränderte die Fotoplattform Instagram ihre Nutzungsbedingungen. Es brach ein Sturm los – auch in den USA, stärker aber in Deutschland. Die Behauptung: Instagram verkauft die Fotos der Nutzer weiter.

Nur: Das ist Unsinn – jeder, der die AGB liest kann das leicht feststellen. Und: Tatsächlich verbirgt sich dahinter vielleicht eine andere Geschichte.

Die Passagen, um die es geht lauten:

„To help us deliver interesting paid or sponsored content or promotions, you agree that a business or other entity may pay us to display your username, likeness, photos (along with any associated metadata), and/or actions you take, in connection with paid or sponsored content or promotions, without any compensation to you.“

Haben Sie Worte wie „verkaufen“ gefunden? Nein. Steht da auch nicht. Da steht „anzeigen“. Jeder, der sich ein wenig im Web auskennt, sieht sofort die Übertragung der Facebook-Werbung auf Instagram. Was zusammenpasst mit Facebooks sich abzeichnender Idee, ein eigenes Anzeigennetzwerk zu starten, das auch außerhalb der Plattform läuft.

Überhaupt: Warum sollte Facebook in diesen Markt einsteigen? Der Verkauf von Bildern ist ein Margengeschäft geworden. Nur wenige Edel-Agenturen können noch viel Geld für Fotos verlangen – das aber sind dann aufwändige Produktionen. Weit darunter liegen dann die Microstock-Dienste mit ihren geringen Gewinnspannen. Und nun sollen Unternehmen interessiert sein an extrem gefilterten Amateur-Bildern?

Nun könnte ein Journalist dem geneigten Leser dies erklären. In Deutschland aber ist das nicht möglich. Daten? Werden verkauft. Geht nicht anders. Und so schreien sie es heraus in die Welt: „Instagram verkauft Nutzer-Fotos“. Es ist die typische, platte und nicht durch Kompetenz in der Web-Branche geprägte Haltung deutscher Journalisten, die Marcel Weiß bei Neunetz sehr schön auseinandernimmt. Er schreibt:

„Die deutsche Presse ist mehrheitlich auch nach Jahren nicht in der Lage, halbwegs objektiv über erfolgreiche, also große, in der Regel aus den USA kommende Webdienste zu berichten. Das lässt sich nur mit Vorurteilen gegenüber der Internet-Branche erklären.“

Dies gilt nicht für die gesamte deutsche Journaille – aber für den allergrößten Teil. Dem würde ich soviel Verve in Sachen Datenverkauf auch wünschen, wenn seine eigene Branche massenhaft mit Daten handelt – bei der gehört es ja zum Geschäftsprinzip. 

Selbst journalistisches Handwerk gerät dabei unter die Räder. Instagram ist eine Facebook-Tochter, Facebook hat eine Kommunikationsabteilung in Deutschland. An Journalistenschule wird gelehrt, dass man in solch einem Fall eine Stellungnahme einholt. Nun ist klar: Es wird aller Voraussicht nach ein „Kein Kommentar“ geben oder keine Reaktion – die deutschen Kommunikatoren in US-Unternehmen bekommen nicht sonderlich viele Freiheiten. Doch es gehört eben zum Handwerk, die im Artikel erwähnte Seite zumindest um eine Stellungnahme zu bitten. Selbst wenn man weiß, dass am Ende die Zeile „… hat auf Anfrage nicht reagiert“ getippt werden muss.

Raten Sie mal.. Genau. Selbst honorige Institutionen führen dies nicht in ihren Stücken auf, weshalb davon auszugehen ist, dass sie Facebook nicht kontaktiert haben.

Diese Schludrigkeit geht einher mit einem pompösen Ego und dem Glauben, eine Facebook-Tochter ändere auf medialen Druck ihre Strategie. Denn Kevin Systrom, der Gründer von Instagram, hat über Nacht eine Klarstellung verfasst. In dieser sagt er klar, dass eine Verkaufsabsicht nie existierte. Außerdem kündigt er an, die AGB verständlicher zu formulieren.

Man könnte das nun beschreiben mit Kundenfreundlichkeit, vorbildlicher Reaktion oder so etwas in der Art. Man kann sich selbst aber zum Bezwinger des Drachen erklären, zum Retter der Menschheit vor dem bösen Zuckerberg. Dann behauptet man, Instagram rudere zurück, es beuge sich dem Druck von Medien und Straße.

Mal ernsthaft: Glaubt tatsächlich irgendjemand, ein börsennotiertes Unternehmen ändere einen völlig neuen Teil seiner Einnahmenströme mal eben so über Nacht? Das ist eine Sicht auf die Wirtschaft, die von Milchmädchen-Naivität geprägt ist.

Natürlich ist diese klare Aussage kein Grund, die Verkaufsartikel zu ergänzen oder vom Netz zu nehmen. Einige Medien haben ihre Berichterstattung ergänzt, selbst aber heute.de und Zeit.de haben ihre fehlerhaften Stücke weiterhin online. Das ZDF, immerhin, hat einen weiteren Artikel geschrieben. Der alte Bericht jedoch hat keine Aktualisierung oder Verlinkung.

Zeit Online hat einen langen „Wir haben viele Fehler“-Artikel gemacht. Er nennt vier Fehler: nur einer liegt bei den Journalisten. Bizarr wird es, wenn die Instagram-Nutzer mit Account-Löschungen ein Fehler vorgeworfen wird. Weshalb waren die wohl so panisch? Derweil steht das fehlerbehaftete Stück weiter online, selbstverständlich ohne Hinweis. Ich meine: Wenn ein Artikel so daneben liegt, muss es legitim sein, ihn zu löschen – im Sinne jener Leser, die das Angebot über eine Suchmaschike erreichen.

zeit

Unterhaltsam ist es auch, wenn via Twitter einige Autoren meinen, das mit dem „verkaufen“ sei ja nicht als „verkaufen“ gemeint gewesen – es handele sich dabei um eine „journalistische Verkürzung“, es sei „auf den Punkt gebracht“ worden. Nein. Ist es nicht. Es ist die verdammte Aufgabe von Journalisten, erst recht wenn sie online ohne physische Platzrestriktion arbeiten, ihren Lesern das Thema zu erklären – und nicht, es zu verkürzen. Diese Verkürzung ist die Aufgabe eines bestimmten Teils der Berichterstatterzunft: dem Boulevardjournalismus.

Kevin Systrom ist übrigens ein sehr angenehmer Gesprächspartner, wie ich auf der Le Web feststellen konnte. Auf der Bühne ist er bereits durchdrungen von jenem merkwürdigen Tonfall, den Rednertrainer im Silicon Valle allen Facebookern und Googleanern antrainiern. Bei unserem Interview jedoch spricht er entspannt und ruhig. „Netter Typ“, denkt man.

Er sieht Instagram weniger als schlichte Fotoseite:

„Wir diskutieren intern sehr viel darüber, dass sich Instagram von einem Netzwerk, in dem man Fotos teilt, verändern könnte in etwas deutlich Öffentlicheres. Einen Ort, in dem man sieht, was auf der Welt gerade passiert. Ein Beispiel dafür waren die Bilder nach Hurricane Sandy: Man konnte sehen, wo Menschen sind und wie es dort aussieht. Auf Dauer kann ich mir vorstellen, dass Instagram ein Ort ist, an dem wir die Welt in einem bestimmten Moment sehen – egal wo man sich befindet.“

Und:

„Dies ist die große Herausforderung der kommenden Jahre: Wir bringen wir all diese Daten zusammen und geben ihnen einen Sinn? Und: Wie heben wir das hervor, was die Menschen interessieren könnte?“ 

Wenn er so etwas sagt, wirkt Systrom wie ein weniger nerdiger Mark Zuckerberg. Auch der sah in seinem Baby immer mehr als nur eine technische Plattform.

Doch gibt es etwas, was mich nachdenklich macht – und dies ist für mich die eigentliche Nachricht hinter der AGB-Veränderung. Ich frage mich: Ist Kevin Systrom bei Instagram entmachtet?

Bei unserem Gespräch fragte ich ihn nach der Monetarisierung:

„Dies war sicher drängender, als wir ein unabhängiges Unternehmen waren. Als Teil von Facebook versuchen wir herauszuarbeiten, welcher Beitrag, den wir leisten können, bedeutender ist: der monetäre oder die Interaktion auf Facebook durch unsere Fotos. Wir müssen also nicht unbedingt in dieser Sekunde herausfinden, wie wir Einnahmen erzielen – denn unser Produkt sorgt dafür, dass die Menschen Facebook stärker nutzen.“

Auch habe sich nicht viel geändert, seit Instagram übernommen worden ist:

„Das Leben hat sich nicht großartig verändert, außer dass ich jetzt nach Menlo Park fahren muss. Unsere Büros waren ja in San Francisco. Das einzige, was sich tatsächlich geändert hat ist unser Innovationstempo. Wir konnten unser Team schnell vergrößern. Deshalb konnten wir Ideen schneller starten. Web Profiles sind dafür ein Beispiel. Das planten wir schon länger. Als wir zu Facebook zogen waren wir in der Lage, die Ressourcen zu nutzen: Wir fanden sofort zwei Programmierer, die an dem Projekt mitarbeiteten. Wir bewegen uns also schneller, aber wir sind noch das gleiche Team – nur etwas größer und pendeln länger.“

Diese Unabhängigkeit im Handel sollte auch erhalten bleiben:

„Sie sollen den Eindruck haben, dass Instragram die Unterstützung Facebooks hat. Aber die Marke an sich ist einzigartig und wertvoll – und das will Mark erhalten.“

Exakt 14 Tage später ist all das Makulatur. Nun wird der Boden für die Monetarisierung bereitet. Und mir scheint: Systrom wusste zu diesem Zeitpunkt nichts davon – sonst hätte er eine andere Sprache gewählt.

Weshalb ich behaupte: Er ist zwar noch die nette Vorzeigefigur bei Instagram – doch die geschäftlichen Entscheidungen trifft Facebook.


Kommentare


Christoph 19. Dezember 2012 um 17:13

Fest steht doch aber, dass sich Instagram mit jener Klausel (“To help us deliver interesting paid or sponsored content or promotions, you agree that a business or other entity may pay us to display your username, likeness, photos (along with any associated metadata), and/or actions you take, in connection with paid or sponsored content or promotions, without any compensation to you.”) das Recht einräumt, die Daten seiner User (also inklusive Fotos) zu monetarisieren? Oder ist mein Englisch so schlecht?
Ein „business or other entity may pay us to display your username, likeness, photos“: sprich Instagram lässt sich für diese Bereitstellung von Daten unter Umständen (–> „may“) bezahlen. Natürlich steht da nicht „sell“, also verkaufen. Aber ebenso steht da nicht nur „display“, also anzeigen, sondern eben „may pay us to display“. Oder diskutieren wir jetzt hier nur darüber, ob „sich eventuell bezahlen lassen“ kein verkaufen ist?

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Thomas Knüwer 19. Dezember 2012 um 17:16

Monetarisierung ja, Nutzung ja – aber eben kein Verkauf. Diese Genehmigung bräuchte man zum Beispiel, um mit Instagram erzeugte Anzeigen per Adserver auf anderen Seiten auszuliefern.

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Christoph 19. Dezember 2012 um 17:22

Ein Nachtrag: Natürlich sollte keiner vermuten, dass Instagram in irgendeiner Weise plant, Getty Images Konkurrenz zu machen. Doch selbst die Option, User-Fotos für personalisierte Werbung innerhalb des Dienstes zu verwenden, ist doch eine Form der Monetarisierung. Deswegen finde ich es nicht so dramatisch von „verkaufen“ zu sprechen. Meine Kritik ist eher, dass ich eben genau diesen Sachverhalt „die Nutzung der User-Fotos personalisierte Werbung innerhalb des Dienstes“ so gut wie nirgends gelesen habe.

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martingiesler 19. Dezember 2012 um 17:24

Hi Thomas, der Artikel kommt ja fast zahm daher 🙂 Nun, ein paar Anmerkungen von mir:

1. Der Artikel von mir auf heute.de ist nicht falsch. Ich schreibe, dass sich Instagram die Rechte einräumen lassen will, Bilder zu verkaufen. Ich schreibe nicht, dass sie Bilder verkaufen wollen.

2. Es ist beim alten Artikel sehr wohl ein Link drin, der auf einen aktualisierten Artikel verweist.

3. Die Kritik dreht sich sehr um das Verb „verkaufen“. Ich teile Deine Einschätzung, dass man sich den Vorwurf der Boulevardisierung gefallen lassen muss, wenn man so verkürzt. Aber es ist m.E. nach trotzdem nicht grundlegend falsch, weil es den Akt der Lizenzierung umschreibt.

4. Ich werde das Gefühl nicht los, dass wir uns mit unseren Beißreflexen (blogger vs. journalisten vs. you name it) in einer Spirale befinden, die wir 2013 alle unbedingt ablegen sollten.

5. Im Netz sind wir alle Lobbyisten. Technik-Blog schießt gegen Holzmedium, Facebook-Marketing-Bude verkündet frohe Botschaften, indem sie offizielle Facebook-Statements, sofern es denn welche gibt, unreflektiert weitergeben. Journalisten sehen sich zu häufig als Anwälte der User.

Wir müssen uns mehr über die Lobbyarbeit von Social Media Unternehmen Gedanken machen. Was ich damit meine, habe ich auf meinem Blog zusammengeschrieben:

http://120sekunden.com/2012/12/instagram-das-web-ich/

Auf allgemeine Besserung 2013, Martin

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Thomas Knüwer 19. Dezember 2012 um 17:29

1. Die Überschrift des Artikels lautet: „Instagram will Fotos der Nutzer verkaufen – ohne zu fragen“.

2. Jetzt ja – vorhin nicht. Aus meiner Sicht aber ist die kleine graue Box mit dem Inhalt „Instagram: Missverständnis“ nicht mal ansatzweise ausreichend.

5. Netz schießt gegen Holzmedium. Yep. Und andersherum. Vor allem andersherum angesichts der gleichgeschalteten Print-Presse in diesen Tagen.

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Christoph 19. Dezember 2012 um 17:26

Ok, ich verstehe und kann jetzt auch einsehen, dass verkaufen kein optimaler Begriff ist. Dennoch ärgert mich viel mehr, dass genau den Sachverhalt, den du schilderst, so gut wie kein Medium korrekt erkannt hat.

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Olaf Storbeck 19. Dezember 2012 um 17:30

Thomas, ich kann dir nicht ganz folgen. Die Instagramm-Regeln besagen doch, dass Dritte („a business or other entity“) die Fotos von Instagramm-Nutzern nutzen dürfen und dafür Geld an das Unternehmen zahlen („may pay us“), ohne dass der Urheber des Fotos was von dem Geld abbekommt. Die verkaufen nicht die Fotos, verwerten aber die Nutzungsrechte wirtschaftlich. Wenn – wie bei mir 1x passiert – ein Fremdenverkehrsamt aus Norwegen ein Flickr-Bild von mir nutzen will und mir dafür 100 Euro zahlt, dann verkaufe ich ihnen technisch auch nicht das physische Dia (ja, damals habe ich noch analog fotografiert), sondern die Nutzungsrechet an einem Scan. Aber das halte ich für Haarspalterei – und die Formulierunt dass Instagramm die Fotos verkauft, für absolut legitim

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Thomas Knüwer 19. Dezember 2012 um 17:42

Das stimmt so einfach nicht, Olaf. Mehr dazu auch hier: http://allfacebook.de/beyond/die-neuen-instragram-agb-ein-skandal-nicht-wirklich-denn-es-werden-keine-fotos-verkauft/

Es geht schlich darum, die gleiche Anzeigenfunktionalität, wie sie heute schon bei Facebook existiert, künftig bei Instagram zu nutzen. Gerne dazu auch The Verge: http://www.theverge.com/2012/12/18/3780158/instagrams-new-terms-of-service-what-they-really-mean

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Peter 19. Dezember 2012 um 17:37

Den Journalisten schlechte Recherche vorzuwerfen und selbst den falschen Teil aus den AGB hinsichtlich der Übertragung von Rechten zu zitieren, ist jetzt auch kein Meisterwerk. Und wie Christoph richtig schreibt, erlaubt dieser Passus sehr wohl die Übertragung von Rechten an den Bildern auf Dritte – also den Verkauf.

Eine andere Frage ist ob Instagram das derzeit tun will (und natürlich ob dafür überhaupt ein Markt existiert). Das ist wohl eher nicht der Fall, ändert aber nichts daran, dass sie sich mit den Nutzungsbedingungen die Möglichkeit dazu einräumen. Falsch und vorwerfbar, da gebe ich dir Recht, ist es natürlich zu behaupten, ein Verkauf von Bildern stehe quasi unmittelbar bevor – wie dies einige Medien getan haben.

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Thomas Knüwer 19. Dezember 2012 um 17:41

Display ist nicht Sell. Es geht schlicht um Anzeigen wie sie Facebook heute schon verwendet. Mehr dazu auch hier: http://allfacebook.de/beyond/die-neuen-instragram-agb-ein-skandal-nicht-wirklich-denn-es-werden-keine-fotos-verkauft/

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martingiesler 19. Dezember 2012 um 17:48

Ich muss mich schon wundern, dass wir zur Überzeugung auf allfacebook.de etwas nachlesen sollen. Also bitte. Die Jungs machen einen tollen Job, wenn es um Fragen Rund um Facebook geht. Wenn es aber wirklich um Datenschutz. und Wirtschaftsfragen geht, dann traue ich der Seite keinen Bit.

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Thomas Knüwer 19. Dezember 2012 um 17:53

Tja, sind halt Experten. Ist The Verge genehmer? http://www.theverge.com/2012/12/18/3780158/instagrams-new-terms-of-service-what-they-really-mean

Oder Business Insider? http://www.businessinsider.com/why-everyone-whos-angry-about-advertising-on-instagram-is-a-total-idiot-2012-12?op=1

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martingiesler 19. Dezember 2012 um 18:03

Oder http://www.rechtzweinull.de/archives/652-Bewertung-der-Aenderungen-der-Instagram-AGB-aus-urheber-und-datenschutzrechtlicher-Sicht-Ein-Skandal-oder-doch-nicht-!.html – die bislang detaillierteste Betrachtung hinterlässt uns alle mit einem entschiedenen „Jein“.

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martingiesler 19. Dezember 2012 um 18:04

http://www.rechtzweinull.de/archives/652-Bewertung-der-Aenderungen-der-Instagram-AGB-aus-urheber-und-datenschutzrechtlicher-Sicht-Ein-Skandal-oder-doch-nicht-!.html – hier der richtige Link. Sorry.

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Jens Best 19. Dezember 2012 um 18:46

Nutzungsrechte werden im Rahmen von Werbung verkauft, ohne dass der Nutzer dafür entschädigt wird. das ist und bleibt eine illegale Aneignung, die legalisiert werden soll durch Änderung des Mitmach-Preises auf offener Strecke.

Leute, die bei LSR in jedem Wort der Bundesregierung eine Verschwörung rauslesen, werden zu willfährigen Blindschleichen, wenn es um die Verteidigung abstruser bloß vermeintlich kostenloser Geschäftsmodelle geht.

Lieber Thomas, es sollten mehr Journalisten zur Le Web gehen. kritische Journalisten.

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Thomas Knüwer 19. Dezember 2012 um 22:23

Die Plattformen sind kostenlos – das hat seine Gründe. Das Prinzip aber ist nicht neu, Printverlage und die Direktmarketingbranche nutzen es seit Jahrzehnten.

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Dierk 19. Dezember 2012 um 18:54

Ist allerdings auch nicht so, als hätten hier nur deutsche Journalisten und Publizisten versagt. Die Paniknachricht ging um die ganze Welt, führte zu Artikeln mit ähnlichem Tenor auf US-Sites wie Lifehacker und Salon. Ich selbst sprach u.a. mit Brasilianern und Serben, die alle die Befürchtungen der deutschen Paniker teilten. Natürlich lief das auch nicht nur in der deutschsprachigen Ecke von Facebook oder Twitter rauf und runter.

Erschreckend finde ich dabei auch, wie wenig Menschen, die von Bildern oder Texten leben, über internationales Urheberrecht Bescheid wissen. Gar so einfach, wie mancher glaubt – Unternehmen ändert einseitig und zu Ungunsten der Kunden AGB -, ist das nicht. Selbstverständlich kann so weder die Verbindung zum Schöpfer eines Werkes aufgehoben werden [ohne Namensnennung veröffentlichen] noch verzichtet jeder einzelne durch eine solche Änderung auf ihm zustehende individuelle Lizenzierung samt Bezahlung.

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RobertB_Fishman 19. Dezember 2012 um 22:07

Warum der ganze Stress? Ich lade meine Fotos und Texte nicht auf die Server von facebook, flickr, instagram oder wie sie sonst alle noch heißen sondern verlinke dort wenn überhaupt nur auf mein Blog oder meine eigene Webseite wo ich selbst die Kontrolle habe, was mit den Bildern passiert. Dann interessieren mich die ständig wechselnden AGBs der diversen Plattformen nur noch am Rande.

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Olaf Storbeck 19. Dezember 2012 um 22:14

Thomas, auch der Technology-Editor des Guardian ist zu blöd um den wichtigen Unterschied zwischen Fotos verkaufen und sich von Dritten für die Nutzung von Bildrechten bezahlen zu lassen zu verstehen. 🙂 http://www.guardian.co.uk/technology/2012/dec/18/facebook-instagram-sell-uploaded-photos

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Thomas Knüwer 19. Dezember 2012 um 22:20

Yep – traurig.

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Olaf Storbeck 20. Dezember 2012 um 0:16

Thomas, ob man das gut oder schlecht findet, steht auf einem ganz anderen Blatt. Aber deine Aufregung darüber, dass überall „verkaufen“ geschrieben wurde, obwohl „gegen Entgelt Nutzungsrechte an Dritte weitergeben“ gemeint ist, finde ich wirklich übertrieben. In der Praxis macht das doch wirklich keinen Unterschied. Fakt ist: Das Unternehmen holt sich das Recht, die von seinen Nutzern geschaffenen Werke zu Geld zu machen.

Wie ist es eigentlich bei Leserbriefen, die ich an eine Zeitung schicke – trete ich damit automatisch auch die Nutzungsrechte ab? Könnte die FAZ ein Buch herausgeben mit den besten Leserbriefen und müsste sich keine Gedanken machen, die Autoren zu honorieren?

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Thomas Knüwer 20. Dezember 2012 um 10:44

Olaf, für mich ist das ein signifikanter Unterschied. Wenn Bilder verkauft werden, werden sie ihrem Kontext entrissen. Zum Beispiel könnte das Bild, dass du als AKW-Gegner geschossen hast für Atomstrom-Werbung genutzt werden. Werden die Bilder im Rahmen einer Plattform als Werbung genutzt, so bleiben sie mit dem Fotografen kontextuell verbunden.

Das mit dem Geldmachen ist übrigens für die meisten Nutzer kein Problem. Die Aufregung um Facebook-Werbung war nur kurz und überschaubar. Womit wir bei den Leserbriefen wären. Ich bin mir nicht sicher, ob daraus ein Buch entstehen dürfte. Auch hier werden sie in einen anderen Kontext gesetzt (ich frage aber mal Juristen).

Doch ist es ja ein großer Unterschied, ob ich ein Medium anschreibe oder eine Plattform nutze. Natürlich gibt es viele offene Rechtsfragen im digitalen Zeitalter. Genau deshalb aber sollte es die Aufgabe von Redaktionen sein, diese zu erklären – und nicht auf den Klickhuren-Boulevard zu stolzieren. Ich würde es akzeptieren, stellten die Medien die Frage, ob Instagram Bilder verkaufen will. Doch das tun sie nicht: Sie zementieren eine Aussage ohne einen Juristen zu fragen, ohne Instagram oder Facebook zu fragen. Weil es darf und kann nicht anders sein: Internet-Unternehmen verkaufen Daten.

Vielleicht muss man das verstehen: Immerhin handeln viele der Arbeitgeber jener Autoren ja massiv im Datenhandel. Da ist man’s einfach gewöhnt, dass es so ist.

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Philipp Roth 20. Dezember 2012 um 11:00

Um mich etwas spät auch noch einzumischen. 🙂

Was auch ich sehr schade fand, ist das irgendwann in der Berichterstattung (oder auch Panik(ab)schreibe) die eigentliche Intention verloren ging. Denn irgendwo ist ja aus der eigentlich Headline/Story „Instagram hat das Recht eure Fotos zu verkaufen“ zumeist ein „Instagram will eure Fotos verkaufen!“ geworden. Was auch meiner Einschätzung nach komplett unterschiedliche Aussagen sind. Da ist mir das Verb „verkaufen“ dann eigentlich auch egal…

Die erste Aussage finde ich total legitim, die zweite Aussage ist für mich pure Spekulation. Und genau das kam in kaum einem der Artikel so wirklich heraus, ebenso wie auch nur die Spur einer Andeutung auf andere (genauso spekulative aber wahrscheinlichere) Möglichkeiten zu Monetarisierung der Bilder. Es ist die immer wieder gleiche negative Grundtendenz gegenüber den Firmen aus dem Netz die ihren Kunden schädigen wollen anstatt ein langfristiges Business daraus zu machen. Eben die Netz vs. Holzmedium & Holzmedium vs. Netz Debatte …

Die Berichterstattung ist da aber dann aber genauso wenig neutral wie eine Berichterstattung von einem Facebook-Blogger-Experten-Mensch wie mir, der auf AllFacebook.de frohe Botschaften verkündet 😉 – Das man als „Facebook Blog“ eine positive Grundtendenz hat ist sehr offensichtlich. Manchmal schafft man es doch einen Teil der rosa Brille abzulegen und dann einen realistischen Blick auf die Geschehnisse zu werfen, der vielleicht von der Grundauffassung nicht zu 100% neutral ist und alle journalistischen Qualitätsmerkmale erfüllt. Man erreicht damit aber auch 1.000.000x weniger Menschen, und hat kein Skandal.

Was mich aber freut ist das in 2012 deutlich mehr Anfragen für eine Einschätzung von „Holzmedien“ kamen als in 2011. Wäre doch schön wenn 2013 Experten und Journalisten das weiter verbessern. Denn wenn ein Dienst mal wieder so unglücklich agiert wie Instagram wird vielleicht aus einer positiven und einer negativen Grundtendenz ein relativ neutraler und dennoch kritischer Beitrag.

So ein bisschen ein Dialog baut sich da also auf, vielleicht hab ich da etwas mehr Hoffnung als Martin von netzwertig… …unsere Redaktionstüren stehen auf jeden Fall für offen.

—-
Sidenote:
@Thomas – Übrigens schön das du das „zurückrudern“ angesprochen hast, das fand ich auch sehr schön.

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Wann lernen Social Web-Dienstleister liquide Demokratie? Lehren aus dem Instagram-Fall | Ich sag mal 20. Dezember 2012 um 11:38

[…] Instagram und die traurige Realität des Journalismus. […]

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Links oben: Der Flop mit Instagram – UNIVERSALCODE 20. Dezember 2012 um 14:27

[…] Thomas Knüwer nimmt zwar ebenfalls die Instagram-Sache zum Aufhänger, geht aber noch ein paar Schritte weiter. Und er stellt ein paar unangenehme Fragen: Warum gibt es eigentlich in Deutschland so wenige Autoren mit Netz-Komptenz? Und warum finden sich die wenigen, die es gibt, so selten in den Redaktionen klassischer Medien? […]

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Natürlich nicht. « EDV-Dienstleistungen Gebauer 23. Dezember 2012 um 16:07

[…] Wie auch immer. Aufgrund der vielen Nutzeranfragen sah sich Instagram veranlaßt, eine Klarstellung zu veröffentlichen. Nein, Instagram plant nicht den Verkauf von Fotos der Nutzer. (Worauf man eigentlich, nach kurzem Nachdenken, auch selbst hätte kommen können.) […]

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Technik-Feindlic hkeit 23. Dezember 2012 um 19:07

Motoren automatisieren Handarbeit.
Computer automatisieren Kopfarbeit. Folge: Stromberg muss sich harte körperliche Arbeit suchen… .

Die Visionen sind immer nur nette Versprechen. Wirksame konstruktuve Demokratie durch Facebook wie Zuckerberg sie angeblich haben wollte gibts doch bis heute nicht. Das ist wie die LED-Backlight-TVs oder Backlight-Kamera-Sensoren: Theoretisch bieten sie bessere Features. Statt jedoch diese Features herauszuarbeiten und wirklich bessere Schwarzwerte bei TVs bzw. bessere Bilder wenns nicht ganz so hell ist, wird die Technologie zur Verbilligung der Produkte eingesetzt. Das die LED-Backlight-TVs dünner werden ist wenigstensdest ein Vorteil der sich monetär und in besseren Produktfeatures auszahlt. Ähnliches auch bei LTE. Köln hat LTE. Aber wer kann es sich leisten ? Und wieso sind immer noch 30-40% quasi offline ?

Wieso haben Gewerkschaften, Grüne und Linke keine Computer um z.B. Gebrauchmärkte oder Arbeitsmärkte oder Abstimmungen oder Informationen zu organisieren ? Sucht z.B. mal Handwerker. Viel Spaß :-(((

Ganze Bevölkerungsgruppen haben anscheinend eine innere Sperre gegen Computer im Kopf. Andererseits hat man hier auch nur zu Hause Internet und unterwegs muss man warten oder viel Geld für Bandbreite bezahlen. Auch funktionieren die meisten Apps bestenfalls leidlich.

Das Geschichten wenig hintergrundgecheckt werden, kannst Du täglich an Bildblog sehen wo auch andere Zeitschriften kritisiert werden. Dein Posting ist im Prinzip nur ein langer Bildblog-Eintrag und irgendwie wenig neues.

Das Praktikanten die Redaktionen und viele IT-Abteiltungen und Startups bevölkern kannst Du ja in der Bibliothek an den Stellenanzeiten erkennen.
Such doch „redaktionspraktikant“ bei Google. Deine Leser haben schon vor Jahren die Erosion der Qualität erkannt.
Als Kurt Beck sich beklagte, öfters von Deinen Kollegen mit Volker Beck verwechselt zu werden, hättest Du Dich über die Qualität Deiner Branche nachdenken können. Oder als der Regierungs-Sprecher die Twitter-Pressekonferenz mit den Hauptstadt-Journalisten abhielt.
Diese Leute schützen unsere Renten und Lebenseinnahmen…

Andere deutsche Online-Sites haben „LeWeb“ als auf dem absteigenden Ast (oder „irrelevant“ so ähnlich) dargestellt. Jetzt wäre mal interessant, wieso.

Lara Croft mit einer Handvoll Pixeln wiedererkennbar darzustellen war die Aufgabe bei kleinen Handy-Displays oder Nintendo-Gameboys. Oder damals bei 320×240 auf dem C64. Bilderagenturen haben vielleicht Gigapixel-Fotos, aber vieles muss inzwischen auf dem Handydisplay (billiges Android2.2-3″-„China“-Handy) über 7″,9″,10″-Pads und SmarTVs (50″ ist wohl aktuell üblich) wirken und ist somit eine neue Nische die von der Crowd (instragramm-Usern) mit Bildern befüllt wird.

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Jakob 2. Januar 2013 um 17:07

Es gibt etliche Internet-Services, die ein Kommunikationsproblem haben, da ist Instagram ja kein Einzelfall. Medien schreiben, wovon sie glauben, dass es ihre Nutzer interessieren würde. Also biegen sie Sachen auch mal so zurecht, dass daraus die spannende Meldung wird. Um diesen Journalisten auf die Finger zu Hauen, wenn sie Blödsinn verzapfen, dafür hat man PR Agenturen und Mitarbeiter, die mit den Medien zusammenarbeiten. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es durchaus noch komplexere Meldungen als die AGB von Instagram gibt, und man mit etwas Geduld und Ausdauer die Medien in der Regel soweit informieren kann, damit diese angemessen berichten – das hat meines Erachtens Instragam verpasst.

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Aktuelles 4. Januar 2013 — neunetz.com 4. Januar 2013 um 19:14

[…] Instagram und die traurige Realität des Journalismus Thomas Knüwer über das letztjährige Le Web und die Abwesenheit deutscher Journalisten: "Egal ob Evernote-Chef Phil Libin oder Paypal-Lenker David Marcus, es war kein Problem exklusive Gespräche mit ihnen zu bekommen. Das hatte einen simplen Grund: Die Zahl der Journalisten aus Deutschland, einem nicht unwichtigen Markt, war höchst überschaubar. Es scheint mir – und natürlich kann es sein, dass ich jemand nicht getroffen habe -, dass nur Bild.de und Venture-TV in Paris waren." […]

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